Der Begriff Seelenverwandschaft löst bei mir Unbehagen aus, insbesondere wenn damit eine Liebesbeziehung umschrieben und überhöht wird. Meist dürfte die Verwendung aus der Not geboren sein, besondere Verbundenheit und Nähe nicht anders beschreiben oder erklären zu können. Ganz grundsätzlich liegt einer Verwandschaft die selbe Herkunft zu Grunde, was schon mal aufzeigt, wo die Wahrheit aufhört und die Dichtung beginnt.
us der Distanz erkenne ich immer wieder, dass gerne Menschen von Seelenverwandschaft sprechen, die ihre Emotionalität all zu gerne auf den Tisch legen und ihren Gefühlen masslosen Überschwang anhaften. Um sehr schnell sehr hoch zu steigen. Und um noch viel schneller noch viel tiefer zu fallen. Die Idee dahinter: Je mehr es schmerzt, je richtiger muss er oder sie ja eigentlich gewesen sein.
Übersehen wird, dass es oft die kleinen Dinge wären, die in einer Beziehung stimmen müssen. Der grosse schwere Überbau, so passend sich die Wände ineinander fügen, hat keinen Bestand, wenn im Fundament unerkannte Sandkörner das ganze Werk ins Rutschen bringen. Das lässt höchste Gipfel errodieren, massigste Berge in sich zusammenbrechen.
Auch nicht so recht wahrhaben wollen viele, dass sie in Momenten wo sie glauben auf Seelenverwandte zu treffen sich selber in einem Ausnahmezustand oder an einem Fluchtort befinden. Man glaubt sich und die anderen gläsern, kristallklar, pur. Das mag sein, aber dieser Zustand ist so unglaublich anstregend, dass man gerne in das Leben des Spiels und der Maskerade zurückkehrt. Die wenigsten schaffen es, ehrlich und nackt vor sich selbst zu stehen.
Um auf deine eigentliche Frage zu kommen: Seelenverwandt fühlte ich mich in einer Liebe genau einmal. Und ich schäme mich für meine damalige Interpretation. Denn es war natürlich furchtbar lächerlich. Gepasst hat alles, um eben nichts passen zu lassen. Ich fand sie um anzukommen, sie fand mich um aufzubrechen. So einfach ist das manchmal, würde man nur rechtzeitig die richtige Bille auf die Nase setzen. Ich habe viel daraus gelernt.