Hallo Leute,
das ist mein erster Beitrag im Forum, entschuldigt mich also, wenn ich irgendwelche Fehler mache.
Ich habe meine Freundin im Studium vor 4.5 Jahren kennengelernt. Wir hatten anfängliche Schwierigkeiten, weil sie eine extrem zurückhaltende Person ist. Händchen halten in der Öffentlichkeit? Auf keinen Fall! Freunden und Kommilitonen sagen, dass wir eine Beziehung führen? Von wegen! Alles musste verheimlicht werden, in der Öffentlichkeit waren wir nur normale Freunde.
Das hat mich manchmal sehr wütend gemacht, weshalb wir auch sehr oft Streit hatten. Trotzdem habe ich die meiste Zeit darüber hinweggesehen, dass wir in der Öffentlichkeit eben "nur" Freunde sind.
Nach einigen Monaten hat sich das aber geklärt, endlich haben wir Händchen gehalten, wenn wir unterwegs waren, trotzdem durfte es niemand erfahren, den wir kannten.
Durch das Studium war sie öfters bei mir, weil ich näher an der Uni gewohnt habe. "Daheim" war sie eine ganz andere Person, als draußen. Wir hatten viel Spaß gemeinsam, hatten gemeinsame Hobbies gefunden und es lief alles gut.
Nach und nach "öffnete" sie sich und wir haben uns sogar in der Öffentlichkeit geküsst, was in meinen Augen ein echter Fortschritt war.
Bevor ich den nächsten Absatz schreibe, möchte ich erwähnen, dass ich in einer muslimischen Familie aufgewachsen bin und sie in einer katholischen. Religion ist für mich eher eine Nebensache, ich glaube an einen Gott und all die Propheten, fühle mich aber keiner Religion zugeordnet.
Sie hingegen ist streng katholisch und Religion spielt für sie eine große Rolle in ihrem Leben, was ich total in Ordnung finde!
Während wir also gemeinsam das Studium Semester für Semester studieren und nebenbei schon fast miteinander leben, kommen immer wieder Fragen bezüglich der Religion auf. Ihrerseits. Mir ist es ja egal! "Willst du dich nicht mehr mit dem Christentum beschäftigen?" fragt sie mich. "Klar", sage ich und kaufe mir eine Bibel, die wir gemeinsam durchlesen. Wir haben es bis heute nicht durchgeschafft, aber wir haben viel drin gelesen.
Als ich ihr die Frage stellte, wieso wir uns nicht mit anderen Religionen, wie z.B. dem Islam oder dem Judentum beschäftigen, meinte sie, sie hätte das alles schon mal gemacht und sie hätte ihre wahre Religion für sich gefunden.
Gut für sie, denk ich mir und bin trotzdem traurig, dass wir uns nicht gemeinsam mit anderen Religionen beschäftigen, sondern nur mit dem Christentum.
Wir haben Urlaub in einem Land gemacht, in dem die Mehrheit der Bevölkerung muslimisch ist. Als wir in einer Moscheebesichtigung waren, ist mir aufgefallen, dass sie ganz anders war. Ohne Scheiß, ich hab Angst gehabt. Sie war nicht mehr sie selbst, sie hat so eine Art Leere in den Augen gehabt und irgendwelches Zeug über Jesus geredet. Ich hab ihr gesagt, dass sie mir Angst macht und dass sie damit aufhören soll, aber sie hat mich nicht beachtet.
Die Sache habe ich aber schnell wieder vergessen, als wir wieder in den Alltag zurückgekehrt sind. Erneut ging die Diskussion mit der Religion los. "Willst du nicht Christ werden?". Erst mal ein Schock für mich, weil ich nicht weiß, was ich sagen soll. Wir haben darüber geredet und als sie mir in Tränen berichtet hat, wie toll die Religion ist, konnte ich nichts mehr tun und habe gemeint, ich würde mich mehr mit der Religion auseinander setzen. Also sind wir inzwischen auch Sonntags in die Kirche gegangen. Hierzu muss ich sagen, dass mir das überhaupt nicht gefallen hat, weil da weniger Predigten waren, sondern mehr politische Themen abgearbeitet wurden. Ich habe mich nicht gefühlt, als wären gläubige Menschen vorne. Das hat dazu geführt, dass ich erste Abneigungen gegenüber der Religion entwickelt habe. Trotzdem wollte ich mein Wort nicht brechen und habe versucht, alles objektiv zu betrachten.
Irgendwann hab ich gemerkt, dass es immer schwieriger wird. Ich habe Probleme bekommen, mich in die Religion einzuarbeiten. Wo fang ich an? An wen wende ich mich, wenn ich fragen habe? Wie lebt man so als Christ? usw usw. Ich habe diese Fragen meiner Freundin gestellt, die gemeint hat, sie könne mir nicht helfen und ich soll mir andere Leute suchen, die mir diese Fragen beantworten. Ich hab mich zu dem Zeitpunkt gefragt, ob sie überhaupt wirklich Christin ist, wie sie ständig behauptet.
Es kam der Zeitpunkt, an dem wir das Studium beendeten und sie in eine andere Stadt zog, um eine Arbeit zu finden. Also führten wir 1.5 Jahre lang unsere Beziehung als Fernbeziehung weiter, haben uns aber sehr häufig getroffen, weil sie zum Glück nicht allzuweit weggezogen ist.
Wir hatten sehr viel Spaß und waren sehr glücklich miteinander. All die Probleme, die wir hatten, schienen sich von selbst geklärt zu haben und ich habe gemerkt, dass das Arbeiten sie total verändert hat. Sie ist bei weitem nicht mehr die Person, die kein Selbstvertrauen mehr hat, sondern eine viel stärkere Frau, die ich anfangs kennengelernt hatte. Ich habe mich praktisch neu in sie verliebt.
Innerhalb dieser 1.5 Jahre ist sie in der Stadt nochmal umgezogen, damit sie es näher zu ihrer Arbeit hat. Ich habe ihr beim Umzug geholfen. Wir haben die gesamte Wohnung tapeziert und hatten so viel Spaß zusammen.
Am letzten Tapezier-Wochenende sollte alles anders kommen. Wir haben die Wohnung zu Ende tapeziert und sie hat gemeint, dass sie mir etwas zu sagen hätte ("oh oh!") und dass es mir womöglich nicht gefallen würde. Wir haben uns hingesetzt und sie hat gemeint, dass das mit uns nicht klappt und dass sie nicht mit einem nicht-christen zusammenleben kann, geschweige denn heiraten. Innerlich habe ich gekocht vor Wut, weil ich sie so intolerant gefunden habe, aber habe nichts gesagt.
Ich würde ihr nicht mehr gefallen, sie würde mich nicht mehr lieben, sie hat sich in einen anderen Mann verliebt, dann ist sie in Tränen ausgebrochen, was mir persönlich das Herz in Stücke gerissen hat [ich kann keine Frau weinen sehen =(( ] und nochmal das Thema Christentum aufgegriffen. Ich würde mich ja nie damit beschäftigen, ich suche keine Nähe zu den Leuten und wolle gar kein Christ werden und dass es so auf keinen Fall weitergehen würde.
Ich wollte sie auf gar keinen Fall verlieren! Ich habe sie geliebt, stärker als eine andere Person je zuvor (sie ist meine erste und einzige Freundin, hatte mich aber davor öfter unglücklich verliebt^^), also habe ich vorgeschlagen, dass wir mal einen Monat lang eine Beziehungspause einlegen sollen mit bestimmten Bedingungen. Absolut kein Kontakt war eine davon.
Sie war damit einverstanden und hat auch gemeint, dass wir auch danach gemeinsam in Urlaub gehen können (damals hat sich die Idee noch super angehört), also haben wir uns darauf geeinigt, einen Monat keinen Kontakt zu haben und danach in Urlaub zu fliegen.
Während der Pause verging kein Tag, an dem ich nicht an sie gedacht hab. Jeden Tag habe ich an sie gedacht und ich hasse mein Gehirn dafür, dass es mir nur die schönen Seiten der Beziehung in Erinnerung gebracht hat. Wir hatten durchaus mehr schlechtere Erlebnisse als gute (Wir hatten sehr sehr sehr oft Streit über die kleinsten Sachen).
Gegen Ende der Pause habe ich gemerkt, dass mein Leben auch ohne sie weitergehen kann. Ich habe mich gewundert darüber, wie schnell ich über sie hinweggekommen bin. Ich hatte die meisten Gefühle ihr gegenüber verdrängt. Wieso soll ich meine Persönlichkeit wegen ihr ändern? Dann bin ich doch nicht mehr derjenige, den sie mal kennengelernt hat. Wird sie später wieder irgendwas an mir finden, was sie bemängeln kann? Wird sie je eine lange Zeit lang mit mir glücklich sein? Wieso akzeptiert sie mich nicht so, wie ich bin? Wieso muss ich mich ändern für sie???
Doch es kam der Tag (gestern), an dem wir uns wiedergesehen haben und die Pause vorbei war. Als ich sie gesehen habe, hab ich es sofort bereut, dass wir damals schon nicht Schluss gemacht haben. Sie war einfach unbeschreiblich schön! Dieses Lächeln, diese Augen, dieses Gesicht.
Sie war auch ganz anders zu mir, total glücklich und schon euphorisch, mich wiederzusehen. Meine neulich gebildete Gleichgültigkeit ihr gegenüber hat sich verkrochen und die alte Liebe ist wieder zum Vorschein getreten.
Liebe Leute, ihr habt gut durchgehalten bisher und ich komme so langsam zum Ende meines Abenteuers. Ich möchte definitiv Schluss machen mit ihr. Es hat keinen Sinn, diese Beziehung weiterzuführen, in der wir beide nur scheinglücklich sind. Sie ist unglücklich, dass ich nicht katholisch bin und ich bin uglücklich, dass sie nicht tolerant genug ist, mich zu akzeptieren, wie ich bin. Ich habe festgestellt, dass ich keine Probleme habe, ihre Religion anzunehmen aber ich hab ein gewaltiges Problem damit, dass sie mich dazu zwingt. Solange sie mich so akzeptiert, wie ich bin, würde ich die Religion annehmen. Aber der Fall wird wahrscheinlich nie eintreten.
Heute ist der Tag nach unserem wiedersehen und wir bereiten uns auf unseren Urlaub vor. Ich habe mir fest vorgenommen, mir nichts anmerken und sie den Urlaub genießen zu lassen. Sie soll nicht traurig sein. Ich merke, dass sie noch total in mich verliebt ist. Sie will ständig meine Nähe haben, was sie vorher extrem selten gemacht hat. Sie hat sich hübsche Kleidung wegen mir gekauft (hat sie zugegeben). Sie gibt sich Mühe, eine bessere Freundin zu sein.
Und das ist einer der Gründe, wieso es mir so schwerfällt, mit dem Gedanken "Schluss machen" umzugehen. Sie bemüht sich! Das hat sie früher nicht gemacht. Immer war ich derjenige, der die Beziehung aufrecht erhalten hat. Wenn es nach ihr ginge, hätten wir schon mehr als dreimal Schluss gemacht (sie geht zu fahrlässig mit dem Begriff "Schluss machen" um).
Ein weiterer Grund, wieso es mir sehr schwerfällt, Schluss zu machen ist: Was wird aus ihr? Sie ist wieder diese schüchterne, zurückhaltende Person, die ich einst kennengelernt habe. Ich möchte, dass sie eine glückliche Beziehung nach mir hat! Ich bin ihr erster Freund gewesen und ich befürchte, dass ich der letzte sein werde. So wie ich sie kenne, wird sie sich nicht mehr in eine Beziehung trauen, weil es ihr sehr schwer fällt, neue Leute kennenzulernen. Das stimmt mich sehr traurig und macht mir die ganze Sache sehr schwer! Der Gedanke, sie würde für den Rest ihres Lebens alleine bleiben, erschreckt mich und bringt mich ehrlich gesagt zum weinen. Ich möchte auf keinen Fall, dass sie alleine bleibt. Vor allem, weil ich sehe, wie chaotisch ihr leben nach nur einem Monat "Trennung" aussieht. Nichts stimmt mehr, nichts ist von der starken Frau geblieben, in die sie sich verwandelt hat. Dieser eine Monat hat ihr Leben zerstört. Was wird aus ihr, wenn ich sie verlassen habe?
Ein Teil von mir will sie nicht verlassen, weil ich gemerkt habe, wie sehr ich sie noch liebe. Aber der realistisch bleibende Teil von mir sagt, es wird nie gut gehen mit uns. Es wird einfach nicht klappen, sie hat eine ganz andere Vorstellung von unserer Zukunft.
Ich habe zwei Tage Zeit, danach gehts in den Urlaub. Liebe Community, bitte helft mir. Ich bin am verzweifeln. Ständig vergiesse ich Tränen, weil ich nicht möchte, dass sie alleine bleibt! Ich weiß nicht weiter :(
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Beim Durchlesen habe ich gemerkt, dass der Text meine Freundin praktisch mit einer Bestie vergleicht. Nein, natürlich ist es nicht so. Sie hat ihre guten Seiten. Ich habe einige ihrer schlechten aufgezählt, um zu zeigen, was mich so beschäftigt. Sie hat mir immer schöne Geschenke gemacht, sie war ständig lieb zu mir, sie hat sich um mich gesorgt, wenn es mir nicht gut ging. Nur die Sache mit der Religion stört mich am meisten an ihr.
Auch ist mir aufgefallen, dass ich wie ein unschuldiges Lamm aussehe, laut dem Text. Ich habe auch meine Macken, mir fällt es z.B. schwer meine Gefühle (in echt) zu zeigen oder während der Fernbeziehungsphase mal das Telefon zu nehmen und sie anzurufen. Ständig hat sie mich angerufen.
Bitte urteilt nicht über unsere persönlichkeiten nur anhand des Textes! Danke =)