Hallo liebe Forum-Mitglieder,
ich wohne jetzt seit zehn Monaten mit meinem Freund zusammen. Wir sind beide bald 22 Jahre alt. Wir kannten uns schon länger aus der Schule und hatten durch gemeinsame Freundeskreise immer wieder miteinander zu tun (ich war schon damals wirklich extrem in ihn verschossen). Nach der Schulzeit hab ich mein Ding gemacht, war im Ausland, hatte meinen ersten Freund etc. Dann bin ich mit meinem jetzigen Partner zusammengekommen und da es so gut gepasst hat und wir so verliebt waren, sind wir Hals über Kopf in eine kleine, aber schöne Wohnung mitten in die Stadt gezogen :) Es hat sich damals so richtig angefühlt, weil ich mich bei ihm einfach sehr aufgehoben fühle schon immer. Ich bin aber auch ein Mensch, der viel Zeit für sich braucht und sich sehr viele Gedanken macht und ich muss zugeben, dass ich damals schon ein paar Zweifel hatte in Bezug darauf, in so jungem Alter schon so einen Schritt zu wagen. Auch mein Bruder und meine Mutter waren gegen die Entscheidung des Zusammenzugs. Natürlich wollte ich es aber trotzdem wagen und hatte große Visionen.
Nun hat die akute Verliebtheitsphase langsam ein Ende genommen und in letzter Zeit kam es es überwiegend zu Unannehmlichkeiten, trotz der Liebe zwischen uns. Mein Freund studiert ein sehr zeitintensives Fach, hat gerade seine Bachelorarbeit geschrieben und ich habe Semesterferien und nichts zu tun außer ab und zu Arbeit. Ich lese sehr viel, was für mein Studium förderlich ist und was auch mein Plan war für die Ferien. Ich komme aber zunehmend mit mir nicht mehr klar. Ich mache kaum Dinge für mich selbst und wenn ich sie tue, mache ich sie halbherzig und bin doch nicht wirklich zufrieden. Ich fühle mich irgendwie nicht mehr wie ich selbst, habe das Gefühl, meine Identität zu verlieren. Mein Freund gibt mir sehr viele Freiheiten und will auch, dass ich mein eigenes Ding mache. Ich bin auch eigentlich ein offener, freiheitsliebender Mensch, der auch gerne mal für sich alleine ist. Ich gehe gerne tanzen, setze mich auch mal alleine in den Park zum Lesen etc. Jedoch konnte ich es in der Vergangenheit ganz schwer akzeptieren, so viel alleine machen zu müssen, da mein Freund wenig Zeit hat. Es ist für mich schwer in Worte zu fassen, was meine konkreten Probleme sind, aber ich fühle mich sehr einsam in letzter Zeit und ich verstecke mich sehr in der Wohnung hier und ziehe mich zurück. Wenn ich mich mit Freundinnen treffe, kann ich auch die Zeit oft gar nicht genießen, sondern schleppe dauerhaft eine latente Unzufriedenheit mit mir rum. Hab jetzt auch ein paar Gespräche bei der Therapeutischen Beratung der Uni gehabt.
Ich glaube mein Hauptproblem ist, dass ich mich emotional abhängig mache und nicht akzeptieren kann, dass wir im Alltag stecken und ich mich manchmal ziemlich alt schon fühle, weil wir uns gar nicht mehr spontan treffen, weil wir uns ja sowieso schon jeden Tag sehen. Der Zauber ist halt hinfort. Mein Freund kann dies nicht nachempfinden, er ist auch nicht der Abenteurer/Entdecker-Typ und ist sehr auf Sicherheit bedacht. Er ist sehr schüchtern und ich habe oft das Gefühl, die aktive Rolle einnehmen zu müssen, was mich auch manchmal nervt. Unsere Interessengebiete gehen auch eher auseinander. Seine starke Schüchternheit überträgt sich auch manchmal auf mich, wenn wir irgendwo sind, und ich das Gefühl habe, er fühlt sich unwohl und wäre am liebsten wieder in der Wohnung. Er meint eben, dass es an seiner Sozialphobie liegt. Er redet auch manchmal nicht so viel und ich denke dann, er hält irgendwas vor mir zurück. Seine Exfreundin hatte mit ihm dasselbe "Problem". Ich will aber gar nicht so viel rummeckern, weil ich selbst momentan sehr schwierig bin und ihn auch so lieb habe und ihn eigentlich nicht verletzen möchte.
Ich rede momentan auch sehr viel mit ihm über die Probleme, er meint, ich solle wieder mehr Dinge für mich tun. Er hat auch Recht damit, aber mein Gott, es fällt mir verdammt schwer, mein Leben zu genießen momentan. Er füht sich total wohl in unserer Wohnung und möchte nichts daran ändern. Ihn verletzt es, wenn ich meine Unzufriedenheit ausspreche. Das engt mich zusätzlich ein und erzeugt in mir ein noch größeres Druck-Gefühl, weil ich ihn nicht enttäuschen möchte und ihn nicht traurig sehen möchte. Ich bin sehr verzweifelt. Was sagt ihr zu meiner Situation? Hoffe, dass sich irgendjemand durch diesen langen Text gekämpft hat :FOU: