bron_12094255Genau so funktioniert das eben NICHT!
Grenzen muss man setzen *bevor* man "angepisst" ist und es darum geht, sich "zu wehren", bevor man sich ausgenutzt fühlt - kurz: bevor die Grenzen überschritten sind - sonst ist es doch schon zu spät!!!
Wenn ich etwas nicht tun möchte - dann tue ich es nicht. So einfach. Es ist nicht so, dass ich nie anderen helfe, keineswegs. Aber es ist so, dass ich das mache, weil ich es will. Weil ich es für eine Person tun möchte oder für ein Thema oder weil das betreffende für mich keine Arbeit ist - und dann ist es immer ein Geschenk. Ohne jede Erwartung einer Gegenleistung, ohne Ansprüche, ohne Verpflichtung - ein Geschenk. Ich würde nie jemandem beim Umzug helfen, weil ich Umzüge tief und innig hasse.
Da bin ich auch nicht angepisst, weil es so weit gar nicht erst kommt. Wenn irgendwer sagt: "Ich zieh am ... um, ich bräuchte noch Helfer" dann lautet meine Antwort "Sorry, nein, da bin ich aussen vor, ich hasse das" - da diejenigen auch wissen, dass ich an anderen Stellen sehr wohl auch helfe und geholfen habe (und auch keineswegs erwarte, dass andere sonderlich viel für mich tun), stösst das zwar nicht auf grosse Begeisterung, wird aber akzeptiert.
Wenn sich jemand bei mir ausheult - ok, in Grenzen ist das völlig ok. Aber eben auch nur in Grenzen. Wenn das zur Endlosschleife wird, sage ich, dass das so eh keinen Zweck hat und ich da der falsche Ansprechpartner bin. Und wenn ich keine Zeit habe und es ist kein Notfall, dann habe ich keine Zeit. Wenn ich selbst müde und platt bin und einfach nur noch meine Ruhe will, dann sage ich, dass ich an diesem Abend bitte Stille möchte. Notfälle natürlich ausgenommen, aber die sind ja die absolute Ausnahme.
Das Problem ist eher, dass die Menschen bei Dir gewohnt sind, dass Du nach jeder fiependen Pfeiffe auch tanzt - Du müsstest ihnen das erst abgewöhnen. - und das wird ehrlich gesagt schwerer, weil die Erwartungshaltung an Dich eine ganz andere ist.
Ich würde Dir raten, bei Dir selbst anzufangen. Du kannst sicher prima aufzählen, was Du für andere tust - was tust Du für Dich? Nur für Dich? Für niemanden sonst? Nicht viel vermutlich. Also fang damit an - und mach mehr daraus. Viel, viel mehr. So lange bis Du genau so viel für Dich selbst tust, wie für andere. Führe im Zweifelsfalle Buch darüber, es kann sein, dass Dir zu viel sonst gar nicht auffällt. Du schuldest Dir selbst auch so manchen "Gefallen"!
Richte Dir "Privatzeiten" ein. Immer 2-3h pro Woche mindestens. Zu festen Zeiten - immer Donnerstags 18-19:30 und Samstags 15-16:30 oder so. Und in der Zeit tust Du nur, ausschliesslich und OHNE JEDEN KOMPROMISS etwas, was Du schön findest. Nicht noch schnell die Küche aufräumen, obwohl es schon 18:10 Uhr ist, der Mist steht um 19:30 auch noch rum, keine Sorge. Mach das Telefon und die Türklingel aus, wenn nötig. Behandle das als Heiligtum. Wenn die verdammte Welt untergeht, dann geht sie eben ohne Dich unter oder Bittschön, wenn Deine "Privatzeit" um ist. Es gibt NICHTS in diesem Universum, was nicht 2h warten oder von jemand anders erledigt werden kann!
Ich gehe einem Streit auch nicht aus dem Weg - ich sehe Streit noch nicht einmal als etwas negatives an, im Gegenteil, ich bin kein Harmonie-Typ. Also klar, ich lebe nicht ständig auf Aggro, ich geniesse Harmonie auch - aber ziehe sie nicht vor. Ich finde an Streiten gar nichts schlimmes.
Ich ziehe auch Menschen vor, die ihre Meinungen, Ansichten, Wünsche, ... offen und direkt zum Ausdruck bringen - und vertreten. Ich ziehe Menschen vor, die mir sagen, wenn ich ihnen auf die Nerven gehe, statt nett zu sein und das mit irgendwelcher suspekter Höflichkeit zu übertünchen. Ich ziehe Menschen vor, die sagen, wenn sie etwas nicht möchten, statt es irgendwem zu Liebe oder aus Höflichkeit oder Nettigkeit oder warum auch immer kommentarlos tun. Ich ziehe Menschen vor, die sagen, wenn ihnen etwas zu weit geht - und zwar Bittschön BEVOR sie "angepisst" sind, denn dann ist es nämlich schon zu spät!