wie lange ich mir diese Frage schon stelle, kann ich nicht mehr sagen. Ich möchte sie hier mal hoch werfen in der leisen Hoffnung, dass mir einen Spiegel von der anderen Seite des Geschlechts vor das Gesicht gehalten wird oder Erfahrungen herunter rieseln, die andere mit einer ähnlichen Unruhe gesammelt haben. Die eigentliche Frage lautet, welcher Betrug schwerer wiegt, den an seinen Kindern oder den am Ehepartner.
Ich muss was ändern wenn ich mich von dem Gefühl befreien will, dass mein Leben komplett an mir vorbei läuft. Das sich dieser Eindruck ausschließlich aus einer pulsarmen Beziehung nähren könnte, wie sie sich nach zwei Jahrzehnten für mich langsam und schubweise entwickelt hat, habe ich vollkommen unterschätzt.
Es hat niemand einen Fehler gemacht, meine Frau ist eine der liebenswertesten Personen die ich kenne, mag und schätze, nur liebe ich Sie nicht mehr. Diese bittere Erkenntnis habe ich mir lange Zeit nicht eingestehen wollen, komme aber zur Einsicht, dass es daran keine Zweifel mehr gibt. Wir sind uns dermaßen vertraut, dass ich mir einbilde, bis ins hohe Rentenalter jede einzelne Minute unserer Beziehung auf das Präziseste vorhersagen zu können, natürlich auch interaktiv.
Und dennoch kommt mir eine Trennung wie eine unüberwindbare Hürde vor.
Den eng und voluminös aus Zuckerwatte gesponnen harmonischen Freundes- und Verwandtenkreis könnte ich gegen den Kopf stoßen, das mühevoll aufgebaute materielle Hab- und Gut tausche ich gerne gegen den Sinn des Lebens und auch dem sich noch immer an mich gelehnten Partner würde ich tränenreich mit einem Brennen im Bauch ins Leere blicken lassen, auch wenn diese Wunde vielleicht niemals wieder ganz heilen wird. Sobald sich aber meine Gedanken in dieser Sequenz auf meine Kinder konzentrieren, sacke ich mit meinem egoistischen und brutalen Schlachtpan unweigerlich in mich zusammen. Diese beiden Menschen sind es in ihrer Art und Entwicklung, mit ihren Hoffnungen und ihrem Selbstverständnis wert, niemals das uneingeschränkte Ja zu der bewussten Entscheidung, Vater zu werden, zu widerrufen.
Mit diesen beiden an mich zerrenden Fronten frage ich mich, ob der Konflikt damit entschärft werden kann, als Zweitbeziehung in einer Kontaktbörse wiedergefunden zu werden. Ihr wisst schon, einer dieser schier unendlich vielen Seitensprungmonster, die nur das eine wollen, ohne vielleicht nichtmal das zu können. Die Hoffnung ist, nicht alles aber etwas an Farben im Alltag wieder erkennen zu können und nur etwas (die Treue) aber nicht alles im direkten Umfeld kaputt zu machen. Der Sog ist mächtig. Ein nur wenige Sekunden an mich gerichtetes Lächeln in der S-Bahn oder an der Kasse im Supermarkt lässt mich für einen ganzen Tag zum König werden. Wie es wohl ist, wenn mehr daraus wird...