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Meine Mutter starb 1998 an Magenkrebs, als ich 15 war.
Sie selbst hat erst jahrelang gekämpft und dann aufgegeben. Die anderen wollten es nicht wahrhaben, ich habe es ihr aber irgendwann angesehen, mich damit innerlich befasst und schon vorher gelitten.
Ich war deshalb schon vorbereitet und durch ihren Tod dann ehrlich gesagt erleichtert, endlich hatte sie ihre Ruhe, keine endlosen Therapien mehr, keine täglichen dummen Mitleidsfragen mehr beantworten...
Was mich aber dennoch sehr mitgenommen hat, war das Leid meiner restlichen Familie (Oma, Vater, meine Schwestern), die sich bis zum Ende Hoffnung gemacht hatte und deshalb um einiges schwerer getroffen wurde als ich.
Ich finde es nur sehr schade, dass ich in den 10 Jahren sehr vieles über sie vergessen habe und oft nur noch Fakten weiß, aber keine Eindrücke mehr habe. Sie war ein sehr introvertierter Mensch, hat sich zwar um uns gekümmert, aber niemanden wirklich an ihrem Innenleben teilhaben lassen. Es gab nun in meinem Teenageralter eigentlich nichts außer ihre reine Anwesenheit, das für mich unersetzlich gewesen wäre, deshalb habe ich im Alltag genauso weiter gemacht wie vorher.
Nur emotional bin ich wohl unter anderem dadurch sehr sparsam geworden.
Außerdem konnte ich mit Gleichaltrigen und ihrer unerträglichen Unbeschwertheit und Oberflächlichkeit nichts mehr anfangen, es hat mich angeekelt und ich habe mich dadurch zu einem Menschen entwickelt, der sehr schwer für andere Menschen zu interessieren ist (mein Anspruch diesbezüglich ist gestiegen).
Eine einzige Sache nagt oft noch sehr an mir, wenn ich drüber nachdenke, und zwar, dass mein Vater uns an ihrem Todestag noch zur Schule gehen ließ, und wir dachten, sie schliefe, obwohl sie da gerade im Sterben lag. Ich glaube, er wollte uns das nicht antun, aber ich hätte mich noch gerne für einige dumme Sprüche entschuldigt.