Hallo an Alle,
habe heute wohl aus lauter Verzweiflung dieses Forum gefunden.
Nun sitze ich hier und will mein Problem schildern, habe Tränen in den Augen und einen großen Kloß im Hals und weiß garnicht, wo ich anfangen soll, um das Ganze auf den Punkt zu bringen.
Also, ich lebe seit 6 Jahren in einer Beziehung. Ich bin 31, er 39 Jahre alt. Als glücklich habe ich eigentlich nur das erste Jahr empfunden. Seitdem lebe ich in einem Hin und Her der Gefühle und Trennungsgedanken. Es gibt so viele Sachen, die daran schuld sein könnten, wie z. B. dass
- gleich im ersten Jahr unserer Beziehung eine schwere berufliche Krise bei ihm eingetreten ist, die definitiv existenzgefährdend war. In dieser Zeit hat er sich stark isoliert, kaum mit mir darüber gesprochen. Inzwischen ist schon lange alles wieder ok. Seine damalige Isolation definiert er als Hilflosigkeit - er sei froh gewesen, dass ich einfach nur da war. Ich habe die Welt damals nicht verstanden
- mein Partner selbstständig ist und sehr viel arbeitet, d.h. er ist beruflich ziemlich überlastet
- wir zusammen arbeiten, was auch einiges an Konfliktpotential mit sich bringt. Inzwischen haben wir uns gut arrangiert und es klappt ganz gut
- wir so unterschiedlich sind: er ist der rationale Typus, ich sehr emotional
- er mit seiner Familie gebrochen hat und auch keine glückliche Kindheit hatte, ich zwar auch Scheidungskind bin, aber zumindest zu meiner Mutter ein sehr enges und gutes Verhältnis habe
- er mit Familie prinzipiell garnichts anfangen kann (weder mit seiner, noch mit meiner, noch mit dem Thema überhaupt).
Resultat: er hat meine Mutter in den 6 Jahren unseres Zusammenseins erst 3 mal gesehen und hat auch große Schwierigkeiten im Umgang mit ihr. Er gibt sich mir zuliebe Mühe, doch seine Mimik und Gestik sprechen Bände, sodass alle Beteiligten sich verständlicherweise mehr als unwohl fühlen. Ein Familienbesuch ist quasi unmöglich. Ohhh, da gibt es eine Gemeinsamkeit: wir wollen beide keine Kinder....toll.
- wir lange Zeit (bis vor einem halben Jahr) in widrigen Wohnverhältnissen verbracht haben, d. h. aufgrund der Wohnungsaufteilung in getrennten Betten schlafen mussten
- er prinzipiell NIEMALS heiraten würde, ich es mir aber wünschen würde (rein hypothetisch...in einer unglücklichen Beziehung kann man wohl schlecht von Heiratswünschen sprechen)
- ich vor 2 Jahren einen anderen Mann kennen- und liebengelernt habe, der das absolute Gegenteil von meinem Partner war. Diese Beziehung ging etwa ein halbes Jahr lang, bevor ich es nicht mehr aushielt und ihm davon erzählte. Und obwohl er damals sehr verletzt war, tat er das einzig strategisch richtige: er ließ los. Das muss man sich mal vorstellen: Er sagte "Wie auch immer Du dich entscheidest - ich werde da sein, als Freund, als Partner...als was auch immer Du willst.".....und ich entschied mich für ihn, weil ich ihn immernoch liebte, obwohl ich so unglücklich war und weil er diese enorme partnerschaftliche Größe bewies.
Das war eine sehr traurige Zeit, ich hatte ein wahnsinnig schlechtes Gewissen, litt unsägliche Qualen an Liebeskummer und Trennungsschmerz wegen des Anderen, doch ich war der Meinung richtig gehandelt zu haben.
- wir eine sogenannte "tolerante Beziehung" haben, d.h. wir teilen unsere Erotik manchmal mit anderen Paaren. Ich weiß, für viele mag das nicht nachvollziehbar sein, aber wenn man in einer stabilen Beziehung lebt und in der Lage ist, über den Tellerrand unserer gesellschaftlichen Ordnung und unserer Erziehungsmuster hinwegzuschauen, kann das durchaus sehr reizvoll und aufregend sein.
Auch wenn diese Toleranz für mich unter bestimmten Voraussetzungen durchaus lebbar und genussvoll ist, habe ich zur Zeit ein Problem damit - denn meine Beziehung ist alles andere als stabil.
Ich würde zur Zeit gern davon Abstand nehmen, um wieder "zu uns" zu finden (falls es das überhaupt schonmal gab) - er lehnt das ab.
Ich weiß eigentlich garnicht konkret weshalb ich unglücklich bin.
Ist es all das zusammen? Bin ich einfach nur zu anspruchsvoll, emotional von Kind an zu verwöhnt? Oder bin ich einfach nur neurotisch? Andere beneiden mich: Ich habe einen attraktiven, intelligenten, humorvollen, erfolgreichen, gut situierten Partner. Er kauft mir tolle Sachen, bringt mir oft Aufmerksamkeiten mit (schöne Kleinigkeiten, wie die Lieblingsschokolade, ein hübsches Bild, ein Accessoire für die Wohnung...eben solche Dinge).
Wir leben mittlerweile in einer der schönsten Wohnungen, von der Andere nur träumen können. Wir haben keine Geldsorgen....ergo: alle oberflächlichen Werte stimmen.
Aber was ist mit den zwischenmenschlichen Dingen, wie z.B. der romantische Spaziergang durchs Herbstlaub - keine Zeit, keine Lust, keine Energie....
Was ist mit dem liebevollen Blick, der einen spüren lässt, dass man sich liebt und zusammengehört, sich ganz nah ist - für mich muten diese Blicke fremd an. Da ist kein Gefühl von Nähe. Versteht jemand was ich meine? Dieses Gefühl von Seelenverwandtschaft, das Gefühl eins zu sein. Vielleicht spinne ich auch.
Was ist mit den Umarmungen, die sich nach "hier bin ich zu Hause" anfühlen - für mich fühlen sich unsere Umarmungen fremd an.
Was ist mit gemeinsamem Joggen oder Radfahren durch den Wald - er fährt oder läuft mir einfach davon, also lassen wirs. Da kann man nichts machen, zu unterschiedliche Rhytmen.
Was ist mit gemeinsamem Kochen - nur Streit, er lässt sich nicht bevormunden, weiß am Besten selbst wies geht.
Was ist mit mit Zärtlichkeit? Ja klar, kuscheln vorm Fernseher geht....aber ich meine Zärtlichkeit beim Sex, sanfte, liebevolle Berührungen - bei uns ist das eher ein Porno.
Getrennt schlafen wir übrigens immernoch, obwohl wir das inzwischen zumindest wohntechnisch nicht mehr müssten. Aber irgendwie will ich garnicht mehr neben ihm im Bett liegen.
1. schnarcht er sehr laut und 2. liegt er sowieso immer am anderen Ende des Bettes, sodass ich auch gleich alleine im Bett liegen kann und wenigstens niemand schnarcht. Da ist nichts mit zusammenkuscheln und umarmen.
Also ich weiß auch nicht, für ihn ist das normal, für mich absolut neu.
Ich denke unser Grundproblem heißt "Nähe". Ich will mehr....und er ist schon weit über seine maximale "Näheleistungsfähigkeit" hinaus.
Wir haben dieses Thema schon undendlich oft diskutiert und er gibt sich auch wirklich Mühe, hat sich auch schon geändert....aber für mich reicht es immernoch nicht. Und ich bin wirklich kein Klammeraffe, auch ich brauche eine gesunde Distanz.....aber dies hier ist....ich weiß nicht was es ist. ...
Vielleicht kann sich irgendjemand hier ein objektives Bild machen.....und vielleicht hilft mir das irgendwie weiter. Ich glaube ich selbst sehe den Wald vor lauter Bäumen nicht mehr.
Ich weine...wirklich, ich weine sehr oft. Ich habe mir schon so oft geschworen, mir diese unendliche Traurigkeit nicht mehr anzutun. Aber irgendwie hoffe ich immer wieder. Das kann doch nicht so schwer sein, diese Beziehung hinzukriegen....oder doch?