Hallo zusammen!
Ich bin in meiner Beziehung an einem Punkt angekommen, an dem ich nicht mehr weiter weiss. Ich hoffe hier einige Antworten auf meine Fragen zu erhalten und bin dankbar für jeden Beitrag und eure Erfahrungen. Ich versuche nun möglichst kurz meine Situation zu schildern;
Meine Partnerin und ich sind nun schon mehr als 10 Jahre zusammen und haben keine Kinder. Wir lernten uns mit etwa 17 Jahren kennen, verliebten uns und wurden schliesslich ein Paar. Nach fünf Jahren zogen wir zusammen und es war sehr harmonisch und wir verstanden uns sehr gut, fast alles lief wie am Schnürchen. Ich habe mit ihr meine 20er durchlebt, es gab gute wie auch weniger gute Zeiten. Meine Freundin ist eher introvertiert, bevorzugt Sicherheit vor Freiheit und ist in belastenden Situationen schnell überfordert. Das ist auch völlig okay so – Menschen sind nun mal unterschiedlich. Sie steht nicht so auf Abendteuer und plant gerne im Voraus, während ich mich gerne ins Getümmel stürze und mich vom Leben mitreissen lasse. Auch diese Differenz ist natürlich nur menschlich und wir haben in einer Paartherapie gelernt, dass es wichtig ist die Bedürfnisse und Wünsche des Anderen zu respektieren. Doch musste ich meine eigenen Bedürfnisse über die Jahre immer mehr zurückstecken. Ich unterstützte sie wo ich nur konnte und stand ihr in belastenden Situationen stets zur Seite;
Erstes Problem: Während sie nach der Arbeit meistens Lust hat gar nichts zu tun und die Abende und Wochenende lieber im Wohnzimmer verbringt und kuscheln möchte, zieht es mich eher in die Natur, möchte kreativ sein, mich entfalten und das Leben in vollen Zügen geniessen und diese Erfahrungen auch mit meiner Partnerin teilen und so gemeinsame Erinnerungen schaffen. Doch statt auf meine innere Stimme zu hören habe ich mich meistens dazu entschieden zu Hause zu bleiben, um so wenigstens Zeit mit ihr zu verbringen und ihr keine Plattform für Eifersucht zu bieten (Eifersucht ist ein grosses Thema). Gemeinsame Aktivitäten sind meist Kino- oder Konzertbesuche, Stadtbummel oder dergleichen. Wenn dann aber etwas geschieht, was nicht geplant war und eine Herausforderung darstellt (z.B., wenn wir den Zug verpassen), gerät sie in einen negativen Abwärtsstrudel und der zu Anfang schöne Ausflug endet so, dass ich mich zurückziehe und sie weinend im Wohnzimmer sitzt. Sie ist dann nicht mehr zu beruhigen und lässt auch nichts mehr an sich heran. Dabei sind doch gerade die unvorhersehbaren Ereignisse jene, die Spannendes und Wunderbares in sich bergen können. Wenn ich wie sooft alleine unterwegs bin und andere glückliche Paare beobachte, die einfach ihr Leben geniessen können, spontan sind, etwas wagen, dann wächst in mir der Frust und ich denke darüber nach, ob ich mich trennen soll, um mir selbst die Chance zu geben, in einer anderen Beziehung glücklicher zu werden. Was denkt ihr? Sind meine Gedanken nachvollziehbar? Was würdet ihr tun?
Zweites Problem: Sex. Die schönste Nebensache der Welt war in unserer Beziehung noch nie im Vordergrund. Doch gibt es zwischen uns auch hier ein Bedürfnisgefälle. Die ersten Jahre haben wir noch regelmässig miteinander geschlafen. Ich selbst finde, dass Sex ganz klar zu einer funktionierenden Beziehung gehört und unentbehrlich ist. Meine Partnerin scheint dies anders zu sehen, sie schläft eigentlich nur meinetwegen mit mir und ich musste bis anhin immer den Anfang machen. In den zehn Jahren Beziehung hatten wir ausschliesslich Sex am Abend im dunklen Schlafzimmer. Ich träume von Sex unter der Dusche, in der Natur, an einem Sonntagmorgen auf dem Sofa oder einfach mal so zwischendurch. Die Liste könnte ich noch um einiges verlängern. Dies hängt wahrscheinlich damit zusammen, dass ich nie die Möglichkeit hatte mich auszutoben und mir immer nur Bettgeschichten von Freunden anhören durfte. Je mehr dieses Gefühl in mir wächst und ich dies kommuniziere, desto mehr fühlt sich meine Freundin in die Ecke gedrängt. Ich habe sie darauf angesprochen und ihre Antwort war, dass sie das nicht könne, weil sie ihren Körper nicht schön genug findet und zu wenig Selbstvertrauen hat.
Wie dem auch sei, eins führt zum anderen, wenig Sex führte zu noch weniger Sex und kam vor einigen Monaten schliesslich ganz zum Erliegen. Als ich sie neulich darauf angesprochen habe, sagte sie mir, dass sie keinerlei sexuelle Lust mehr verspüre, sie auch nicht mehr masturbiere, doch sie würde schon «hinhalten», wenn es denn sein müsse. Doch so ein Typ bin ich nicht, ich möchte natürlich, dass es auch ihr gefällt und sie dies nicht nur meinetwegen macht. Ich spüre, wie der Drang mich sexuell zu verwirklichen immer grösser wird und ich damit auf immer mehr Ablehnung stosse, wenn ich versuche den Anfang zu machen. Sie fühlt sich dann gleich überfordert und weint und ich versinke in Selbstmitleid und Wut und wünsche mir, dass der Albtraum ein Ende hat. Wenn ich sie am nächsten Tag darauf anspreche, entschuldigt sie sich bei mir und sagt, dass etwas mit ihr nicht stimmt und fängt wieder an zu weinen. Bei einem Gespräch hat sie ihr Unverständnis darüber ausgesprochen, weshalb ich immer noch bei ihr sei und mir nicht einfach eine andere suchen würde. Obwohl ich sie liebe und mir kein Leben ohne sie vorstellen kann, fange ich an, ernsthaft darüber nachzudenken.
Keineswegs erwarte ich jetzt komplette Lösungsvorschläge oder Entscheidungshilfen, ob ich bleiben oder gehen soll. Falls ihr ähnliche Erfahrungen gemacht habt, fände ich es schön, wenn ihr sie mit mir teilen würdet und mir vielleicht den einen oder anderen Tipp geben könnt.
Herzlichen Dank!
Gruss Hans