Als meine Frau und ich uns kennenlernten, da waren wir beide noch Teenager; inzwischen sind wir schon weit über dreißig Jahre ein Paar. Wir haben die normale Entwicklung einer Beziehung erlebt: Kennenlernen, heiße Küsse, immer intensivere Berührungen und nach über einem dreiviertel Jahr das erste Mal. Da war uns aber schon klar, dass wir zusammenbleiben wollten. Die 18 Monate Bundeswehr (wohnen im Raum D.dorf - Bundeswehr in Oldenburg) mit der entsprechenden Distanz, also eine Wochenendbeziehung, nirgendwo mal Ruhe da war klar, dass da wenig Zeit für intime Moment blieb. Nach rund drei Jahren sind wir zusammengezogen. Wenig Geld, viel Stress und viel Unsicherheit im Miteinander, deshalb immer Verständnis von mir wenn bei ihr keine Lust da war und entsprechend Flaute herrschte. Das Miteinander abseits der körperlichen Komponente war insgesamt und ist absolut in Ordnung. Deswegen hätte ich im Traum nicht daran gedacht zu gehen. Im Jahr unserer Heirat, kurz vorher (die Schlussexamina standen an und Stress und Sex, das geht gar nicht zusammen), bin ich auf eine ehemalige Mitschülerin getroffen und da hat es auf einmal mächtig geknistert. Mehr ist damals nicht passiert.
Aber das war ein Moment wo ich für mich realisiert habe, dass mir was fehlte. Also habe ich behutsam versucht das Thema anzuschneiden. Die Examina waren durch, wir waren frisch verheiratet, es lief wieder etwas wenn auch auf Sparflamme. Ein bisschen Blümchensex sonst nix aber wenn vorher monatelang Enthaltsamkeit angesagt ist, will man ja nicht meckern. Also lieber positive Verstärkung. Aber auch das war ein kompletter Fehlschlag. Sex war und ist kein Gesprächsthema. Fragen nach Wünschen, Fantasien, Abneigungen, Vorlieben werden ignoriert oder ihnen wird ausgewichen. Du merkst schon wenn mir was nicht passt., ist die einzige Aussage zum Thema. So bin ich immer wieder durch Minenfelder gestolpert und habe unglaublichen Frust erlebt. Kritik wird immer wieder mit dem Satz: Denkst Du an nichts anderes, abgeblockt. Was verstehen Männer unter Vorspiel? Den halben Tag betteln den Witz fand ich nicht mehr sonderlich lustig. Und dann kommt nach ein paar Jahren der Moment wo man sich sagt, dass man(n) einfach nicht das Zeug zum guten Liebhaber hat. Ich habe resigniert und mich arrangiert. Mit Glück 4 Mal im Monat flüchtigen Sex ist mehr als nichts. Zumal, wie gesagt, meine Frau ansonsten die Liebe meines Lebens ist. Alles andere passt perfekt.
So schleppt man sich durch, irgendwann kommt das erste Kind, das heißt Stress .. . Die Folgen sind bekannt. Aber nach ein paar verständnisvollen Monaten schläft man wieder miteinander, fast so oft wie früher. Aber wer versteht nicht, dass seine Partnerin häufiger müde ist, der Körper hat unter der Schwangerschaft gelitten (mir war und ist das noch immer wurscht) da leidet das Selbstwertgefühl und so weiter. Aber so ein erstes Kind ist auch etwas Besonderes. So ein Kind ist so toll, das wiegt ja auch ne Menge auf. Nach ein paar Jahren die 2. Schwangerschaft. Sobald die Schwangerschaft zweifelsfrei feststeht, ist Stille, Flaute, Hängen im Schacht oder wie auch immer man das nenne will. Es dauert fast ein Jahr bevor wir das erste Mal wieder miteinander Sex haben.
Nach etwa 6 Monaten drehe ich komplett am Rad und schiebe bergeweise Frust. Und da treffe ich eine Frau. Nicht mein Typ, eine absolut graue Maus, seelisch ziemlich angeschlagen und sie riecht sogar falsch. Wir klagen und uns unser Leid und es kommt wie es kommen muss: Wir landen nach ein paar Wochen in der Kiste. Beim ersten Mal vln wir uns fast die Seele aus dem Leib. Ich kann kaum noch laufen als ich nach Hause komme. Mir geht es einerseits blendend, aber wenn ich in den Spiegel schaue könnte ich kotzen.
Die Beziehung (wenn man es überhaupt so nennen kann) dauert knapp 4 Monate und ich habe mehr Sex als in den letzten 8 Jahren. Trotzdem beende ich die Beziehung weil ich nicht damit umgehen kann und mich auch schlecht darin fühle. Ich finde mich zwar wieder in den alten Trott ein aber ich bin nicht mehr derselbe. Plötzlich merke ich, dass ich durchaus eine Wirkung auf manche Frauen habe. Ich fühlte mich nach über 10 Jahren Frust als graue Maus unattraktive und linkisch, um jetzt festzustellen, dass das Quatsch ist.
Und so hole ich mir manchmal zaghaft Feedback - auch wenn ich mich schlecht dabei fühle. Ich suche nicht aktiv danach, ich lasse es einige Male, wenn auch mit gemischten Gefühlen, zu. Aber wenn dann ist es ein Kracher. Wie ein Alkoholiker der nach Jahren oder Monaten der Abstinenz atgelang im Schnapsladen eingesperrt wird. Dabei lerne ich eine Frau kennen, die mich ins Wanken bringt. Die Beziehung zerbricht zum Glück und mir geht es Monate lang sehr schlecht. Zum Glück fehlt mir die Veranlagung zum Suff, sonst wäre es da eng geworden.
Ich realisiere für mich, ich mache genau das, was ich bei anderen Männern immer verachtet habe. Andererseits weiß ich wo das Problem liegt und die Person, die Problem und Schlüssel zugleich ist, ist nicht bereit das ganze zum Thema zu machen egal wie dezent oder offensichtlich ich es anspreche.
Schließlich habe ich, nachdem ich zwischendurch psychisch deswegen ziemlich runter und kurz in Behandlung war, für mich einen Weg gefunden, damit umzugehen. Ich gehe den Gelegenheiten in den letzten 10Jahren wo ich kann aus dem Weg. Das hilft, aber weil ich ja immer wieder die Zärtlichkeit und den Sex vermisse, aber es kann eigentlich jederzeit wieder passieren, auch wenn ich es an sich nicht will. Es ist aus meiner Sicht eine Sensation, wenn zwei die wissen was sie wollen sich richtig Zeit nehmen und ihre Lust intensiv ausleben.
Was mich daran so kirre macht, ist dass sie durchaus Freude am Sex hat, wenn sie sich die Zeit nimmt und darauf einlässt. Es gibt Dinge die sie ausgesprochen schätzt, wie ich inzwischen weiß. Es ist ihr nur einfach nicht wichtig und unangenehm darüber zu reden. Meine leisen Proteste oder Andeutungen werden mit Du musst mich schon nehmen wie ich bin beantwortet. Ichgebe zu, ich finde das unfair, weil es bei uns an sich so ist, dass wem es wichtiger ist, den Hut in der Sache aufhat. In der Situation hat diejenige, der es an sich scheißegal ist, das Sagen.
Ich glaube Frauen sind sich nicht darüber im Klaren, was sie Männern wie mir antun, indem sie ihnen das Gefühl verweigern begehrt zu werden. Hätten wir reden und eine gemeinsame Lösung finden können, wäre ich vermutlich heute noch nicht aus der monogamen Beziehung ausgebrochen.
Für Gedanken zum Thema, auch kritische, bin ich ausgesprochen dankbar.