Als Erstes möchte ich Stiller alles Gute wünschen. Ein solches Happyend wünscht sich jeder der in einer solchen Situation war oder ist.
Bei mir ist alles viel komplizierter, zum einen weil ich charakterlich noch weit entfernt bin von Stiller und ich einfach nur ein Arsch bin. Aber ich fange am besten von vorn an damit sich jeder Leser ein Bild von mir machen kann und meine Jämmerlichkeit als schlechtes Beispiel nutzen kann.
1990 lernte ich meine (Noch-) Frau kennen. Damals war sie gerade schwanger und wurde von ihrem Freund sitzen gelassen. Ich denke die wenigsten Männer würden eine Beziehung mit einer schwangeren Frau eingehen, zumal sich schon stark die Konturen dieses Wunders an ihrem Bauch bemerkbar machten. Ich hatte nie ein Problem damit. Im Gegenteil. Allerdings dachte ich beim ersten Treffen auch nicht, dass ich irgendwie eine Chance hätte. Diese Frau war (ist) einfach zu gutaussehend um mit einem wie mir etwas anzufangen.
Heute denke ich manchmal, dass sie mich lieber abblitzen lassen hätte, dann wäre ihr viel erspart geblieben. Aber in den nächsten Jahren passierte noch so viel unglaublich schönes, dass ich froh bin, dass sie es nicht getan hat.
Aber leider fingen schon hier (1990) meine fatalen Fehler schon an. Vielleicht hatte ich Angst vor dieser Beziehung, vielleicht hatte ich Angst enttäuscht zu werden oder ich war einfach nicht in der Lage eine richtige Liebesbeziehung aufzubauen. Nun, ich glaube der letztere war wohl der Grund. In einer Beziehung, gerade zu Anfang, öffnet man sich seinem Partner. Wer das nicht tut wird für den anderen immer ein Rätsel sein und das hat zur Folge, dass man sich immer irgendwie fremd ist. Ich, und meine Frau allerdings auch, habe mich nur bis zu einem gewissen Maß geöffnet. Wahrscheinlich nur damit ich weniger verletzbar war. Jedenfalls war meine Frau immer darum bemüht diese Beziehung aufzubauen und sie zu festigen.
In den folgenden Jahren geschahen dann vier Dinge, die unser ganzes Leben verändern sollten. Das eine und auch das einzig schöne war, dass mein Sohn mich vergöttert hat. Er war und ist es unverständlicher Weise heute immer noch und er ist sehr stark auf mich fixiert. Warum ich hier schreibe unverständlicher Weise möchte ich später darlegen, wenn ich beschreibe warum ich ein Arsch bin.
Die zweite Veränderung und gleichzeitig auch die schlimmste war meine immer stärker werdende Alkoholsucht. Diese widerliche Alkoholsucht in Verbindung mit einer krankhaften Eifersucht (Veränderung drei) mussten zwangsläufig dazu führen, dass unsere Beziehung mit großen Schritten den Bach runter ging. Hinzu kam die Beziehung meiner Frau zu ihrer besten Freundin, die ich immer als Feind und Zehrstörerin unserer Beziehung gesehen habe. Heute weiß ich, dass ich die Schuld immer bei anderen gesehen habe und nicht bei mir selbst. Eine gute Freundin will sicherlich nur helfen. Allerdings ist es nicht so einfach und eindeutig wie es scheint. Denn diese Freundin hat etwas womit sie meine Frau unheimlich beeinflussen kann. Gut, das hat mein bester Freund auch. Gott sei Dank. Es gab und gibt Situationen wo ich von ihm beeinflusst werde, weil es einfach gut für mich und mein Umfeld ist. Bei der besten Freundin meiner Frau ist es da schon etwas anders. Sicherlich wird sie ihr immer raten die Beziehung zu beenden oder etwas neues anzufangen, nur um ihr ein wenig Sicherheit und Wohlgefühl zu geben. Normal halt. Aber leider hat diese Freundin in ihrem Leben selbst viel Mist gebaut und heute ist sie an einem Punkt an dem sie selbst unzufrieden ist. Und damit sie nicht alleine leidet führt sie meine Frau in die gleiche Krise. Schlimm ist nur, dass meine Frau immer denkt, sie entscheidet selbst.
Die Veränderung vier resultiert aus der Beziehung meiner Frau zu ihrer Freundin. Um meine Frau auf die gleiche Leidensschiene zu bringen muss natürlich immer ein anderer Mann ins Leben treten. Ich weiß nicht wie viele Männer es waren (von vieren weiß ich allerdings) und ob sie mit jedem sexuell verkehrte, aber ich merkte, dass sie mich immer wieder belog. Und damit wurde und werde ich heute einfach nicht fertig. Mit der Wahrheit kann ich einfach besser umgehen. Ich weiß dann wo dran ich bin, Aber das hat meine Frau bis heute nicht eingesehen.
Nun sei es wie es, aber ihr könnt euch vorstellen wohin das alles führt. Meine Alkoholsucht, krankhafte Eifersucht, nicht fähig eine Beziehung zu führen und belogen zu werden. Es ist aus! Schluss und vorbei. Man trennt sich.
Ich bin dann ausgezogen und wollte / musste mir ein neues Leben aufbauen. Aber jämmerlich wie ich bin, habe ich immer wieder bei ihr angerufen, ihre Nähe gesucht. Mit einer unwahrscheinlichen Ausdauer. Führten unsere Telefonate oder Treffen aber nicht zum erhofften Ziel wurde ich hässlich. Beschimpfungen, Drohungen und heftigste Beleidigungen waren an der Tagesordnung. Während dieser Zeit ging meine Frau eine intime Beziehung zu einem jüngeren Mann ein. Das dieser nebenbei Drogen verkaufte und ich mir Sorgen um meinen Sohn und meine Frau machte interessierte sie nicht. Witziger Weise war zu diesem Zeitpunkt die Beziehung meiner Frau zu ihrer besten Freundin wieder auf ihrem Höhepunkt. Da es in deren Beziehung auch Probleme gab, gluckten die beiden nur zusammen. Und der neue Freund halt.
Mittlerweile sind wir im Jahr 1997 und irgendetwas hat meine Frau dazu bewegt über alles richtig nachzudenken. Wir sprachen uns aus und fingen an unsere Beziehung wieder aufzubauen. Alles lief wunderbar. Meine Frau wurde wieder schwanger und wir heirateten. In einer kleinen Ortschaft mieteten wir uns ein kleines Haus und alles schien perfekt zu sein.
Aber es schien nur so. Tatsächlich war es so, dass ich aus meinen Fehler bis dahin aber auch rein gar nichts gelernt hatte. Ich habe mich immer noch nicht geöffnet und meine Alkoholsucht wurde immer schlimmer. Einzig die Eifersucht konnte ich bis dato ablegen. Die folgenden zwei Jahre haben wir mehr gestritten als genossen. Aber meine Frau stand immer hinter mir. Irgendwann ende des Jahres bin ich dann wieder ausgezogen. Unsere ständigen Streitereien waren nicht zum aushalten. Danach lief unsere Beziehung ein wenig besser. Wir hatten zwar keinen Sex mehr, haben aber alles gemeinsam gemacht. Fünf Jahre lang! Ich weiß zwar nicht ob meine Frau in dieser Zeit andere Bekanntschaften mit Männern hatte, ich glaube es jedenfalls nicht, ich jedenfalls hatte keine Beziehung zu anderen Frauen. Ich brauchte es auch nicht, denn ich hatte ja meine Lieblingsbeschäftigung. Das Saufen!
Wie sehr alle darunter gelitten haben ist mir erst heute bewusst. Aber als Alkoholiker sieht man das nicht. Man sieht auch nicht, dass man sich äußerlich gehen lässt, das man die über alles geliebten Kinder vernachlässigt und das man auf den Besten Weg ist alles zu ruinieren. Im Gegenteil. Ich habe immer öfter und immer mehr getrunken.
Aber es kommt noch schlimmer!
Letztes Jahr Weihnachten gestand mir meine Frau, dass sie sich neu verliebt hat. Sie sagte, die letzten fünf Jahre hat sie alleine mit den Kindern verbracht und möchte nun ein anderes Leben beginnen, weil sie mit 36 Jahren einfach nicht glaubt, dass das alles gewesen sein kann.
Es erübrigt sich wohl zu erwähnen, dass meine Frau die zwischenzeitlich etwas abgeflachte Beziehung zu ihrer Freundin wieder stark aufgebaut hat.
Ich kann mich nicht erinnern, wann ich mich das letzte Mal so schlecht fühlte, hilflos und verlassen vorkam. Ich wollte sie unbedingt zurück! Um jeden Preis! Ich hatte/habe unwahrscheinliche Angst alles zu verlieren. Und es kam wie es kommen musste: Ich trank mehr als zu vor. Und ich fing wieder an meine Stärken offen zu zeigen: Beleidigen und Vorhaltungen zu machen. Nicht nur das. Ich fing an meine Kinder damit hineinzuziehen. Ich setzte sie im besoffenen Kopf dermaßen meiner Jämmerlichkeit aus damit sie dann Mama zur Vernunft bringt. Und deswegen bin ich wie zu Anfang erwähnt ein Arsch. Aber ein richtiges! Allerdings war es mir zu diesem Zeitpunkt überhaupt nicht klar.
Ich war wie von Sinnen. Ich konnte überhaupt keinen klaren Gedanken fassen. Ich wollte nur meine Frau zurück. Jetzt denkt jeder, nach fünf Jahren Trennung will er urplötzlich seine Frau zurück? Ich werde es gleich genauer beschreiben warum es so ist.
Alle haben dann gesagt, dass ich unbedingt psychologische Hilfe brauche, weil ich sonst völlig abrutsche. Das glaubte ich zunächst nicht. Denn ich hatte ja mein Bier. Aber es wurde immer schlimmer. Und merkwürdigerweise, je schlimmer es wurde um so mehr standen alle aber ausnahmslos alle hinter mir. Allen voran meine Frau und meine Kinder.
Ich habe dann Anfang des Jahres eingesehen, dass ich am Ende bin. Aber völlig am Ende. Ich ließ mich zur Entgiftung in die Psychiatrie einweisen. Und da passierte etwas, was mein ganzes Leben verändert wird.
Ich habe dort gesehen wo alles endet. Ich habe Menschen gesehen und gesprochen die das gleiche Leben hatten wie ich es hatte. Mehrfache Trennung vom Partner, Aggressionen, Vernachlässigen der Kinder und immer wieder der Alkohol. Ich habe gesehen wie Menschen am Abgrund ihres Leben stehen, vor Wut weinten, weil sie nüchtern sahen wo sie eigentlich im Leben standen. Entzugsanfälle auf offener Straße hatten oder auch in der Psychiatrie. Teilweise wussten sie gar nicht wo sie überhaupt sind. Immer wieder Gedächtnislücken hatten und für den Moment bereit waren alles zu ändern. Aber nur für diesen Moment. Keiner aber auch wirklich keiner hatte soviel Selbstachtung sein Leben neu zu ordnen und Fehler zu erkennen und nicht zu wiederholen. Ich glaube ernsthaft das jeder von ihnen sich nichts sehnlicher gewünscht hätte diesem Sumpf zu entfliehen. Und dennoch waren die meisten schon zum x-ten Mal dort. Immer wieder sind sie dem Teufel Alkohol in die Falle gegangen. Vielleicht machte es für sie aber auch keinen Sinn mehr neu anzufangen. Sie hatten alles verloren. Ich habe abends in meinem Bett oft geweint und selbst jetzt wo ich diese Zeilen schreibe, weil ich nicht in der Lage war auch nur einem zu helfen. Ich hätte nur zu gerne ein bisschen wieder gegeben was diese Leute mir gegeben haben. Mir war sofort klar: So werde ich nicht enden. Das kann nicht alles sein. Da erwarte ich wie meine Frau etwas mehr vom Leben.
Gott sei Dank habe ich während meines Aufenthaltes meinen Kopf wieder frei bekommen und konnte für mich selbst Bilanz ziehen. Ich hatte noch nicht alles verloren. Im Gegenteil!
Alle standen und stehen immer noch hinter mir. Und wieder allen voran meine Frau und meine Kinder. Mein Arbeitsplatz war auch gesichert und Hilfe bekomme ich von meiner Psychologin und den Selbsthilfegruppen.
Ich möchte hier anmerken, dass ich keinesfalls glaube, dass ich geheilt bin. Das wird noch ein langer Weg. Aber ich habe den Willen, die Kraft und ein Ziel.
Leider ist mein bester Freund auch alkoholabhängig. Leider sage ich deswegen, weil ich ihn zur Zeit einfach gnadenlos ausnutze. Was ich ihm allerdings auch offenbart habe. Denn um so mehr er trinkt desto stärker werde ich. Desto stärker wird mein Verlangen nie wieder zu trinken.
Alles läuft zwar mittlerweile wunderbar und besser als erhofft, nur eine, und für mich mit eine der wichtigsten Sache der Welt läuft nicht mehr: Meine Frau ist verliebt und empfindet für mich nichts mehr. Außer Freundschaft. Nach so vielen Jahren ist es eigentlich ein Wunder, dass ein Gefühl der Freundschaft überhaupt noch da ist. Wir gehen heute super miteinander um und sie ist immer noch für mich da. Trotz des Anderen.
Das ich mit meiner Alkoholsucht noch einmal die Kurve bekommen habe, das alle noch zu mir stehen, mich unterstützen und mir helfen, dazu eine der wundervollsten Frau der Welt an meiner Seite weiß, mehr Glück kann man nicht haben. Ich habe den Jackpott.