Lieber Markus,
es hat mich sehr berührt wieviel Mühe du dir gibst und wieviel Liebe in deinen Zeilen für sie und den kleinen Zwerg herauszulesen sind. Keine Ahnung ob ich dir weiterhelfen kann, aber ich denke ich kann deine Herzliebste auch ein bisschen verstehen.
Ich bin auch alleinerziehend und aus ner sehr langen Beziehung ausgestiegen. Anfangs bin ich zu meiner Schwester gezogen und war erst sehr froh, jemanden da zu haben und nicht alles alleine bewältigen zu müssen. Aber dann hab ich gemerkt, dass ich wirklich auch Zeit für mich alleine brauche, am besten ne eigene Wohnung, einfach um zu mir selber zurückzufinden, meine eigenen Dinge tun zu können ohne dass mir einer reinredet. Ich weiß es war total wichtig dass ich auch mal Luft und Zeit nur für mich selber habe. Also hab ich mir letztes Jahr ne eigene Wohnung genommen.
Nur leider kam dann mein jetziger Freund in mein Leben geplatzt, ungeplant und eigentlich auch ungewollt, weil ich eigentlich noch gerne länger alleine geblieben wäre. Ich hab keinen Ersatzvater gesucht und keinen festen Partner, ich war noch lang nicht soweit mich wieder auf einen Mann so nah einzulassen, aber die Gefühle waren natürlich stärker und er hat total darum gekämpft mit mir zusammenzukommen. Er wollte auch jede Sekunde mit mir verbringen, hat sich daer auch ständig bei mir aufgehalten und jede Nacht bei mir geschlafen. Weil ich verliebt war fand ich das ja auch total schön, aber andererseits war ich auch nie allein. Er hat sich auch sofort sehr viel um meinen Sohn gekümmert und die beiden hatten von Anfang an nen sehr guten Draht zueinander. Einerseits war ich sehr froh darüber, war für mich ja sehr entlastend, für meinen Sohn war es toll weil er ja keinen Vater hatte, andererseits hatte ich ein blödes Gefühl, da mir alles irgendwie zu schnell zu eng wurde, falls du verstehst was ich meine. Ich hätte es lieber gehabt, wenn ich meinen Sohn hätte aus unserer Geschichte raushalten können.
Er hat auch gleich schon Zukunftspläne mit uns geschmiedet, das wollte ich auch überhaupt nicht. War doch froh endlich aus der alten Geschichte raus zu sein.
Da er mittlerweile seine Wohnung verloren hat, musste er bei mir einziehen, bis er ne neue hat. Da hab ich sehr schwer mit mir gekämpft, aber ich wollt ihn natürlich auch nicht auf der Straße lassen. Überall sind jetzt seine Sachen, seine Möbel, ich hab nirgendwo mehr Platz und nen Rückzugsort für mich (also eher seelisch als räumlich gemeint). Ich hab ihn gebeten schnellstmöglich wieder auszuziehen und er denkt ich will ihn loswerden. Dabei hat das eine mit dem anderen überhaupt nix zu tun.
Also ich merk genau ich brauch auf jeden Fall Freiraum, den ich früher bei meinem Ex nicht wollte, der mir aber sicherlich auch damals sehr gut getan hätte.
Hab auch jahrelang unter Streß und Druck gestanden, da gerade in den ersten Jahren es total anstrengend war mit dem Kleinen, man hat wirklich fast nie Zeit sich zu erholen oder mal was für sich zu tun. Zumal wenn der liebe Vater sich nie um sein Kind kümmert. Dann kam eben die Trennung von meinem Ex und ständig war irgendwas Neues. Bis heute denk ich mir bräucht ich dringend mal nen paar Wochen Urlaub im Süden oder so, am besten auch mal ohne Kind. Einfach nur mal wieder man selber sein, nicht nur Muttertier und Partnerin, sondern auch mal wieder einfach Frau und Mensch ohne Anhang.
An manchen Abenden kann ich es kaum erwarten bis mein Kleiner im Bett ist. Dann hätt ich gern mal Zeit um in Ruhe zu lesen oder so. Aber wenn mein Freund da ist dann fühl ich mich manchmal wie ne Ratte im Käfig. Er sieht fern und ich hab keine Lust dazu, es stört mich. Oder er legt ne CD rein und ich hab keine Lust die Musik zu hören. Oder er sitzt am PC und ich wollte da eigentlich ran. Natürlich hat er dann auch das Gefühl dass er stört, obwohl ich mich ja grundsätzlich freue dass er da ist.
Er kocht zum Beispiel auch total gerne für uns, aber auch das will ich oft nicht, ich will einfach nicht dass er einen auf Familie macht. Als mein Sohn mal zu ihm Papa gesagt hat war ich auch total hin- und hergerissen zwischen Glücksgefühl und Widerwillen.
Bin jetzt schon manchmal einfach ne Runde aus dem Haus gegangen und hab beide in meiner Wohnung sitzen lassen weil mir alles zuviel wurde. Ich meine, es ist MEINE Wohnung, aber sie ist besetzt von Kind und Freund. So kommt's mir zumindest manchmal vor.
Auch wenn das jetzt vielleicht ein bischen lieblos von mir klingt, das ist nicht so, ich hänge an beiden total, mein Kind geht mir auch über alles und er steht auch immer an erster Stelle und ich tu auch alles für ihn. Aber lange Phasen über ist es eben so, dass man nie zur Ruhe kommt.
Gestern zum Beispiel, mein Sohn steht auf und heult und schimpft wie am Spieß weil er seine Schulbücher nicht findet. Das hat mich geweckt und ohne Anlaufphase war ich gleich im neuen Tag als hätte mich jemand wachgeprügelt. Er fand die Bücher nicht und wollte deshalb partout nicht in die Schule. Ich musste aber früh im Büro sein und es war einfach nur aufreibend, gleich nach dem Aufstehen so nen Stress zu haben. Ich hab zwei Stunden gebraucht um ihn in die Schule zu kriegen und war letztlich dann erst um zehn im Büro, wo die Kollegen schon mit dringenden Sachen auf mich gewartet haben. Zwei Kolleginnen krank und Arbeit ohne Ende, den ganzen Tag. Bin nach Feierabend gleich nachhause, hätte dann gerne erstmal nen Bad genommen oder so und entspannt, aber wie soll das gehen ... der Kleine will versorgt werden, man sieht sich ja schon den ganzen Tag nicht und möchte ja auch dann wenigstens am Abend für ihn da sein ... und schlechtgelaunt war er auch immer noch. Um zehn war er dann endlich im Bett, ich total fertig und groggy und dann auch gleich eingepennt. Keine Zeit gehabt was im Haushalt zu machen, und von mir oder meinem Freund hatte ich an dem Abend überhaupt nichts, obwohl ich mir eigentlich vorgenommen hatte, mal wieder so einen richtig schönen Abend mit ihm zu verbringen.
Also was ich dir sagen will ist, gib ihr bitte den Freiraum den sie braucht, es hat sicher nichts mit dir persönlich zu tun! Also nicht im negativ! Aber sie ist dir sicher auch sehr dankbar wenn du dich bei ihrem Kind mit einbringst und ihr da hilfst, damit sie auch mal Atem schöpfen kann.
Versuch's vielleicht ein bisserl lockerer angehen zu lassen. Nach dem was du schreibst liegt ihr an dir schon auch sehr viel, denke mit euch wird es dann sicher auch klappen.
War jetzt auch ziemlich viel von mir aber dein Posting hat jetzt bei mir selbst auch wieder gerade sehr viel aufgewühlt.
Also viel Glück euch beiden(dreien), Glen