Hallo, mich würde eure Meinung zu einem Thema interessieren, dass mich zur Zeit ziemlich beschäftigt.
Mein Freund und ich führen seit 2 Jahren eine Fernbeziehung und wohnen ca. 4 Stunden voneinander entfernt. Er hat nun eine Zusage für eine Job bei sich in der Nähe bekommen, den er auch antreten möchte. Ich verstehe natürlich, dass es sehr wichtig für ihn ist, da er sonst Gefahr läuft, keine weiteren Zusagen zu bekommen und dann lange Zeit ganz ohne Job dazustehen, dh es steht eigentlich außer Frage, dass er den Job sozusagen annehmen muss. Ich bin allerdings noch mindestens 3 Jahre an das Bundesland, in dem ich z.Zt. wohne, gebunden, das würde also nochmal 3 Jahre Fernbeziehung bedeuten, bis ich mich auf eine (sehr wahrscheinlich schlechter bezahlte) Stelle an seinem Heimatort bewerben könnte (bzw. eventuell auch früher, in ca. einem Jahr, dies aber unter noch erheblicheren finanziellen Einbußen). Er hat sich im Gegenzug nur sehr halbherzig auf Stellen in meiner Nähe oder zumindest Stellen, die auf halbem Wege liegen, beworben, da er laut eigener Aussage nur sehr ungern in Betracht ziehen würde, mehr als eine Stunde (im schlimmsten Fall) von seinen Eltern und alten Schulfreunden entfernt zu wohnen. Ich kann eine solche Einstellung nicht wirklich nachvollziehen, da ich sehr weltoffen, freiheitsliebend und reisefreudig bin, respektiere aber, dass ihm seine Familie nun einmal so wichtig ist, auch wenn ich mich insgeheim oft dabei ertappe, seine Einstellung als unreif und unselbstständig zu verurteilen; meiner Meinung nach ist es das Normalste auf der Welt, dass ein erwachsener Mensch nicht unbedingt 5min von Mami entfernt leben muss (wie er es Zeit seiner gesamten Ausbildung bis zum jetzigen Zeitpunkt getan hat).
Ich kann mit Sicherheit sagen, dass ich ihn liebe, aber ich finde es auch nicht richtig, dass ich die Einzige sein soll, die Kompromisse bringt, dh alles aufgebe, mich nach ihm richte und zu ihm ziehe. Dazu muss ich sagen, dass ich mich mit seinen Freunden nicht unbedingt sonderlich gut verstehe. Es ist nicht so, dass sie mich unfreundlich behandeln würden, aber sie sind eine sehr eingeschworene Dorfgemeinschaft und ich fühle mich in ihrer Gegenwart immer etwas ausgegrenzt, da sie auch ständig in ihrem Dialekt (den ich schlecht verstehe) und von "Insider"ereignissen sprechen, bei denen ich nicht mitreden kann. Man könnte im Großen und Ganzen sagen, dass ich mit niemandem von ihnen so wirklich auf einer Wellenlänge liege. Auch ist es so, dass es schon seit Beginn unserer Beziehung so war, dass ich quasi Luft bin, wenn seine Kumpels dabei sind. Seine Familie ist zwar sehr nett, aber... vielleicht verstehen einige von euch, dass ich mir nicht unbedingt erträume, jeden zweiten Tag meine Schwiegereltern in spe auf der Matte zu haben bzw. Familienbesuche zu unternehmen, da sie ja ohnehin alle "ums Eck" wohnen. Was ich auch sehr merkwürdig finde, ist die Tatsache, dass er sich explizit nach Auslandsaufenthalten mit seiner Firma sehnt (mindestens zwei Wochen wären "ein Traum", vor allem Fernreisen), mir aber schon mehrmals deutlich gemacht hat, dass er nicht wirklich an Reisen und Urlaub an sich (mit mir) interessiert ist, da er für das Geld lieber mit seinen Kumpels einen (oder zwei oder drei) trinken gehen würde (Zitat). Das ist doch schon sehr bedenklich und bizarr??
Natürlich ist eine Fernbeziehung oft notwendig, ich finde aber, dass man sich irgendwann, wenn es "ernst" wird, auch für einen gemeinsamen Lebensmittelpunkt entscheiden muss. Ehrlich gesagt bin ich diesem ewigen Hin und Her, du zu mir oder ich zu dir, auch langsam wirklich überdrüssig und wünsche mir, dass wir zusammenziehen könnten - er hat das auch schon geäußert, seine Prämisse ist aber wie gesagt, dass er "seine Familie, Freunde und Freundin an einem Fleck" hat. Vermutlich ist es schwer verständlich für viele, wenn ich sage, dass ich ihn zwar wirklich liebe, es mir aber nicht leicht fällt, alles hinter mir zu lassen, um zu ihm zu ziehen (à la: oooh aber wenn es doch deine große Liebe ist!! ...). Ich möchte einfach nicht da sitzen, mich jeden Abend mit seinen Dorffreunden oder seiner Familie treffen und eine Art Anhängsel sein. Was ich mir wünschen würde wäre, dass wir in eine gemeinsame Zukunft ohne "Altlasten" starten, eben halt etwas wirklich Gemeinsames, was wir uns zusammen aufbauen. Das Problem ist, dass ich immer wüsste, dass er mir vorwirft, dass er wegen mir seine Familie oder seine Freunde "aufgeben" muss... Was ich nicht verstehen kann, denn für mich heißt es nicht, seine Freunde aufzugeben, nur weil man sie nicht jedes Wochenende sieht - einige meiner besten Freunde sehe ich nur ein oder zwei Mal im Jahr; mein Freund kann dies überhaupt nicht verstehen und nimmt diese Freunde von mir auch nicht ernst, als wären es Hirngespinste - und das verletzt mich auch. Ich versuche immer, mich in seine Perspektive hineinzuversetzen; aber für ihn ist alles, was er nicht nachvollziehen kann, nicht "normal".
Was sagt ihr dazu? Es ist wirklich ein heikle Sache für mich... ich will ihn nicht verlieren, aber ich will mich auch nicht aufgeben für ihn. Ich weiß, dass er nie in Betracht ziehen würde, in die Nähe meiner Familie zu ziehen, da er dann ca. 5h von seinem Heimatort entfernt wäre, aber dass ich es in Kauf nehme, weder meine Freunde noch meine Familie in der Nähe zu haben, ist für ihn sozusagen selbstverständlich. Ich möchte einfach nicht von meinem Freund abhängig sein (klar, ich liebe ihn, aber was, wenn wir uns trennen? Dann stehe ich da mit einem schlechtbezahlten Job an einem Ort, zu dem ich keinen Bezug und keine Verbindung habe und es wird auch nicht einfach für mich sein, wieder in meiner alten Wahlheimat Fuß zu fassen). Andererseits ist er derjenige, der immer für mich da ist, wenn es mir schlecht geht, was leider aus persönlichen Gründen in letzter Zeit häufiger der Fall war und ich weiß, dass er es oft nicht leicht mit mir hat; andere hätten da vielleicht schon längst das Weite gesucht, nicht aber er, er kümmert sich um mich und gibt mir dadurch zu verstehen, dass ihm auch sehr viel an mir liegt.
Auf eure Meinungen hierzu bin ich sehr gespannt!