Hallo,
ich bin seit einiger Zeit unglücklich und zunehmend verzweifelt.
Kurz zu mir: Ich (männlich, Anfang 30) bin seit 10 Jahren mit meiner Frau zusammen und seit einigen Jahren verheiratet (ohne Kinder). Es ist alles prima, wir sind beide beruflich erfolgreich, haben ein kleines Häuschen usw. Wir haben nun einen Lebensstandard erarbeitet, für den wir jahrelang gekämpft haben.
Aber jenseits der materiellen Fassade sieht es anders aus. Die Beziehung zwischen meiner Frau und mir läuft seit einiger Zeit auf absoluter Sparflamme. Sex findet kaum noch statt. Vordergründig funktionieren wir als "Team" gut, aber jede Leidenschaft ist erloschen. Auch alle Versuche, die wir unternommen haben, um diese wieder zu wecken, sind gescheitert. Der jetzige Zustand hat sich über mehrere Jahre eingeschlichen. Vor ca. 3-4 Jahren hätte ich mir nicht vorstellen können, dass es mal so weit kommen könnte.
Das Problem steckt aber noch tiefer. Die Art und Weise, wie meine Nachbarn leben, widert mich an. Ich empfinde meine Nachbarn und mittlerweile viele meiner Freunde als spießig, langweilig und engstirnig. Sobald Kinder da sind, gibt es keine anderen Gesprächsthemen. Der Urlaub findet nicht mehr am Strand, sondern auf dem Bauernhof statt, für mich eine grauenhafte Vorstellung. Aber auch von den Kindern abgesehen geht mir das spießige Getue auf die Nerven und ich fühle mich in der Nachbarschaft wie ein Fremdkörper (während sich meine Frau in diesem Umfeld wohlfühlt).
Auf der einen Seite finde ich die "Spießer" weitgehend langweilig, auf der anderen Seite faszinieren mich Menschen, die "frei" sind und ich habe das Gefühl, mich mit diesen besser zu verstehen und dass mich der Umgang mit diesen Menschen vorübergehend aus meiner Enge zu befreit.
Das Engegefühl bezieht sich also nicht nur auf meine Beziehung, sondern auf mein Leben im Allgemeinen.
Dennoch wirkt es sich hauptsächlich auf meine Beziehung aus. Letztes Jahr hatte ich eine Affäre. Ich fühlte mich während dieser Zeit wie neugeboren. Das lief etwa einen Monat. Die Affäre ist zwar schon lange vorbei und den Kontakt zu dieser Frau habe ich komplett abgebrochen, aber seitdem sehe ich mein Leben mit anderen Augen. Es ist so, als hätte ich damals von einem "Freiheitselixier" probiert und wäre süchtig danach geworden. Ich habe den starken Drang, erneut auszubrechen und das lässt mir keine Ruhe.
Die Frage ist: Was soll ich tun? Es ist nicht so, dass mir meine Frau ganz gleichgültig wäre. Ich würde sie z.B. nach wie vor gegen jede Bedrohung schützen. Andererseits habe ich sie faktisch betrogen und tue dies immer noch in Gedanken und habe dabei nicht mal ein schlechtes Gewissen. Und sexuell interessiert sie mich überhaupt nicht mehr. Von Liebe im üblichen Sinne kann also keine Rede mehr sein.
Ein "Doppellleben" wäre nicht der richtige Weg. Ich suche nach einer konsequenten Lösung. Konsequent wäre vermutlich eine Trennung von meiner Frau, aber auch das würde mir schwerfallen, aufgrund der langen gemeinsamen Zeit und aus Angst um sie.
Ich bin mir auch nicht ganz sicher, was mir nun wirklich fehlt. Vielleicht ist es eine allgemeine Unzufriedenheit mit meinem derzeitigen Leben, die ich mit faktischen oder gedanklichen Abenteuern überdecke. Vielleicht sollte ich auch etwas ganz anderes ändern.
Ich habe keine Ahnung. Das Problem ist: Die von mir angestrebte konsequente Lösung kann ich nicht finden, solange ich unsicher bin, was mir wirklich fehlt.
Kann mir jemand einen Rat geben? Vielleicht war jemand schon in einer ähnlichen Situation. Bin ich eventuell einfach nur ein egoistischer Narzisst? Oder habe mich in meiner Jugend nicht ausreichend ausgetobt (wurde konservativ/katholisch erzogen)? Oder lebe in der falschen Zeit?