Hallo
Ich habe mich nach 13 Jahren Beziehung entschieden, Schluss zu machen. Nun habe ich das noch nie getan und brauche ein wenig Hilfe, deshalb möchte ich für einen Brief, den ich ihm geben will, zuerst ein bisschen Feedback einholen. Wäre nett, wenn sich der/die eine oder andere die Mühe einer Einschätzung machen würde. Ausserdem weiss ich nicht, ob ich dableiben soll wenn er den Brief liest. Zur Vorgeschichte: Mein Partner ist Alkoholiker, er war es wohl immer schon. Zum ersten Mal von ihm trennen wollte ich mich schon als ich vor 10 Jahren schwanger war, brachte es aber nicht übers Herz, weil er eine ziemlich heftige Vorgeschichte hatte und ich ihm sein Kind nicht "wegnehmen" wollte. Wir hatten eine sehr schwierige Zeit, und ich habe alle meine früheren Kontakte abgebrochen, teils um ihn zu schützen (Alkoholismus war bis vor kurzem ein Tabuthema in der Familie), teils weil ich keine Kraft mehr hatte, mich zu verstellen und keine Lust, immer das traurige Liesel zu sein. Jetzt hat er (wieder mal) aufgehört zu trinken und ich bin eines Tages aufgewacht und habe gewusst, dass es vorbei ist. Schlechtes Timing, aber ich beende es lieber solange er clean ist. Und mit möglichst wenig Schaden. Hier der Brief:
Hey
Weiss nicht wie ich's sagen soll, deshalb schreibe ich. Obwohl das auch nicht gut geht. Habe nämlich keinen triftigen Grund, trotzdem bin ich mir sicher. Ich möchte dich freilassen. Ich weiss nicht wieso gerade jetzt und wie weiter und ich weiss überhaupt nichts, ausser dass ich nicht an deiner Seite alt werden möchte und dass es für uns alle drei an der Zeit ist, ein bisschen glücklich zu werden. Wir haben viel durchgemacht, es sind viele ausgesprochene und unausgesprochene Dinge zwischen uns, und es ist zu spät, diese geradezubiegen. Wenn ich nicht denken würde, dass es auch für dich besser wäre und dass du das auch schon länger so möchtest, würde ich diesen Brief wohl nie schreiben.
Falls du auch so fühlst, können wir jetzt über die praktische Lösung reden. Falls du das jetzt gerade nicht verstehst, versuche ich ein paar Gründe aufzuzählen: Sex; wir haben seit mindestens 10 Jahren nicht mehr miteinander geschlafen, wenn du nüchtern warst und das fühlt sich abgrundtief scheisse an, das will ich definitiv nicht mehr. Freundschaft; Wir sind nicht füreinander da, und ich für meinen Teil brauche manchmal eine Schulter zum Anlehnen und will nicht abgewiesen werden, wenn ich für jemanden da sein will, den ich lieb habe. Liebe; du hast vor ein paar Wochen gesagt, dass du jetzt verstehst, was ich vor etwa 6 Jahren mal erzählt habe, diese Gefühlsleere das hat mir ein wenig Angst gemacht und war ein Auslöser für meinen Entschluss wir sind beide noch nicht zu alt, um neu anzufangen, aber dazu müssen wir frei sein. Wichtigster Grund: Für Erik ist die momentane Situation sehr ungesund, er bekommt ja mit, wie unglücklich wir sind.
Ich von meiner Seite aus habe es nicht eilig mit der räumlichen Trennung, wir können also von mir aus in Ruhe die bestmögliche Lösung für Erik und dich und mich suchen und die Wohnsituation vorerst so belassen.
Ich habe die Hoffnung, dass wir das mit der Freundschaft hinbekommen; ich möchte nämlich wirklich für dich da sein. Ich meinerseits muss meine Freundschaften neu aufbauen, damit auch jemand für mich da ist, wenn ich Hilfe brauche. Ich will mich nicht mehr verkriechen wenn es mir schlecht geht.
Was ich mir wünsche, ist Offenheit. Ich denke, wir lähmen uns gerade gegenseitig, vielleicht aus Angst zu verletzen oder einfach aus Gewohnheit. Ich fange mal an: Vor zwei Monaten habe ich mich entschlossen, mich zu verlieben. Erstmal um zu sehen, ob ich das noch kann. Ich konnte. Habe mir jemanden ausgesucht, bei dem nichts passieren kann, da ich vorerst keine Beziehung will und weil ich dich nie betrügen würde du kennst ja meine Prinzipien, wenn es um Beziehungen geht. Ich weiss, eigentlich habe ich, wenn auch nicht physisch, mich gerade bewusst darüber hinweggesetzt, aber ich wusste mir nicht anders zu helfen zu diesem Zeitpunkt. Ich brauchte dringend gute Gefühle, um nicht durchzudrehen, und das war, wie ich fand und immer noch finde, eine gute Lösung.
Wenn du bist hierhin gelesen hast, ohne wütend zu werden, könnten wir vielleicht reden Wenn nicht, werde ich dich ein wenig alleine lassen. Du kannst aussuchen, wer von uns geht.
Betreffend Erik: Wir können, falls du mir immer noch nicht vertraust, das gemeinsame Sorgerecht beantragen. Das wollte ich schon immer und das weisst du auch, weil ich es dir unzählige Male gesagt habe. Trotzdem hatte ich immer das Gefühl, du hast deswegen den Schritt nicht getan, den ich jetzt gerade tue. Ich will eine für uns faire und für Erik gute Lösung. Wir werden immer verbunden sein, ich hoffe, wir finden die bestmögliche Art es zu sein.