Liebe Fems,
ich möchte euch von einem Problem erzählen, dass ich nun seit einigen Jahren mit mir herumschleppe. Der Ballast, um den es sich hierbei handelt, schimpft sich Friendzone. Aber am Anfang anzufangen, wäre wohl das sinnvollste...
Mit Beginn der Pubertät wurden natürlich auch die Jungs plötzlich interessant. Ich habe mich damals dazu verleiten lassen, meinen Stil und mein Auftreten zu verändern, um einem Jungen aus meinem Jahrgang zu gefallen. Auf der Welle der neumodischen Erscheinungen wie ICQ und SMS tauschten wir uns viele Stunden aus, in der Schule unterhielten wir uns, umarmten uns zur Begrüßung, wir unternahmen gelegentlich was zusammen. Hat funktioniert, alles wunderbar... so lange, bis ich feststellte, dass er eine Freundin hatte. Diese Gemeinheiten des Lebens sollten mir in meinem noch jungen Alter sehr oft Steine in den Weg legen. Kurz nachdem ich über meinen (bis dato hatte ich es zumindest dafür gehalten) ersten großen Liebeskummer hinweg war, fing ich mit dem Tanzen an. Ich lernte schnell viele neue Leute kennen, natürlich auch Jungs. In dieser Zeit, mit gerade mal 15 Jahren, lernte ich schmerzlich die Friendzone kennen. Denn mein Tanzpartner, zu dem ich mich zumindest hingezogen fühlte, setzte wirklich alles daran, dass wir "so richtig gute Freunde" waren. Eine gemeinsame Freundin machte mich darauf aufmerksam, dass ich da ständig mit dem Kopf gegen die Wand lief und mich in der grauenvollen Zone der ewigen Freundschaft befand. Die beiden kamen zwei Wochen später zusammen. Applaus.
Als ich in das feierfähige Alter kam, malte ich mir aus, dass es vielleicht gar nicht schlecht wäre, ein Single zu sein. Meine Freundinnen, zumindest einige, hatten ihre ersten Beziehungen schon hinter sich. Ich muss dazu sagen, dass ich schon zu dem Zeitpunkt massig Kumpels hatte, ich verstand mich immer mit Mädels und Jungs gleichermaßen gut. Als ich nach einem Jahr regelmäßiger Partys immernoch zumindest Jungfrau war, wuchsen aufgrund der Geschichten meiner Freundinnen die Selbstzweifel. Ich probierte verschiedene "Techniken" aus, um Männer kennenzulernen, stellte mich dümmer als ich war, in der Hoffnung, dass es mir dann leichter fallen würde. Ich speckte ab, da meine dünnen Freundinnen für mich einen Maßstab darstellten, aber als mir mein BH plötzlich leer vorkam, nahm ich das Gewicht wieder zu. Und noch 7kg mehr. Meine Kontaktlisten füllten sich, ich hatte keine Probleme damit, Fremde anzuquatschen, mein Freundeskreis wurde größer und größer. Und dann kam ein Punkt, an den ich mich gern zurückerinner. Es war mir nämlich egal. Und zwar nicht, weil ich ja sowieso keinen Partner finden würde, sondern weil es nur ernst werden kann, wenn ich mich selbst so mochte wie ich war. Zumindest redeten mir das meine Freundinnen ein. Noch heute bekomme ich bei dem Satz "Wenn Du krampfhaft suchst, findest Du sowieso keinen" einen Brechreiz und Wutanfälle. Was sollte ich denn machen, in meinem Zimmer hocken und darauf warten, dass Prince Charming an die Tür klopft? 2 Jahre und viele Partys später folgte eine Zeit der Frustration. Abgesehen von ein paar One-Night-Stands ergab sich einfach nichts. Aus dieser misslichen Verzweiflung half mir mein damals bester Freund, den ich seit 4 Jahren kannte. Als dieser dann irgendwann seine Freundin verließ, fiel es mir plötzlich wie Schuppen von den Augen - da stand er. 1000 mal berührt, 1000 mal ist nichts passiert... ZOOM! Ich wollte ihn. Ich wollte diesen Mann. Und ich wusste, wenn ich es wagen würde, könnte eine Beziehung daraus entstehen oder eine Freundschaft daran zerbrechen. Und weil mir schlecht bei dem Gedanken daran wurde, ich aber den ganzen Tag an nichts anderes denken konnte, verlor ich die verhexten 7kg innerhalb von zwei Wochen wieder. Ich war ein Wrack, gefangen zwischen diesen beiden ultimativen Möglichkeiten. Aber da mein Kopf wegen des verzweifelten Geheuls inzwischen von Schmerzen geplagt war, meine Augen an Sehkraft verloren, mir die Kippenkosten zu hoch wurden und mein Hund regelmäßig die eingerotzten Taschentücher zerpflückte (und ich den Schweinestall dann aufräumen durfte), entschied ich mich dazu, ihn mit meinen Gefühlen zu konfrontieren. Ich habe mit vielem gerechnet, aber dass er mich tröstenderweise in den Arm nehmen und mir sagen würde, dass er immer davor Angst gehabt hätte, war für mich ein Schock. Ja, wir waren beste Freunde. Ja, ich war in ihn verliebt. Ja, vielleicht war das der Moment der Verzweiflung. Nein, wir wurden kein Paar. Stattdessen griffen wir unsere Freundschaft nach 3 Monaten des Abstands und der Verarbeitung des (jetzt wirklich größten) Liebeskummers wieder auf. Inzwischen haben wir uns auseinandergelebt, aber wir sehen uns trotzdem noch ab und zu.
Kapitel Online-Dating kürze ich mal sehr großzügig ab: Viele Klogriffe, ein wenig was zum "Üben", und eine tatsächliche Chance auf etwas Glück. Wir lernten uns kennen, es hätte klappen können. Doch irgendwann, immerhin bevor es wirklich ernst wurde, merkte ich, dass ich mich nicht wohl fühlte. Damit war die Sache für mich nach einer langen und ausführlichen, sehr ruhigen und beidseitigen Erklärung abgehakt. Wir pflegten den Kontakt, da wir viele gemeinsame Interessen hatten, und uns mochten, aber wir stellten beide fest, dass wir wahrscheinlich bessere Freunde als Partner waren. Nicht viel später lernte ich den "Hinhalter" kennen. Wir trafen uns über einen Zeitraum von 3 Monaten. Ich lernte seinen Freundeskreis kennen und er meinen. Wir verstanden uns super, küssten uns vor den Augen anderer, wir schliefen miteinander. Aber er wollte ja keine Beziehung *AchtungSarkasmus* Und an einem Abend bei seinen Kumpels fiel die Frage, ob wir denn nun zusammen wären. Darüber hatten wir nie gesprochen und taten es auch da nicht. Am nächsten Tag sagte er mir, dass er es nicht soweit hätte kommen lassen sollen. Er trennte sich von mir und der nicht existenten Beziehung. Damit wurde ich während des obligatorischen Gespräches mit meiner Freundin das erste mal mit dem Begriff "Friends with Benefits" konfrontiert, und ich war entsetzt. Ich hatte die Schnauze voll. Ich wollte Abstand von der Männerwelt. Und ja, ich hielt es für einen schlechten Scherz des Karmas, aber nicht einmal 2 Monate später lief mir ein Mann über den Weg, der mir den Atem raubte. Leider knapp 500km von meiner Heimat entfernt. Als ich nicht suchte. Doch er gab mir ein gutes Gefühl, auch wenn es nur die anfangs wöchentlichen Anrufe waren. Wir trafen uns nur ein paar Mal innerhalb von fast 6 Monaten. Als sich langsam dieses Gefühl des Verliebtseins einstellte, weil wir uns jeden Tag austauschten, uns Kosenamen gaben, der (wenn auch durch die Entfernung seltene) Sex sehr gut war und wir schon überlegten, ob ich nicht für's Studium weiter in seine Richtung ziehen könnte und er nach seiner abgeschlossenen Ausbildung weiter in meine Richtung, tja, dann... stellte ich mit Entsetzen und nur durch einen dummen Zufall fest, dass er verlobt war. Es fühlte sich an, als hätte man mich erst mit einem Roundhousekick ausgeknockt und wäre dann wieder zu Bewusstsein gekommen, als mich eine Dampfwalze langsam plattplaniert hätte.
Ich zog natürlich nicht in seine Richtung. Stattdessen trieb es mich weg von ihm - wäre ja auch dämlich, wenn nicht. Also begann ich mein Studium. Und obwohl ich immer dachte, dass es nur wenige Menschen gäbe, mit denen ich nicht auskommen konnte, stand ich nun vor einer absolut hinterfotzigen Armada aus arroganten Schlampen und hochnäsigen Kerlen. Mein Semester hatte sich gegen mich verschworen, ich hasste sie alle. Ja, ich trage liebe Schwarz als Pink. Okay, ich habe ein Nasenpiercing statt einer Statement-Kette. Meine Güte, ich wiege in paar Kilos mehr als Size-Zero-Models. Es war völlig ausgeschlossen, dass ich hier neue Freundschaften oder Bekanntschaften schließen konnte. Ich zwang mich auf gemeinsame Veranstaltungen, und nachdem ich Jahre meines Lebens damit verbracht habe, entgegen vieler Konventionen immer den ersten Schritt zu machen, sprach mich ein junger Mann an. Ich, die mit ihren 21 Jahren schon viel gesehen hatte, war erstaunt. Als ich das meiner Freundin erzählte, sagte sie mir, völlig objektiv betrachtet, dass ich eine hübsche junge Frau wäre, immer am Lachen und gute Laune verbreitend. Warum wäre es also so sonderbar, dass mich mal jemand ansprechen würde? Aber das war es, zumindest aus meiner Sicht. So etwas kam mir noch nie unter.
Dieser Mann, wieder Monate nachdem ich gerade den letzten aus dem Kopf bekommen habe, verdrehte mir diesen wieder. Ich hatte seit Jahren endlich wieder das Gefühl, verknallt zu sein. Fast ein halbes Jahr lang opferte ich Zeit und Geld, um ihm näher zu kommen. Aber das Opfer brachte ich gern. Ich wollte nichts überstürzen, mich nicht direkt der nächsten Katastrophe hingeben. Hätte ich das mal gemacht, dann würde ich mich heute nicht ärgern, dass ich so viel Zeit verschwendet habe. Denn kaum fing er im Fitnessstudio an, war ich plötzlich abgeschrieben. Komplett. Von heute auf morgen blieben Nachrichten und Antworten aus, er reagierte nicht mehr, und ich stehe da wie ein begossener Pudel.
Ich verstehe nicht, was ich falsch mache. Ich habe keine Torschlusspanik. Manchmal glaube ich, dass ich das Mittelmaß zwischen schnell und langsam nicht finde. Ich weiß nicht, ob die Männer noch in der "Flegelphase" sind und sich austoben wollen, oder ob sie glauben, sie hätten bei mir leichtes Spiel und könnten mich warm halten. Vor ein paar Wochen habe ich eine Einladung zur ersten Hochzeit aus meinem alten Freundeskreis bekommen, und ich bin die einzige der alten Clique, des festen Kerns, die als Single dort auftaucht. Das tut schon ein wenig weh... besonders, wenn man sieht, wie glücklich die Pärchen sind. Natürlich hat eine Beziehung Höhen und Tiefen, es ist nicht immer alles rosarot, aber einfach mal die Erfahrung zu machen, Hand in Hand mit jemandem durch die Straßen zu schlendern, abends auf der Couch mit jemanden zu sitzen, sich unterhalten zu können oder einfach nur in wohliger Stille zu verweilen, wie selbstverständlich einen Kuss zu bekommen,... und dass aus dem Satz "Du bist eine so gute Freundin, ich hab Dich lieb" irgendwann mal "Du bist meine Freundin, ich liebe Dich" wird. Ich habe das Dating und die flüchtigen Bekanntschaften langsam satt. Es ist ja nicht so, als würde ich mir keine mühe geben oder keine Leute kennenlernen. Es sind nur immer die "falschen", nämlich Männer, die meine Freundschaft mehr schätzen als eine Beziehung zu mir. Einerseits ehrt mich das sehr, andererseits könnte ich in Tobsucht verfallen. Täglich stehe ich vor dem Spiegel und denke mir, dass ich doch nicht unattraktiv bin, ich behaupte von mir selbst, dass ich gebildet bin, dass ich Humor habe und ehrlich bin. Und defintiv nicht verschlossen, abweisend oder sonstwie anti. Aber viele Dates bleiben zum Beispiel eine einmalige Angelegenheit, weil ich nicht das Gefühl habe, dass es passt. Aus meiner Sicht auch völlig legitim. Irgendwo scheint ja der Wurm drinzustecken...
Mich würden eure Gedanken dazu mal interessieren, was euch beim Lesen durch den Kopf ging. Teilt euch mit, ich würde mich freuen.