ra_12312953Guten Morgen Mary
Ich hätte gar nicht gedacht, dass ich hier immer noch Antworten bekomme, aber ich beantworte weiterhin jede, so auch Deine.
Du hast Recht, ich denke seit dieser Geschichte unglaublich viel über mich und mein Leben nach. Es ist ruhiger geworden bei mir, aber ich bin es noch nicht. Ich habe zum Glück meine Therapie für weitere 6 Monate bewilligt bekommen und kann somit mit meiner Therapeutin weiter an mir arbeiten. Ich habe noch so viele Fragen, Gedanken und Gefühle in mir, die ich manchmal nicht mehr verstehe. Ich steiger mich manchmal noch immer sehr extrem in meine Phantasien und Träume hinein und dann kommt doch wieder die Sehnsucht hoch, danach kommt dann die Traurigkeit und darauf folgt dann die Depression und Müdigkeit. Das kostet mich unglaublich viel Energie. Es fällt mir sehr schwer, da rauszukommen. Ich habe mich inzwischen schon wieder ein paarmal mit meiner Exfreundin getroffen. Wir haben Kaffee getrunken und viel geredet. Sie hat mit ihrem Ex die gleichen Probleme wie schon vor 2 Jahren und hat sich in den letzten 4 Monaten schon wieder mindestens 5x getrennt. Sie geht aber immer wieder zu ihm zurück, da sie merkt, dass ich trotz meiner Gefühle für sie, meine Entscheidung nicht ändere. Was sie sich selber antut mit ihrem Ex, kann ich nicht verstehen, denn wie sie sagt, ist der so wie früher fies und gemein zu ihr. Sie kann und will nicht mehr alleine sein, sagt sie und deswegen tut sie das.
Ich sage ihr daraufhin immer wieder, dass sie sich deswegen doch nicht sowas antun muss. Sie sieht toll aus, kommt bei Männern sehr gut an, hat einen guten Job, Wohnung, Auto und alles Andere. Da muss man sich doch nicht sowas antun, aber das ist ihre Entscheidung und ihr Leben. Ich weiß, dass wenn es mit ihm besser laufen würde, dass sie sich dann schon lange von mir gelöst hätte. Nicht ganz, aber doch viel intensiver. Ich weiß das, denn sie sucht meine Nähe besonders intensiv, wenn es mit ihm nicht läuft. Mein Verstand zeigt mir die Wahrheit ganz genau auf, aber mein Herz und meine Seele, wollen diese Wahrheiten nur sehr schwer annehmen. Sie sehnen sich nach den schönen Momenten, dem Gefühl angekommen zu sein. Sie hängen an schönen Erinnerungen und Bildern, an dem kindlich unschuldigem, an dem freien unbeschwerten, was ich bei ihr und mit ihr erlebt habe. Wir haben gemeinsam gelebt, geliebt und geträumt. Jedenfalls habe ich das so empfunden. Heute sehe ich es auf Grund der Geschehnisse etwas distanzierter, aber es trotz allem etwas sehr schönes für meine Seele und das kann ich nicht einfach in mein jetziges Leben kopieren, denn hier ist vieles anders und meine Frau ist auch ein ganz anderer Mensch. Das Alles so zu verarbeiten, fällt mir noch immer sehr schwer. Ich gebe mir sehr viel Mühe, aber das wird noch dauern. Ich wusste immer, was für eine besondere Frau ich habe und ich habe während unserer Krise auch nie schlecht über sie geredet. Ich habe ja auch ihr von Anfang an alles erzählt und das war sehr schmerzhaft für sie. Das ist es bis heute. Sie merkt ja, dass ich noch immer nicht darüber hinweg bin. Wir reden jetzt aber nicht mehr darüber und versuchen statt dessen lieber etwas zu verändern und es hat sich auch schon etwas verändert. Ich respektiere sie wieder viel mehr als vor unser Krise und versuche es so gut zu machen wie es nur geht. Ich war nie ein einfacher Mann, aber Du hast Recht, ich habe meine Familie immer beschützt und für sie gesorgt. Das war mir immer wichtig, auch während unserer Krise. Ich wollte ja schon irgendwie gehen, aber ich wollte zu allem Unglück nie, dass es ihnen auch noch finanziell schlecht geht. Das wäre im Falle einer Trennung aber auch noch ein Problem zwischen mir und meiner Freundin geworden.
Dazu kam es ja aber nicht und mein Verstand und so ganz langsam auch mein Herz, sagen mir, dass es die richtige Entscheidung war. Hätte ich anders entschieden und meine Tochter wäre weiter abgerutscht usw. dann hätte ich niemals mit dieser Schuld leben können.Die Geschichte mit mir und meiner Frau ist eine andere. Wir haben leider nicht so zueinander gefunden wie es in der Liebe usw. sein sollte, aber wir leben nun schon fast 19 Jahre zusammen und haben viel erreicht. Eines wollten wir von Anfang an gemeinsam und das war unser Kind. Das ist und bleibt das Beste, was wir jemals gemacht haben und noch ist sie nicht soweit, auch wenn das 1000 Leute anders sehen und manche denken, ach der labert doch nur und sucht nach ausreden. Ich respektiere hier jede Meinung, aber solche sind mir auch scheiß egal, denn niemand hier kennt mich wirklich. Ich habe mein Kind gewollt, gezeugt und ich liebe sie mehr als alles andere auf dieser Welt, auch mehr als mich selbst. Wäre das nicht so, dann wäre ich gegangen, denn alles andere kann man regeln und erneuern und meine Frau, das habe ich in dieser Krise gemerkt, ist viel viel stärker als ich dachte. Sie wäre deswegen nicht untergegangen und steht dem Leben viel besser gegenüber als meine Exfreundin.
Nein, meine Entscheidung ist und bleibt richtig, denn meine Tochter hat sich wieder gefangen und will nun wieder ihr Abi schaffen und darüber freue ich mich sehr. Ich hatte bisher ein nicht immer einfaches, aber dennoch sehr gutes Leben und das wünsche ich wie jeder Vater meiner Tochter auch. Die Schule ist der erste Baustein für ihre Zukunft und dazu kommt die Pubertät, in der wie wir alle wissen, sehr viel passiert. Es hätte auch gut gehen können, na klar. Ich weiß auch, dass es tausende von Kindern gibt, die sich trotz Scheidung usw. super entwickeln, aber wenn es bei meinem Kind nicht so geworden wäre, dann hätte ich damit den Rest meines Lebens leben müssen und das wollte und will ich nicht. Ich arbeite heute die Päckchen meiner Kindheit auf und die sind nicht ohne. Alkohol, Gewalt, Scheidung, alles dabei. Ich habe mir als Junge geschworen, dass ich das meinem Kind niemals antun werde und dabei bleibt es. Meine Frau weiß das Alles und sie weiß auch, dass ich überwiegend wegen meiner Tochter geblieben bin, aber sie liebt und hofft trotzdem weiter und das ist schon eine ganz besondere Stärke. Wir haben auf jeden Fall eine Chance, aber es liegt vor allem an mir. Wie gesagt, ich war nie einfach. Ich möchte diese Chance nutzen und wünsche mir nicht, dass sowas nochmal passiert. Deswegen mache ich meine Therapie, um besser zu verstehen und ich will versuchen ein Buch zu schreiben, um mit meiner Energie etwas sinnvolles zu tun. Mein Kopf ist so voll und ich brauche dafür ein Ventil. 20 Jahre habe ich schon diesen Wunsch, aber ich hatte nie eine Geschichte. Jetzt habe ich eine. Mal sehen, ob ich das umsetze. Noch habe ich ganz andere Baustellen, die ich dringend aufarbeiten muss.
Meine Familie wünscht sich den alten Mann und Vater zurück, aber das werde ich nie wieder und ich sehe das positiv, denn auch ich möchte ja was verändern, denn nur so kann ich verhindern, dass so etwas wieder passiert. Sollte das nicht gelingen, dann werde ich eines Tages doch gehen, wenn ich das Gefühl habe, dass der Zeitpunkt dafür da ist, aber ich habe meiner Frau gesagt, dass ich es dann für mich tun will und nicht wegen einer anderen Frau. Natürlich tut auch das meiner Frau weh, aber ich will ihr auch nicht was vorspielen, was nicht so ist. Das habe ich schon während unserer Krise nicht getan und das bleibt auch so. Natürlich nehme ich heute mehr Rücksicht, aber das Wichtige, sage ich ihr noch immer.
Wir haben eine Chance und ich weiß genau, was ich an ihr habe, aber es kann trotzdem eines Tages scheitern und dann wird es an mir liegen, das weiß ich schon heute. Zum Glück kennt niemand seine Zukunft und es ist auch nicht mein Ziel. Die nächsten 3,5 Jahre ist meine Familie mein Ziel und ganz besonders mein Kind. Haben wir das erreicht, dann ist sie 20, hat hoffentlich ihr Ziel, das Abi erreicht und fühlt sich auch in ihrem Körper wohl, denn das tut sie heute nicht, denn sie hat große Probleme mit ihrer Figur, aber auch daran will ich nun mit ihr arbeiten. Ja und so bleibe ich nun auf jeden Fall die nächsten Jahre noch hier und das ist auch gut so. Ich arbeite weiter an mir selbst und dann werde ich, werden wir sehen, was geschieht. Ich bin noch sehr durcheinander von dieser Geschichte und meine Psyche noch sehr instabil, aber ich will es ohne Medikamente schaffen. Es gibt soviel schlimmeres was einem wiederfahren kann. Das sagt mir auch meine Frau immer wieder und reicht mir jeden Tag ihre Hand. Sie ist ein ganz besonderer Mensch, mit einem großen Herz und sie liebt mich wirklich und so wie ich bin. Es ist schon traurig, dass ich solche Probleme mit mir selbst habe und das nicht so annehmen kann, aber vielleicht schaffe ich das noch. Wenn nicht, wird die Gefahr immer da sein, dass sowas wie letztes Jahr wieder passiert. Jetzt ist das nicht so, denn ich habe in den Gesprächen mit meiner Kollegin und Exfreundin gemerkt, dass zuviel passiert ist und ich trotz aller Gefühle und Sehnsüchte für sie, nicht zurück will, denn mein Verstand warnt mich davor und zeigt mir immer wieder die Wahrheiten auf. Trotzdem war es mir wichtig, dass wir uns nicht im Weg stehen und miteinander in Kontakt bleiben können, ohne Vorwürfe, Erwartungen usw. Es war trotz allem auch etwas sehr Schönes, was ich, was wir erlebt haben und wenn ich frei gewesen wäre, wer weiß wie es dann gelaufen wäre. Sie sagt heute selber, dass sie mich und meine Bedenken, doch hätte ernster nehmen sollen. Ich habe ihr ja alles vom ersten Tag an gesagt und letztendlich ist es dann ja auch genau daran gescheitert. Heute sieht sie das ganz anders, aber letztes Jahr dachte sie, dass ich es schaffe trotzdem zu gehen. Nun ist es so wie es ist und so bleibt es auch. Jetzt kommt es auf mich und die Zeit an und was ich daraus mache bzw. machen will. Es ist ruhiger und friedlicher geworden, aber ich bin noch nicht über den Berg. Ich will meiner Frau nicht weiter weh tun, aber es geschieht immer noch, denn sie spürt meine Zerissenheit usw. Ich betrüge sie zwar nicht mehr körperlich, aber sie spürt trotzdem, dass ich noch immer stark mit mir und dieser Geschichte zu kämpfen habe. Es wird also noch dauern und es kommt auf mich an. Meine Kollegin sucht nun auch wieder ihren Weg. Noch hat sie ihren EX nicht aufgegeben, sucht aber auch schon nach Ersatz und neuen Wegen. Wir wollen in Kontakt bleiben und wissen, wie es dem anderen so geht. Ob das auch wirklich so kommen wird, weiß niemand und ich kann mir vorstellen, dass sie das ganz einstellt, sobald sie jemand gefunden hat, bei dem wieder alles so passt wie bei mir, wie sie mir bis heute sagt. Ansonsten könne ich ja in 3,5 Jahren wiederkommen sagt sie. Wenn sie dann noch alleine oder nicht so glücklich ist, dann würde sie mich wiedernehmen sagt sie. Komisch, aber etwas in mir, hält sogar das für möglich. Ich sage ja, meine Seele und mein Herz haben noch nicht so richtig losgelassen und so ist es auch schwer, bei meiner Frau wieder anzudocken. Ich weiß ganz viel, aber ich muss es noch umsetzen. Das braucht Zeit, aber die habe ich und vor allem meine Frau gibt sie mir auch. Also haben wir eine gute Chance.
Ich will diese Chance, aber es ist noch ein weiter Weg. Meine Therapeutin sagt, dass ich zwar eine Entscheidung getroffen habe, aber eben nur halbherzig und ich lebe sie auch nicht konsquent und deswegen bin ich noch immer so zerrissen in mir selbst. Ich hoffe, dass die Wunde die ich allen und mir selbst zugefügt habe, dass die mit der Zeit weiter heilt und ich zu mir selbst finde.
Wenn nicht, ja wenn nicht, werde ich, werden wir hier scheitern und das wird dann meine Schuld sein.
Ja, Du siehst, es ist noch lange nicht vorbei, auch wenn die Affäre vorbei ist. Die Nachwirkungen aber und vor allem ich selbst, bedürfen aber noch einiger Arbeit.
Ich danke Dir für Deine Antwort und wünsche auch Dir alles Gute.
Ich habe hier viele nette Menschen kennengelernt und so manches hat mich bestärkt, dass ich richtig gehandelt habe. Manch andere versteht mich nicht, aber das ist auch Ok. Ich habe jede Antwort respektiert und nur Offenheit, Kritik und Anregungen bringen mich weiter und genau das alles, habe ich hier gefunden.
lg Jörg