Die Idee vom 'Arbeiten um zu leben' ist ein ähnlich trügerische Traum, wie der kommunistische.
Er sieht auf den ersten Blick ganz einfach aus, ist aber unglaublich schwer umzusetzen.
Im Grunde hängt alles damit zusammen, dass jeder Mensch anders ist.
Jeder Mensch hat andere Charaktereigenschaften, ein anderes Empfinden und eine ganz persönliche Vostellung von seinem 'kleinen Glück'. Ganz sicher ist davon einiges seiner Sozialisation geschuldet, aber andere Anlagen, die das ausmachen, was du bist, sind eben nicht beeinflussbar.
Es gibt z.B. ehrgeizige Menschen, die einen angeborenen Drang dazu haben, vorwärts zu kommen. Andere wiederum sind lieber Mitschwimmer und wieder andere müssen ständig gezogen werden.
Und jetzt kommt das allerwichtigste: Du bist nicht alleine auf dieser Welt, sondern bist auf eine ständige irgendwo auf andere Menschen angewiesen.
Klar kannst du aussteigen, dir wie Diogenes eine Tonne kaufen und sagen: 'Ich weiß, dass ich nichts weiß'. Wetten, dass irgendwann jemand an deine Tonne klopft, und dir sagt: 'Hier ist Parken für Tonnen verboten'.
Du kannst auch auf eine einsame Insel auswandern und dort glücklich sein, wenn dir das gefällt. Aber wenn dir dort langweilig wird, dann brauchst du mindestes einen, der gerne 'Freitag' spielt und dein Robinson-Dasein mit dir teilen möchte.
Was ich damit sagen will, oft sind es gerade die Ansprüche von anderen, die deine eigenen beeinflussen.
Du kannst heute eine Arbeit annehmen und morgen entscheidet sich schon, wie es weitergeht. Eine Stelle ist immer mit Erwartungen (siehe Stellenbeschreibung) verbunden. Der eine Personalchef hat hohe Erwartungen an dich, der andere etwas weniger hohe. Aber alle Stellen haben eines gemeinsam:
Je besser die Stelle dotiert ist, desto höher sind die an dich gestellten Erwartungen. Sei es im Hinblick auf Leistungsbereitschaft, oder auch auf deine Fähigkeiten und Qualifikationen, gepaart mit der Bereitschaft, Verantwortung zu übernehmen. Und irgendwo auch an deinen Ehrgeiz, nicht nur 8h/d einen Stuhl zu wärmen, sondern deinen Job gut zu machen.
Woher kommt Qualifikation? Aus Bildung und Ausbildung. Und die hat irgendwann mal Geld gekostet. Das Geld deiner Eltern? Und es wird irgendwann mal dein Geld kosten, dass deine Kinder eine gute Ausbildung bekommen.
Woher kommt Leistungsbereitschaft? Aus DIR selbst heraus. - Hast du sie nicht wirst du auch keine Leistungsbereitschaft auf der Gegenseite erhalten, sprich Entlohnung.
Woher kommt Ehrgeiz? Auch aus dir selbst heraus.
Fehlt dir Ehrgeiz, kannst du gleich einpacken. Auch auf deiner einsamen Insel. - Denn ohne Ehrgeiz schaffst du es nicht, dir einen Unterstand zu bauen, der dir Schutz vor der Sonne bietet. Ohne Ehrgeiz wirst du nicht einen einzigen Fisch fangen, um dich zu ernähren.
Das Problem beim Ehrgeiz ist, er wächst sehr oft mit dem Erreichten und es kommt dann zu einer Spirale, die sich hochschraubt. Dort muss man ansetzen, um gegebenfalls den Ausstieg zu finden und zu sagen: 'Bis hier her und dann ist genug' . Und genau das verpassen viele und so wird Ehrgeiz oft zur Habgier.
Die meisten, die das verpassen sind übrigens die, die sich noch nie Gedanken über dein Thema hier gemacht haben. Die nie für sich selbst definiert haben, wo sie wirklich hinwollen und was SIE wirklich vom Leben erwarten und wie diese Erwartungen mit einem Geflecht von Beziehungen zu anderen Menschen und deren Erwartungen in Einklang zu bringen sind.
Dass Menschen durch ihre Arbeit krank werden gab es schon immer. Das ist kein neuzeitliches Phänomen, sondern so alt, wie die industrielle Revolution. Um hier einzugreifen wurden sinnvolle Sachen erfunden, wie z.B. eine Krankenversicherung.
Die Kunst ist also m.E. tatsächlich, sich diese Frage, die du in einem Thread formuliert hast, zu stellen. Vielleicht auch öfter im Leben. Und vielleicht auch ab und zu mal auzumisten in seinen verstaubten Vorstellungen, was man wirklich noch unbedingt braucht und was eigentlich eher unnötig ist zum 'gut Leben' Das kann aber niemand für dich übernehmen, außer dir selbst. Und dann kommt der Moment, in dem du deine Vorstellungen mit denen deines Partners übereinanderlegst. - Ich wünsch dir, dass die einigermaßen deckungsgleich sind.