Manchmal ist man an einem Punkt in seinem Leben, da erkennt man, dass es besser ist, einen geliebten Menschen zu vergessen. Man erkennt, dass man ihm nicht so viel bedeutet und er nicht der Mensch ist, den man eigentlich geglaubt hat, kennengelernt zu haben.
Man möchte es nicht wahr haben, aber eigentlich weiß man, dass es so ist. Der Kopf sagt ja, das Herz sagt nein. Und irgendwo zwischendrin steht man selbst und zerreißt innerlich. Man möchte weiter kämpfen, aber eigentlich weiß man, dass man den Kampf schon längst verloren hat. Man merkt, wie der Kontakt von seiner Seite langsam einschläft, aber man will es nicht wahr haben. Man redet sich ein, dass er einfach nur sehr viel zu tun hat und deshalb keine Zeit hat, sich zu melden. Oder man denkt, dass er erwartet, dass man sich meldet. Man wartet, auch wenn man nicht warten will. Man versucht sich abzulenken, mit Freunden, mit Arbeit oder mit anderen Dingen. Nichts hilft. Egal, was man macht, man muss ständig an ihn denken. Man denkt darüber nach, warum man anscheinend nicht interessant genug für ihn ist und was man ihm jetzt gerne sagen oder ihn fragen würde. Man würde ihn gerne fragen, was ihn an einem stört. Ganz gleich, was es ist. Man will es einfach nur wissen. Man würde ihn gerne fragen, ob es jemand anderen gibt, für den er sich mehr interessiert, obwohl er schon gesagt hat, dass er momentan niemanden haben möchte. So viele Fragen, auf die man keine Antwort oder wenn doch, nur eine Antwort, bei der man das Gefühl hat, dass sie nur maximal halbehrlich ist, bekommen hat. Man würde ihm gerne sagen, was einen an ihm stört, obwohl man eigentlich weiß, dass ihn das nicht interessiert. Je mehr man drüber nachdenkt, desto mehr Fehler findet man an ihm und desto mehr merkt man, wie sehr man sich eigentlich in ihm getäuscht hat. Dann stellt man sich die Frage, warum man sich dann eigentlich darauf eingelassen hat, sich in ihn zu verlieben. Und dann denkt man drüber nach, ob man sich die schlechten Sachen jetzt nur so hervorhebt und sich darein steigert, damit man für sich einen Grund hat, sich einzureden, dass es besser ist, ihn gehen zu lassen. Und dann sieht man ein Bild, einen Post auf sozialen Netzwerken, bekommt eine Nachricht von ihm, oder noch schlimmer einen Anruf oder er steht plötzlich vor einem! Man hat sich vorher überlegt, wie man reagieren will, wenn es soweit kommt, doch wenn dieser Moment dann da ist, man seine Stimme hört oder ihn sieht und er fröhlich trällert: Na? Wie ist es?, ja dann vergisst man plötzlich alles und trällert glücklich zurück: Bei mir ist alles super!. Man ist glücklich, dass er sich doch wieder gemeldet hat. Aber das Gefühl ist leider je öfter es passiert, desto schneller auch wieder verschwunden und der Teufelskreis geht wieder von vorne los.
Eigentlich weiß man, dass es besser ist, den Kontakt abzubrechen, aber andererseits ist man selbst zu schwach, dass auch durchzuziehen, wenn er sich meldet. Es ist ja schon schwer genug, zu wiederstehen, sich bei ihm von sich aus zu melden, geschweige denn in den sozialen Netzwerken nicht zu gucken, ob er online ist und ob und was er dort macht. Man weiß, dass es falsch ist und doch macht man es, um sich selbst zu beruhigen und dann fragt man sich selbst wieder, warum man das tut. Und warum man sich selbst das antut, obwohl man doch eigentlich so etwas nicht nötig hat und nie so sein wollte. Noch schwieriger wird es, wenn man weiß, dass man ihn in Zukunft regelmäßiger sehen muss und es sich deshalb nicht vermeiden lässt, den Kontakt aufrecht zu erhalten. Und man fragt sich dann, wie es dazu kommen konnte, dass nur eine einzige Begegnung mit einem Menschen, in einem Moment, wo man gerade sehr zufrieden im Leben war, alles so verändern kann. Wie innerhalb kürzester Zeit die Gefühlswelt von einem himmelhoch jauchzend zu einem zu Tode betrübt, unglücklichen und innerlich zerrissenen Chaos werden konnte, aus dem man zuerst nicht mehr weiß, wie man da wieder heraus kommen soll. Wie kann ein einziger Mensch innerhalb so kurzer Zeit eine Mauer einreißen, die sich über Jahre aufgebaut hat und die sonst nie jemand so dermaßen zum Einsturz gebracht hat? Und wie kann man sich so in einem Menschen täuschen? Wie kann es sein, dass es so endet, nachdem man monatelang um einen Menschen gekämpft hat und es am Anfang so gut aussah und man Gefühle, die man in 30 Jahren nie so stark hatte, für ihn entwickelt hat? Man merkt einmal mehr, dass der schlimmste Feind eines Menschen, der Schmetterling im Bauch ist. Und das Liebe ein Segen und ein Fluch zugleich ist. Wenn man sich verliebt, besteht jedes Mal erneut die Gefahr verletzt zu werden, deshalb ist es eigentlich besser, sich gar nicht mehr zu verlieben. Doch das funktioniert leider nicht. Doch auch, wenn es sich momentan so anfühlt, dass ich in einer Sackgasse bin, gehe ich meinen Weg weiter, auch irgendwie und irgendwann ohne ihn. Aber bis ich den Weg aus der vermeintlichen Sackgasse gefunden habe, wird noch einige Zeit vergehen und noch einige solche Gedanken ins Land fließen.
Ich schreibe das hier herein, weil ich einfach mal ein Ventil brauche, um meinen Gedanken Luft zu machen und meine Freunde das meiner Meinung nach jetzt oft genug gehört haben. Ich denke auch, dass es vielen Menschen genauso geht und vielleicht hilft es dem ein oder anderen ja dies zu lesen.
Vielleicht ist aber auch der ein oder andere hier, der etwas dazu schreiben möchte. Und während ich mir das hier von der Seele schreibe, vergeht auch schon wieder Zeit, in der ich nicht in sozialen Netzwerken nachschaue oder in Versuchung gerate, mein Telefon zu nehmen und ihn anzurufen.
LG!