Guten Morgen,
im Herbst bin ich nach Hamburg umgezogen. Ich dachte zunächst, es wird schwer, dort Anschluss zu finden. Aber als mehrjähriger Single bin ich das gewohnt, Kontakte aktiv zu knüpfen. Ging alles schneller und besser als ich dachte. Ich habe über die Arbeit eine Frau kennengelernt, bei der ich von Anfang an gemerkt habe, dass sie sich in mich verliebt hat. Ich habe damit nicht gespielt, aber bin nicht sofort darauf angesprungen, da ich viele andere Dinge im Kopf hatte, neuer Job, neue Gegend. Verliebt war ich aber ebenfalls vom ersten Moment an.
Da ich neu war, bot es sich an, dass wir gemeinsam viel unternahmen. Von uns beiden bin ich deutlich kommunikativer, sie hört gern zu. Genau das mag ich an ihr, das ergänzt sich, sie fühlt sich (nach eigener Aussage) nicht genervt, sondern hört einfach gern zu. Ich habe auch viel aus meiner Vegangenheit erzählt, insbesondere von meinen letzten Beziehungen. Nie geschwärmt (gehört sich nicht), aber sachlich erzählt, wie es zum Ende kam, auch wie ich nach Hamburg gezogen bin, wie meine Kindheit war, was sich eben so ergibt. Wir reden viel (oder ich rede viel), sind uns selbst genug und waren kaum im Kino, Clubs oder so etwas, daher bestanden unsere Treffen aus Gesprächen, eine für mich einzigartige Erfahrung.
Mir viel sofort auf, dass sie recht wenig preis gibt, sie ist zugeknöpft. Ich dachte mir, das gibt sich, wenn wir mehr zu tun haben mit einander. Nun sind wir seit knapp einem Monat ein Paar und hatten auch schon Sex miteinander, sie ist wirklich eine klasse Frau, eine so wunderbare Gesprächspartnerin, Zuhörerin, reflektiert, reif und wunderschön. Sie steht im Leben und fasziniert mich.
Doch mich stört dieses einseitige Informationsverhältnis. Ich weiß fast garnichts über ihre Vergangenheit, über sie und traue mich auch ehrlich gesagt kaum zu fragen, da ich ein Schlüsselerlebnis hatte.
Ich habe mehr oder minder beiläufig gescherzt, dass man meine Partnerschaften an fünf Fingern abzählen könne "und wieviel hattest Du?" Die Antwort war knackig, "Das werde ich Dir niemals sagen". Aber auch andere Themen wie Kindheit, Eltern, das sind große Themen für sie, wo sie immer nur betont, sie habe eine verkorkste Kindheit gehabt, sie mag mich nicht erschrecken.
Ohne es mir vorzunehmen, habe ich mich nun emotional etwas zurück gezogen und mit ihr darüber gesprochen. Daraufhin habe ich mich selbst entdeckt, wie ich sie fast genötigt habe, mir Dinge mit zu teilen, die sie mir nicht erzählen möchte. Vermutlich weil ich sonst einen schlechten Eindruck bekommen könnte oder sie verlassen könnte, noch in der Kennenlernphase. Vielleicht ist ihre Angst berechtigt und vielleicht aber auch nicht.
Kann ich nicht beurteilen.
Jedenfalls besteht seit einigen Tagen meinerseits Funkstille. Ich muss sagen, dass ich mit sowas keine Erfahrung habe, da ich mich mit meinen Ex Freundinnen recht offen ausgetauscht habe, viel erfahren wollte und auch interessiert bin.
Ich denke mir manchmal, entweder hat sie stinkende Leichen im Keller oder kann mich nicht einschätzen, wie ich reagiere.
Im Forum hier liest man ständig "er/sie kommt mit meiner Vergangenheit" nicht klar.
Um ehrlich zu sein, war Vergangenheit nie Thema für mich, erst jetzt wird es Thema, da es ein nebulöses Monster ist, sie macht eins draus.
Unser letzter Kontakt bestand in einem Gespräch, in dem ich ihr das auch mitgeteilt habe. Konkret habe ich ihr gesagt, dass ich mit ihrer verschlossenen Vergangenheit nicht klar komme und die Beziehung beendet.
Ich merke seit dem, dass sie mir zu erklären versucht, dass sie wohl einiges am Laufen hatte. Das interessiert mich im Kern garnicht wirklich. Aber es kamen viele Dinge heraus, ohne dass ich gefragt hätte. So zum Beispiel habe ich erfahren, dass sie sich gegenüber mir minderwertig zu fühlen scheint, fast schockiert war über meine "Perfektion", dabei bin ich alles andere als das, ich bin ein absolut bekloppter Mensch, nur scheinbar kommt sie mit meinen bekloppten Eigenheiten gut zurecht.
Nach einem längeren Gespräch habe ich entdeckt, sie fühlt sich mir unterlegen, körperlich und vor allem aber mit ihrer wie sie sie selbst nennt, verkorksten Vergangenheit. Dass ich ziemlich katholisch erzogen wurde und das Leben auf andere Weise wie Sex, Partner, Beziehungen bisher genossen habe, dafür kann ich nichts. Mein Benzin fürs Leben besteht im Sport, weniger in der sexuellen oder körperlichen Bestätigung durch andere Frauen.
Ich gebe ihr bei jeder passenden Gelegenheit einen kleinen Wink, teile ihr mit, dass sie mich fasziniert, dass sie unheimlich viel Erotik auf mich ausstrahlt. Sie hört zu, sie filtert gut und merkt auch, dass ich es ehrlich meine. Aber ich habe dennoch das Gefühl, dass sie sich mir gegenüber nicht auf Augenhöhe fühlt, obwohl sie unbedingt mit mir zusammen sein möchte, vordergründig war sie diejenige, die unsere Beziehung initiiert hat, mich auch recht schnell in ihren Familienkreis eingeführt hat, vorgestellt hat. Sie hat eine tolle Familie, genau so toll wie sie.
Es gibt jedoch so viele Kleinigkeiten, die mich irritieren. So weiß ihre Familie noch weniger über sie als ich, obwohl sie gemeinsam in einer Stadt (Vorort von Hamburg) wohnen.
Die Frau wirft viele Rätsel auf. Ich weiß aktuell nicht, wie ich damit umgehen soll, denn ich mache mir glaube ich weniger Gedanken als sie und sie befürchtet, dass ich mir welche machen könnte, wenn sie offener wird. Das dreht sich im Kreis.
Wir könnten es verdammt gut mit einander haben, ich bin sehr glücklich mit ihr, sie betont auch, dass sie es mit mir sei.
Ich bin derzeit etwas unschlüssig, ob ich es einfach dabei belassen sollte, oder ob ich die Beziehung entgegen meiner Gefühle beenden muss, weil ich die Atombombe befürchte, die sie irgendwann im Sinne von Informationen, die belastend wären, werfen könnte.