Obwohl
auch ich dir natürlich nichts sagen kann, das deine Trauer über die sich verändernden Gefühle der Männer lindern würde, drängt es mich doch, dir zu antworten. Denn ich bin selbst auch traurig darüber. Ich hatte 5 1/2 Jahre eine wunderbare Beziehung. Am Anfang stand der Sex absolut im Zentrum. Meine Freundin war verheiratet, 2 adoptierte Kinder, ihr Mann hatte sich von ihr abgewendet, hatte plötzlich andere Wünsche in sich entdeckt. Dennoch lebte er noch mit Frau und Kindern in einem Haus. So sah ich meine Freundin nur am Wochenende, aber wir telefonierten jeden Abend vor dem Schlafengehen. Am Anfang fand ich das übertrieben, später wollte ich es nicht mehr missen. Es wurde nach und nach immer vertrauter.
Irgendwann zog ihr Mann aus dem gemeinsamen Haus aus. Dennoch durfte ich das Haus nicht betreten, es blieb tabu für mich. Ich war für sie die hemmungslose Sexbeziehung am Wochenende und obwohl wir inzwischen eine tiefe innere Verbundenheit entwickelt hatten, blieb ich das für sie. Irgendwann jedoch ließ die sexuelle Faszination, die sie auf mich ausgeübt hatte, nach. Unser inneres Verständnis war - jedenfalls habe ich das so empfunden - jedoch stärker als je zuvor.
Mehr und mehr drängte ich sie, dass sie mich ihre Kinder näher kennen lernen lassen solle, bot ihr an, eine gewisse Mitverantwortung zu übernehmen. Für sie kam das nicht in Frage, obwohl ihre Probleme riesig waren und sind. Sie litt darunter, dass ich sie nicht mehr so stark begehrte wie am Anfang. Um mich als Partner in ihrem "alltäglichen" Leben zu akzeptieren, stellte sie immer neue Bedingungen auf. Zuletzt verlangte sie ein tiefes Versprechen von mir, das so tief sei, wie es unser erotisch-existenzieller Pakt am Anfang gewesen sei. Ich konnte diese Tiefe nicht erreichen.
Schließlich stellte ich ihr ein Ultimatum. Entweder es gibt einen normalen Umgang auch mit ihren Kindern, die Möglichkeit, dass ich auch einmal zu ihr komme, oder wir trennen uns. Nach einer Bedenkzeit hat sie sich für die Trennung entschieden, die nun über 4 Monate her ist. Es gibt keinen Kontakt mehr, und wahrscheinlich leidet sie ebenso wie ich.
Warum erzähle ich dir das? Weil Sein und Zeit keine Moral kennen. Wir verändern uns, und was unglaublich tief und nah war, wird nach und nach tragisch. Wenn du meinst, dass das zwischen Frauen weniger passiert, so probiere es aus. Ich bin da skeptisch.
Mich berührt deine Trauer, weil sie an mein eigenes Empfinden rührt. Bitte verzeih, dass deine Frage dabei unbeantwortet bleibt.
Liebe Grüße
polymorph