Guten Morgen
Schon jetzt vielen Dank an Alle, die mir weiterhelfen wollen.
Meine Situation ist äusserst kompliziert. Ich versuche gar nicht vollständig darauf einzugehen, sonst müsste ich einen Roman schreiben. Was ich eigentlich gerne würde. Und ohnehin fast getan habe. Denn ich würde mir gerne alles von der Seele schreiben, das mich gerade umtreibt und mich belastet. Aber das würde viel zu weit gehen.
Mir geht es im Wesentlichen um Folgendes.
Ich habe eine Arbeitskollegin, mit der ich mich seit Jahren blendend verstehe. Und die ich umheimlich gerne mag. Vom ersten Tag an. Und wie ich über die Jahre immer dachte, sie mich auch. Ich bin mir sicher, zwischen uns entstand zumindest im Ansatz eine Art Verliebtheit. Und wer weiss, wären wir nicht beide all die Zeit in einer Beziehung gewesen, hätte sich vielleicht mehr entwickelt. Vielleicht täusche ich mir aber auch. Wie schon so oft.
Nun kam sie im Sommer aus längeren Ferien zurück und ich spürte sofort, dass etwas anders war. Sie wirkte bedrückt. Freudlos. Sie hatte sich verändert. Ich wusste sofort, sie hatte sich getrennt. Als wir einige Zeit später Essen waren, hat sie das bestätigt. Nach drei Jahren, unmittelbar nach ihrer Rückkehr aus den Ferien, hat ihr Freund die Beziehung beendet. Out of the blue.
Ich hatte eigentlich erwartet, dass sie mit einem Ring am Finger zurückkommt. Besser gesagt, ich hatte es befürchtet. Denn wenn ich ehrlich bin, habe ich sie nie ganz aus meinem Kopf bekommen. Ich konnte diese unterschwellige Verliebtheit nie ganz abstellen. Und nun, da sie zurück ist, getrennt ist, hat mich dieses Gefühl vollkommen überwältigt und mich wie ein Blitz getroffen.
Und ich hasse es. Denn es macht alles kompliziert. Es lässt mich nicht mehr klar denken. Meine übliche Leichtigkeit, meine Unbeschwertheit, meine Natürlichkeit, sind einer steifen Befangenheit und Beklemmung gewichen. Und das lässt mich Fehler machen. Obwohl ich es besser weiss.
Denn mir ist bewusst, dass sie nun Abstand braucht. Freiraum. Ruhe. Sie zu bedrängen wäre der grösste alles Fehler. Und ich weiss, ich muss ihr nun zu allererst zeigen, dass ich das kann. Ihr möchte ihr natürlich auch zeigen, dass ich sie mag. Ich hoffe, ich darf das auch. Aber ich muss das, ohne sie zu bedrängen. Ich muss Geduld haben. So schwer das auch ist, wenn man Schmetterlinge im Bauch hat, wie schon seit Jahren nicht mehr. Aber das ist nunmal das Wichtigste. Denn sie ist ohnehin ein freiheitsliebender Mensch. So wie ich auch.
Aber gewisse Verhaltensweisen und mein Kopfkino kann ich nicht immer unterbinden.
Wenn sie unseren Lunch absagt, weil sie sich schlecht fühlt, gehe ich zu ihr und frage sie, ob sie etwas braucht. Wenn sie nach einer Woche Krankheit zurück kommt, gehe ich kurz vorbei und frage ich sie, wie es ihr geht. Und ärgere mich dabei über mich selbst, dass ich vorbeigegangen bin, weil ich befürchte, dass bereits das zu viel ist.
Da es kurz vor Weihnachten ist, habe ich ihr gestern eine kleine Schachtel mit Pralinés an den Platz gelegt. Wahrhaftig nicht übertrieben, ein handvoll Minipralinés, so gross wie eine Zigarettenschachtel. Natürlich ein wenig versteckt, dass sie nicht jeder sieht. Und anonym, damit es kein Gerede gibt, falls doch. Eigentlich nur eine nette Geste. Und doch denke ich, das alles war bereits zu viel.
Denn, um endlich zum Punkt und meiner eigentlichen Frage zu kommen: Ich habe gesehen, dass sie die Schachtel gestern gefunden hat. Sie hat aber kein Wort darüber verloren. Natürlich, sie war anonym. Und doch hatte ich irgendwie gehofft, dass sie auf mich kommen und mich fragen würde, ob sie von mir sind.
(Wobei es mir darum nicht geht. Nicht gehen darf. Denn ich wollte ihr einfach eine kleine Freude machen.)
Jedenfalls ist mir heute morgen aufgefallen, dass die Schachtel nun offen sichtbar an ihrem Platz steht. Allerdings ungeöffnet. (Es ist ein kleiner Karton, lediglich mit einer Schleife gebunden und die war ungeöffnet.) Selbst mein kleines Zettelchen, dass sie laktosefrei sind (sie ist allergisch), klebte noch daran.
Und nun spielt mein Kopfkino verrückt und lässt mich zweifeln, dass ich das Richtige getan habe. Dass das bereits zu viel war. Dass sie das nicht grefreut hat, sondern dass sie sich nun bedrängt fühlt. Obwohl es nur nett gemeint war. Denn wenn sie sich gefreut hätte, hätte sie die Schachtel doch mit nach Hause genommen und die Pralinés zuhause genossen, oder nicht? Und würde sie nicht im Büro stehen lassen. Ungeöffnet. Vielleicht bis nächstes Jahr? Vielleicht arbeitet sie nächste Woche auch, ich weiss es nicht, und will sie als kleine Aufmunterung zwischendurch geniessen?
Vielleicht komme ich selber nach Weihnachten zurück und sie stehen mit einem Zettel bei mir am Platz, dass ich das lassen soll.
Ich weiss es nicht. Aber es macht mich verrückt. Kopfkino eben. Und ich fühle mich vollkommen lächerlich deswegen. Es ist mir peinlich. Allein schon darüber zu schreiben. Als wäre ich ein kleiner Schuljunge, der sich das erste Mal verliebt hat. Sehr männlich. Sehr attraktiv. Sicher genau das, was sie jetzt braucht.
Was denken (vor allem) die Frauen hier? Wie würdet Ihr in dieser Situation reagieren? Wie deutet Ihr das, dass meine kleine Aufmerksamkeit ungeöffnet am Platz steht? Und bitte keine Zurückhaltung. Vielleicht würde es helfen, wenn mir mal jemand so richtig den Kopf wäscht.
Danke für alle Antworten!
Mike