Aus der Sicht des älteren Mannes
Ich will mal versuchen, Euch die Perspektive des Mannes verständlich zu machen.
Ich bin ein Mann, 43 Jahre alt, verheiratet, ein Kind. Mein Sohn ist drei Jahre alt. Meine Frau hat einen neuen Partner. Dennoch leben wir weiterhin zusammen, weil wir beide wollen, dass unser Sohn mit Vater und Mutter aufwächst. Und weil wir beide es nicht ertragen könnten, nicht mit unserem Kind zusammenzuleben.
Vielleicht ist das für kinderlose Menschen nicht nachvollziehbar, aber mein Sohn ist die größte Liebe meines Lebens. Ich liebe niemanden so wie mein Kind, nicht einmal mich selbst. Keine Frau wird jemals so wichtig für mich sein, wie mein Kind. Auch die Mutter des Kindes habe ich, als unsere Beziehung noch sehr glücklich war, nicht so sehr geliebt wie unser Kind.
Menschen verändern sich mit dem Alter. Mit 18 war mir nichts wichtiger als von einer Frau geliebt zu werden (Selbstbestätigung) und Sex zu haben (Triebabfuhr). Ich habe heute genausoviel Lust wie damals und ich möchte immer noch Liebe erleben, aber ich bin inzwischen ein vollständigerer Mensch geworden. Meine Arbeit z.B. ist für mich heute ebensowichtig wie Liebe und Sex, denn meine Arbeit ist das, womit ich meinem Leben Sinn gebe. Ich tue, was mich mit Glück erfüllt. Ich würde niemals für eine Frau meine Arbeit aufgeben. Liebe ist vergänglich, Selbstachtung ist viel wesentlicher für mein Glück.
Ja, auch wenn Ihr noch in Beziehungen geht mit dem Gefühl, die Liebe Eures Lebens gefunden zu haben, ist uns älteren Menschen das nicht mehr möglich. Wir verlieben uns genauso stark wie Ihr, aber wir WISSEN, dass es sehr wahrscheinlich nicht für ewig ist, denn wir haben schon mehrmals erlebt, wie Beziehungen auseinander gehen. Wir wünschen uns dieses Ende der Beziehung nicht, aber wir rechnen damit. Das ist eine unvermeidliche Folge unserer Lebenserfahrung.
Ich stehe fest in meinem Leben. Es besteht aus Kind, Frau (die ich immer noch liebe, wenn auch auf andere Weise), Freunden, Arbeit, Nachbarn -- meinem gesamten sozialen und beruflichen Kontext. Eine "neue" Frau würde ich dort sehr vorsichtig einführen, aber ich würde das alles nicht ohne weiteres für eine neue Frau aufgeben.
Eine neue Familie werde ich erst gründen, wenn mein Sohn von sich aus auszieht. Umziehen werde ich nur, wenn mein Sohn (und also meine Frau) mitziehen.
Wer sich auf einen Mann MIT KIND einlässt, sollte damit rechnen, dass dieser Mann an das Kind gebunden ist.
Und das ist der wichtigste Satz in meinem Text:
Mit einem Mann, der sein Kind einfach so bei seiner Ex-Frau zurücklässt, mit dem wollt Ihr sicher kein Kind haben. Denn dann wird es Euch irgendwann ebenso gehen.