Ich bin traurig und unruhig und wütend und jeder Atemzug schmerzt.
Ich bin im Büro, sollte arbeiten, bin nicht konzentriert. Meine Nase schwillt zu, weil ich versuche, die Tränen zu unterdrücken. Hin und wieder kullert mir ein Tränchen herunter und ich tupfe es vorsichtig weg, um das Makeup nicht zu zerstören. Um hier nicht aufzufallen.
Warum?
Die Vorgeschichte:
Vor 25 Jahren habe ich mich in einen Mann verliebt. Wir hatten eine super Zeit zusammen, er wollte aber keine "feste Beziehung" eingehen, das alles nicht nach außen tragen, ich war ihm damals (ich war 22) zu jung. Er habe viel mit seiner Arbeit zu tun und all so was. Und ich nahm Rücksicht, arbeitete mit, baute seine Firma mit auf. Die Angestellten wussten nichts von unserer Beziehung, es war aufregend und heimlich und irgendwann dachte ich, würde meine Zeit schon kommen.
Als ich für sechs Monate verreist war, hat er mit seiner Exfreundin ein Kind gezeugt. Ich weiß noch, wie er mir es bei unserem ersten Treffen nach meiner Rückkehr mitteilte. Er war damals sauer auf die Frau, behauptete monatelang, das Kind sei wahrscheinlich gar nicht von ihm. Er hat die Vaterschaft nicht gleich anerkannt, aber als ich das erste Babyfoto sah, war mir völlig klar, dass er der Vater sein musste.
Es ist längst geklärt, er ist der Vater.
Unsere Beziehung ging holprig und ich beendete es schließlich, nachdem er weder mit mir zusammen ziehen wollte (ich hätte mich auch um das Kind gekümmert und gerne noch ein paar eigene gemacht), noch mit der Frau zusammen sein wollte, mit der er sich nicht verstand.
Als ich weg war, hat er ein paar Jahre später ein Haus gekauft, ist oben eingezogen und hat Frau und Kind im unteren Stock mitversorgt.
Die jetzige Situation:
Vor fast drei Jahren sind wir uns wieder begegnet. Der Funke war sofort wieder da. Er behauptete, er sei lange getrennt, weil er die Frau nicht ertrage. Die Beziehung habe mit ihr nie gut funktioniert und das Kind würde zum Studium jetzt ausziehen. Er wolle das Haus aufgeben, die Frau habe signalisiert, sie wolle dort auch nicht mehr wohnen, es funktioniere nicht.
Es schien mir wie eine Fügung. Es dauerte nur wenige Monate und wir waren ein Paar. Ich habe mein Leben für ihn umgeworfen, bin umgezogen, hab wieder in seiner Firma angefangen (aber nur als Aushilfe, meinen eigenen Job habe ich daneben noch).
Als seine Ex erfuhr, dass wir wieder zusammen waren, ist sie durchgedreht. Klingelte ihn nachts telefonisch heraus, so dass er seine Sachen packte, mich mitten in der Nacht zurück ließ und zu ihr fuhr.
Es reißt nicht ab. Sie schickte ihm eine Karte mit einer Liebeserklärung an meine Adresse. Sie schrieb ihm Liebesbriefe, die ich in seiner Wohnung fand. Wir sind uns begegnet, ich war ganz freundlich, offen und habe ihr angeboten, miteinander zu reden. Stattdessen hat sie mich gekränkt und beleidigt.
Zweimal. Er meinte, ich solle es ignorieren, sie sei eben so.
Als ich sie letztlich anzeigte rief sie mich an und gab mir das Versprechen, nie wieder ausfallend zu werden – worauf ich die Anzeige zurück zog.
Dann hat sie es wieder getan. Und wieder.
Erst beim letzten Mal, als ich völlig außer mir war über eine zufällige Begegnung mit ihr, versprach er mir, sich das nächste Mal zu mir zu positionieren.
Zu zweit verstehen wir uns großartig, dass ich denke, genau so muss es laufen. Wir haben soviele phantastische, aufregende, wunderbare Momente, dass ich denke, ja, das ist der Mann meines Lebens, er ist es immer gewesen.
Dann ist unsere Beziehung ist voller Hürden, die ich dann doch nicht ignorieren kann:
Er kann nicht bei mir in der Wohnung schlafen (nur in seiner eigenen in seinem Bett).
Er kann nicht mal mit mir gemeinsam in einem Bett übernachten (weder bei ihm, noch bei mir noch im Hotel).
Er will mit mir keine Familie gründen, denn er hat ja schon ein Kind.
Er stellt Regeln auf „keine langen SMS schreiben, weil das zu Missverständnissen führt“ und „nicht telefonieren nach 20 Uhr, weil dann das gesagte die ganze Nacht lang in ihm arbeite“ und schreibt lange Texte und hat vor 20 Uhr keine Zeit, anzurufen, ruft stattdessen spät an.
Er hält sich nicht an Corona-Regeln und hält mich für übertrieben streng.
Ich habe mich darauf eingelassen und genieße die Zeit, die er für uns erübrigen kann.
Jetzt ist Corona und er ist meine Kontaktperson.
Letzte Woche äußerte ich meine Angst, dass er zu ihr zurück gehen würde. SIe wolle ihn wieder und würde ihn zu ihrem Geburtstag sicher einladen. Er sagt, er habe nichts mit seiner Ex zu tun.
Und jetzt schreibt er mir, er gehe heute zu ihrem Geburtstag, sie habe ihn - ggf. auf Wunsch seines Kindes - eingeladen. Er wolle ein Geschenk besorgen.
Er verstößt wieder gegen Coronaregeln und diesmal für seine Ex.
Jedes Mal denke ich, bei der nächsten Verletzung höre ich auf. Es ist nicht gut für mich, auf jemanden zu setzen, dessen Verhalten mich so unglücklich macht, auch wenn er es beherrscht, mich an anderer Stelle glücklich zu machen.
Wie soll ich damit umgehen?