Hallo,
ich bin 23 Jahre alt und jetzt seit fast 3 Jahren mit meinem Freund (26) zusammen. Für uns beide ist es jeweils die erste richtige Beziehung. Und eigentlich läuft es perfekt zwischen uns: Wir haben viele Gemeinsamkeiten, die gleichen Ziele im Leben, lassen uns genügend Freiraum, … Wir wohnen circa 10 Minuten voneinander entfernt und haben uns die letzten 2,5 Jahre jede Woche meistens Dienstagabend zum Kochen und an den Wochenenden (oft auch durchgängig von Freitagnachmittag bis Sonntagabend, je nachdem was so geplant war) getroffen. Aber ich glaube, ich muss jetzt ein bisschen weiter ausholen:
Bereits vor einem Jahr haben wir immer wieder darüber gesprochen, wie es wäre zusammenzuziehen. Aber da ich noch in meiner Ausbildung war (und deshalb kaum Geld verdiente), beschloss mein Freund, dass wir uns noch ein halbes Jahr (bis zum Ausbildungsende) Zeit lassen und dann nochmal über das Thema sprechen. Klang vernünftig. Also beendete ich meine Ausbildung, suchte mir einen Job in meiner bisherigen Firma (5 Minuten weg von seiner Wohnung) und hoffte darauf, dass nun endlich der Zeitpunkt gekommen ist, dass wir zusammenziehen würden. Doch er wollte nicht mehr.
Ich verstand für diesen Moment die Welt nicht mehr. Ist in letzter Zeit etwa irgendetwas schief gelaufen? Nein. Eigentlich nicht. Ich stellte ihn daraufhin zur Rede und fand heraus, dass er nicht mit mir zusammenziehen wollte, weil ich noch bei meinen Eltern lebe und er erst mit mir zusammen ziehen wollen würde, wenn ich 1 oder 2 Jahre allein gelebt habe und mich um meine eigenen Sachen (Wäsche waschen, kochen, Rechnungen bezahlen) gekümmert habe. Freunde gaben mir den Tipp, dass ich mir wirklich eine Wohnung suchen sollte. Mein Freund würde es sich bestimmt auch anders überlegen, wenn er sieht wie gut ich das alles mit System anpacke. Doch es kam nicht so. Und irgendwann kam ich aus der Sache nicht mehr raus. Wohnung war gefunden, Eltern eingeweiht und so zog ich aus. In meine erste eigenen Wohnung. Und das war einer der größten Fehler meines Lebens.
Ich fühle mich einfach nicht wohl. Und das liegt nicht an der Wohnung. Die Wohnung ist schön. Sehr schön sogar. Ich denke, dass es an der „Abfuhr“ von meinem Freund liegt. Weil ich eigentlich nie direkt allein wohnen wollte. Weil ich mich irgendwie dazu gedrängt gefühlt habe. Ich verbrachte zwar kaum Zeit allein in meiner Wohnung, aber ich war einsam. Und so überlegte ich, doch wieder zu meinen Eltern zurückzuziehen. Aber dann kam der nächste Schock dieses Jahr:
Mein Vater bekam eine Hirnblutung. Seit 6 Wochen liegt er auf der Intensivstation und hat schon einige Sachen erleben müssen: Krankenhauskeim, Lungenentzündung, Bakterienfund in Gehirnflüssigkeit usw. Aber es schien so, dass er wieder auf die Beine kommt. Doch dann kam die 2. Hirnblutung, die sein dreiviertels Gehirn zerstörte. Es wird angenommen, dass er leider nie wieder aufwachen und uns auch nie wieder registrieren wird. Also er ist noch am Leben. Aber eigentlich ist er schon weg…
Wegen dieser schweren Zeit bin ich jetzt erstmal die letzten 6 Wochen bei meinem Freund „eingezogen“. Er wollte mich nicht allein lassen. Und dafür bin ich echt dankbar. Es hilft mir meine Trauer durchzustehen. Aber wie ich die letzten Wochen gelernt habe: Alles hat irgendwann ein Ende. Ich kann ihn nicht zu lange in seiner Wohnung auf die Nerven gehen. Am Wochenende schien es mir ein guter Zeitpunkt über den Tag meines „Ausziehens“ zu sprechen. Mein Freund konnte das aber gar nicht nachvollziehen. - Ich kann doch bleiben. Es klappt doch. Hat man doch die letzten Wochen gesehen. - Und hat mich gebeten bei ihm richtig einzuziehen.
Ich wusste nicht was ich sagen soll. Ich bin so durcheinander. Jetzt würde mein Wunsch von den letzten Monaten/vom letzten Jahr wahr werden, aber es ist so viel passiert. Einerseits will ich immer noch gerne mit ihm zusammenziehen. Andererseits habe ich Angst. Zieht er vielleicht nur mit mir zusammen, weil er mich nicht allein lassen will? Zuviele Gedanken. Ich hab ja auch erst im August meine Wohnung neu eingerichtet, musste extrem viele Sachen neu kaufen (die wir dann doppelt hätten), Verträge auf 2 Jahre abschließen, … Aber das Problem hätten wir in einem Jahr wahrscheinlich auch noch.
Ich weiß einfach nicht weiter. Einerseits möchte ich ihn keine Abfuhr geben, weil ich das doch irgendwie möchte (und weiß wie ich mich nach seiner Abfuhr gefühlt habe..), andererseits fühlt sich meine Welt zurzeit so unwirklich und verwirrt an. Seit 27. November sagen die Ärzte, dass mein Vater jeden Tag/jede Stunde sterben könnte. Ich kann nie komplett abschalten. Es ist so als würde ich die ganze Zeit nur in einen (Alp-)Traum festsitzen. Es wird mir alles zuviel. Aber zu ewig will ich in diesem Stadium (halb eingezogen/halb nicht) auch nicht bei meinem Freund fest sitzen. Ich habe jetzt die letzten 2 Monate schon 1.000 Euro Miete bezahlt, für das, dass ich 2 Nächte bei mir übernachtet habe. Und je länger ich hier unentschieden dasitze, desto mehr "verschwendetes Geld" wird es. (Zumindest, wenn ich es zum Monatsende immer noch nicht weiß. Kündigungsfrist von 3 Monaten hab ich eh noch.. )
Was würdet ihr an meiner Stelle machen?