Hallo, liebe Community,
ich bin sehr unglücklich darüber, wie sich die anfängliche Liebe zwischen meinem Freund und mir entwickelt hat.
Kennengelernt haben wir uns im September 2016 auf dem Geburtstag meiner Kollegin.
Ich (44) fühlte mich wahnsinnig geschmeichelt, von einem Mann wie ihn umgarnt zu werden. Er ist zwar schon 61, punktete bei mir aber sofort mit seiner offenherzigen und humorvollen Art und seinem Charme. Auch fand ich ihn sehr attraktiv mit seiner sportlichen Figur und seinem graumelierten Haar.
Wir wurden also ein Paar und am Anfang war alles wunderschön. Er verwöhnte mich, lud mich oft zum Essen ein, schenkte mir Blumen und Parfüm, war zärtlich. Auch führten wir oft tiefgründige Gespräche, was ich bei meinen Ex-Freunden immer vermisst habe. Da störte es mich wenig, dass ich sehr bald gewisse Macho-Allüren an ihm entdeckte. Er erwartete z.B., dass ich immer Frühstück machte, wenn ich bei ihm übernachtete, mal sauber machte, wenn seine Putzfrau etwas übersehen hatte. Für ihn war es schon immer wichtig, im Haushalt keinen Finger krumm zu machen, denn das ist für ihn Frauensache. Er hatte immer eine Putzfrau, da er sein ganzes Leben nach dem Auszug aus dem Elternhaus allein gelebt hat. Er hatte ca. 30 Jahre eine Lebensgefährtin, die aber vor ein paar Jahren verstorben ist und mit der er eine Wochenendbeziehung geführt hat.
Seit einigen Monaten kracht es aber nun öfter mal zwischen uns.
Mein Freund wirft mir ständig meine finanziellen Verhältnisse vor und dass ich nichts aus meinem Leben gemacht habe. Er sagt mir in solchen Situationen, dass ich nicht dumm, aber lahmarschig bin. Wenn ich meinen Hintern hochbekommen hätte, hätte ich es beruflich zu mehr bringen können.
Ich habe einen Bürojob und verdiene wirklich nicht viel (ca. 1200 Euro netto). Doch ich war zwischendurch auch mal eine Zeit lang arbeitslos und war froh, wieder einen Arbeitsplatz gefunden zu haben. Für mich und meine Bedürfnisse hat das Geld immer gereicht. Auch in anderen Jobs habe ich nicht mehr verdient. Ich habe eine schön eingerichtete Dachgeschosswohnung mit Blick ins Grüne vom Balkon aus. Ich habe einen Kleinwagen und genug Kleidung, wenn auch keine besonders teure. Ich habe fast jedes Jahr 2 Wochen Urlaub im Jahr gegönnt, vor allem in Südeuropa.
Doch mein Freund hat andere Ansprüche und spricht daher sehr geringschätzig über mein Leben. Dass ich mir nicht viel leisten kann und viel ehrgeiziger hätte sein müssen.
Er ist selbständig und leitet ein kleines Unternehmen mit 7 Mitarbeitern. Er wohnt im eigenen Haus mit einer Größe von über 200 qm. Außerdem besitzt er ein Ferienhaus in der Toskana, das er von seiner Lebensgefährtin geerbt hat. Außerdem fährt er einen Mercedes, alt, aber in einem top Zustand.
Zuerst habe ich ihn dafür sehr bewundert, was er sich geschaffen hat, denn er stammt aus einer einfachen Familie und hatte von seinern Eltern keine Unterstützung.
Er redet oft von einer jungen Mitarbeiterin, die es seiner Meinung nach mal weit bringen wird. Mit dem Vorwurf an mich, dass sie aus einer Arbeiterfamilie stamme, im Gegensatz zu mir. Sie sei viel cleverer als ich und wüsste das Leben anzupacken - auch im Gegensatz zu mir. Das hat mich natürlich sehr verletzt!
In letzter Zeit kam es auch öfter zum Streit, wenn ich bei ihm übernachtete. Er warf mir vor, überhaupt nicht auf seine Kosten zu achten. Ich würde zu lange duschen, einfach mal in einem Zimmer das Licht anlassen oder die Heizung zu hoch aufdrehen.
Ich sprach ihn schließlich darauf an, was das soll, da er nun wirklich nicht arm sei.
Ja, und dann kam vor einer Woche die Wahrheit raus, wie es wirklich um ihn steht. Seine Firma steht kurz vor der Insolvenz. Er hat teilweise Mühe, überhaupt seine Mitarbeiter bezahlen zu können. Die private Krankenversicherung hat ihn vor kurzem rausgeschmissen, man hatte vom Ordnungsamt gedroht, sein Autokennzeichen abzumontieren, da er die Autoversicherung nicht bezahlt hatte, täglich trudeln Mahn-und Vollstreckungsbescheide ein.
Das schlimmste ist: er hat schon lange die Raten fürs Haus nicht mehr bezahlt. Das Haus sollte schon im letzten Jahr zwangsversteigert werden, was er gerade noch abwenden konnte. Es steht jetzt unter Zwangsverwaltung.
Zur Zeit hat mein Freund auch wohl keinen Plan, wie er jemals wieder die Raten plus Zinsen zur Tilgung der Hypothek aufbringen soll! Er steht inzwischen mit rund 300.000 Euro in der Kreide bei einer Bank, die im Grundbuch eingetragen ist!
Einen Tag später, nachdem er mir dieses Desaster offenbart hat, setzte er noch eins drauf. Er hat noch Schulden bei einer anderen Bank. In welcher Höhe wollte er mir nicht sagen. Da laufen zur Zeit Verhandlungen wegen eines Vergleichs.
Ebenso droht sein bester Freund ihm, die Freundschaft zu kündigen, weil er bis heute das verliehene Geld nicht zurückbekommen hat. Auch da weiß ich nicht, um wieviel es sich handelt.
Kurz gesagt: er steckt bis zum Hals im Schlamassel!
Ich fragte ihn, wie er da jemals wieder rauskommen will und warum er nicht längst das Haus in der Toskana verkauft hat. Er schrie mich daraufhin an, dass ich sicher die Letzte wäre, die das verstehen könnte. Aber seine verstorbene Partnerin wäre seine große Liebe gewesen und das Haus stecke für ihn voller wunderschöner Erinnerungen. Wie glücklich sie da zusammen gewesen sind.
Wieder mal gab es mir einen Stich ins Herz.
Er gibt mir jetzt zu verstehen, dass ich im Grunde eine Versagerin bin. Ich sei jemand, von dem er nichts zu erwarten habe und die es nie zu etwas bringen würde.
Gestern kam es zum großen Eklat und ich sagte, dass es mit seinem beruflichen Erfolg doch auch nicht weit hergewesen sein könnte, wenn er sich so hoch verschuldet habe. Er war so wütend, wie ich ihn noch nie gesehen habe. Ich hätte ja von nichts eine Ahnung, so weltfremd wie ich sei! Er und seine Partnerin hätten jede Menge Geld gescheffelt, für das sie auch hart gearbeitet haben. Genauso gern haben sie es aber auch ausgegeben für teure Autos, Fernreisen, etc. Da könnte ich nicht mitreden. Auch hätte er viel Geld in die besten Behandlungen bei renommierten Ärzten investiert, als sie an Krebs erkrankt war. Ich wüsste doch gar nicht, was Liebe ist!
Wir haben übrigens auch keinen gemeinsamen Bekanntenkreis.
Mein Freund geht freitags abends meistens zum Stammtisch. Dort treffen sich Männer und Frauen. Er hat mich nie mitgenommen, weil er meinte, ich passe da nicht hin. Es kämen auch fast nur Leute in seinem Alter.
Ich selbst habe nur 2 Freundinnen, mit denen ich mich alleine treffe, weil mein Freund mit den beiden nichts anfangen kann. Er hat sie an meinem Geburtstag kennengelernt.
Ich habe heute fast den ganzen Tag nur geweint. Er hat sich auch nicht bei mir gemeldet.
Ist das jetzt das Ende?
Ich liebe meinen Freund doch und würde ihm so gern helfen, aber ich habe die Möglichkeiten nicht! So gern würde ich ihm auch beweisen, dass auch ich nicht nutzlos bin und für ihn da sein möchte in der ganzen Misere.
Nur: lohnt es sich überhaupt, darüber nachzudenken? Hat er überhaupt Gefühle für mich?
Bitte entschuldigt den langen Text, aber ich musste mich mal ausheulen.