Hallo kraftlos,
ich bin selbst Betrogener, bei mir ist die Entdeckung schon 9 Monate her. Deshalb erzähle ich Dir, wie es bei mir gelaufen ist.
Ehrlich gesagt gibt es für das, was uns passiert ist, kein Patentrezept. Du weißt jetzt, dass Deine Frau in Gedanken bei einem anderen Mann ist. Jetzt setzen Phasen ein, auf die Du keinen Einfluss hast. Im Moment bist Du in der Nicht-Wahrhaben-Wollen-Phase. Dein Trost kann nur sein, dass Du einer von Millionen Männern bist, denen das jedes Jahr so ergeht. Mein Rat ist: Kämpfe nicht gegen Deine Gefühle an, weil Du dagegen nichts machen kannst. Es sind automatisierte Abläufe im Gehirn. Nach einer Weile wirst Du verstehen, dass es um die Urangst vor dem Verlassenwerden geht. Sprich so viel wie möglich darüber, am besten mit einem Therapeuten.
Ich habe meine Frau noch in der selben Woche zu einer Therapeutin geschleppt. Von dieser haben wir Ratschläge bekommen, wie wir uns zunächst verhalten sollten. Außerdem hat sie mir eine neue Weltanschauung vermittelt, die man nicht einfach erklären kann. Grob gesagt geht es um unser Unterbewusstsein und dessen übermächtige Bedeutung für unser Fühlen und Denken. Außerdem um die Bedeutung und Mechanismen innerhalb der beiden elementaren Nähebeziehungen jedes Menschen, nämlich der zwischen Eltern und Kindern und zwischen Lebenspartnern untereinander.
Seitdem hat es Monate gedauert, meinen Blick auf mich, mein Leben und die Menschen zu verändern.
U.a. über dieses Forum wurde mir erstmals bewusst, dass es von Seiten der Frauen fast immer um unerfüllte Sehnsüchte geht. Auch Deiner Frau hat eine positive Perspektive gefehlt. Das muss nicht einmal etwas mit Dir zu tun haben. Welche Einflüsse Eure Bedürfnisse und Ängste steuern, das ist eine lange Ermittlungsarbeit, die jeder nur für sich machen kann.
Inzwischen bin ich in der Lage, mit meiner Frau zu sprechen, ohne ihr Schuld an der jahrelangen Affäre zu geben. Seit meiner "Gehirnwäsche" bezüglich meines Menschenbildes kann ich damit umgehen. In der Hinsicht habe ich sogar einen deutlichen Vorsprung vor meiner Frau, die sich immer noch rechtfertigt, anstatt sich auf sich selbst zu konzentrieren.
Ob wir uns am Ende trennen oder als veränderte Menschen zusammenbleiben, lasse ich völlig offen. In jedem Fall hat die Therapie bewirkt, dass ich mit meiner Frau frei von Vorwürfen ein Elternpaar bleiben kann.