Hallo ihr Lieben,
ich habe mich hier registriert, um mir einmal von der Seele zu schreiben, was mich die letzten Wochen bedrückt und ich auch darauf hoffe, dass es mir eine andere Sicht auf mein Problem bringt.
Ich (w28) führe seit 9 Jahren ein Beziehung. Die ersten 4 Jahre waren aufgrund von Studium und Ausbildung eine Fernbeziehung. Danach sind wir zusammen gezogen. Ich habe meinen Freund immer auch als meinen besten Freund bezeichnet. Große Probleme hatte wir selten, vielleicht in der gesamten Zeit zwei, drei wirkliche Streitgespräche, die aber auch innerhalb von ein paar Stunden wieder geklärt werden konnten. Dazu muss ich aber auch sagen, dass wir beide wirklich nicht gerne streiten. Wir versuchen Dinge möglichst sachlich zu klären und überlegen uns lieber zwei mal, ob es sich "lohnt" einen Streit zu beginnen.
Ich konnte mir eigentlich nichts schöneres vorstellen, als mit ihm den gesamten Tag zu verbringen. Egal, ob wir etwas unternommen haben oder einfach nur den Tag vor dem Fernseher verbracht haben. Wir haben beide Hobbies, die Zeit alleine bzw. mit Freunden beanspruchen. Das war für uns auch niemals ein Problem, dem anderen diese Zeit auch einzuräumen oder zu gönnen, wie auch immer man das ausdrücken möchte. Teilweise haben wir den anderen in das Hobby integriert, sodass wir dort auch gemeinsam Zeit verbracht haben.
Wir haben uns dann vor ca. 2 Jahren entschlossen ein Haus zu bauen und leben hier jetzt seit ungefähr einem Jahr. Wir haben uns ein gemeinsames Zuhause geschaffen.
Dann kam Corona... Ich arbeite komplett im Homeoffice, ohne feste Arbeitszeiten. Er hat täglich "normal" in seinem 9 to 5 - Job gearbeitet.
Während ich dann viel alleine zuhause war, habe ich gemerkt, dass ich mich immer mehr an mein Alleinesein gewöhne. Zuerst war es komisch ihn nicht hier zu haben, dann wurde es normal. Jetzt freue ich mich, wenn er morgens das Haus verlässt. Nachmittags bzw. abends hoffe ich schon beinahe darauf, dass er vielleicht doch noch 30 min länger als üblich auf der Arbeit aufgehalten wird. Gespräche reduzieren sich auf ein "Wie war dein Tag?" oder Dinge, die eben besprochen werden müssen. Momentan arbeite ich abends sogar lieber länger als mit ihm gemeinsam ins Bett zu gehen. Ich meide es regelrecht Zeit mit ihm zu verbringen. Meine Freizeit nehme ich mir, während er arbeitet. Meine Arbeit nutze ich als Ausrede um mich zu distanzieren. Von den belanglosen Gesprächen bin ich genervt und habe das Gefühl ich könnte die Zeit besser nutzen.
Ich muss hier fairerweise eingestehen, dass ich Anfang des Jahres aufgrund von beruflichem Stress sehr angespannt und bestimmt nicht einfach war. Wir haben darüber auch immer mal wieder gesprochen. Er hatte dafür Verständnis, dass es ihn gestört hat, wusste ich natürlich trotzdem. Er hat immer wieder gefragt, ob bei uns alles in Ordnung sein. Da ich meine Launen auf die Belastung geschoben habe, habe ich ihm immer wieder versichert, dass alles gut wäre und sich das auch wieder ändern wird.
Er hat in den letzten Wochen eine extreme Eifersucht entwickelt, wahrscheinlich weil ich mich momentan so zurückziehe. Aber ich lasse mir nicht gerne unterstellen, dass ich lüge. Denn für diese Eifersucht gibt es keinen Grund. Trotzdem sieht er überall Verschwörungen. Ich kann noch so oft sagen, dass ich niemals etwas tun würde, aber trotzdem kommt alle paar Wochen wieder ein neuer Vorwurf.
Jetzt ist dieser Stress von mir abgefallen und eigentlich könnte ich wieder viel befreiterter sein. Leider bin ich das nicht. Dieses Gefühl und die Zweifel wollen einfach nicht verschwinden. Ich frage mich jeden Tag, ob diese Beziehung noch das Richtige für mich ist. Ich kann nicht sagen, dass er mir egal geworden ist, aber ich kann auch nicht mehr sagen, dass er der Mann ist, mit dem ich mein Leben verbringen möchte. Es wäre für mich in Ordnung, denn er ist wirklich ein toller Mann und ich wünsche ihm nur das Beste. Aber ist ein "in Ordnung" kann doch nicht ausreichen? Der Gedanke an eine Trennung macht mich traurig, aber gleichzeitig denke ich auch daran, was für Möglichkeiten ich für mich sehe, wenn ich unabhängig wäre.
Wenn diese Beziehung noch nicht so lange gehen würde, wir uns nicht durch das Haus aneinander gebunden hätten, wäre ich wahrscheinlich auch schon gegangen. Doch ich möchte das alles nicht einfach so wegwerfen. Wir haben ja doch viel miteinander erlebt und auch gemeistert. Das dahinter auch ein finanzieller Aspekt steht, ist zwar sehr rational, aber auch das spielt in meinem Kopf eine Rolle. So blöd es ist...
Es tut mir leid, dass dieser Text so lang geworden ist. Ich dachte, ich könnte das schneller erzählen.
Liebe Grüße
trainii