Schöne Menschen wirken sympathisch
Studien belegen Zusammenhang von körperlicher Attraktivität und Charakter
Sich attraktiv zu machen, ist meistens Zeitverschwendung. Sinnvoller ist es, zu Menschen Beziehungen zu haben und sich wohl zu fühlen. So sagte es einmal Jacqueline Bisset. Die französische Schauspielerin hatte freilich gut reden, gehörte sie doch zu den schönsten Frauen der Welt. Der Durchschnittsmensch hingegen ist davon überzeugt: Wer schön ist, hat grundsätzlich mehr Erfolg, sowohl privat, als auch im Beruf.
Und dass dies nicht nur ein Vorurteil ist, wird durch zahlreiche Fakten belegt. So fanden Kriminologen heraus, dass gut aussehende Straftäter weniger häufig festgenommen und weniger hart bestraft werden als andere Kriminelle. An der amerikanischen Militärakademie West Point musste man feststellen, dass Kadetten mit schneidigem und athletischem Aussehen höhere militärische Ränge erklimmen als ihre durchschnittlich aussehenden Kameraden, obwohl sie keinesfalls höher qualifiziert waren. Selbst Lehrer lassen sich bei ihren Noten und Tadeln vom Aussehen ihrer Schüler leiten. Und eine aktuelle Studie der Londoner Guildhall-Universität kommt zu dem ernüchternden Schluss: Wer gerne viel Geld haben will, muss groß sein und gut aussehen.
Hässliche Frauen müssten hingegen mit einem Gehaltsabschlag von etwa elf Prozent, hässliche Männer sogar mit 15 Prozent weniger Einkommen rechnen. Die schlechtesten Karten haben Männer, die aussehen wie der US-Schauspieler Danny DeVito klein, dick und haarlos: sie kriegen nicht nur schlecht bezahlte Jobs, sondern bleiben auch noch oft allein, weil kaum eine Frau etwas mit ihnen zu tun haben will.
Bliebe für die Hässlichen und Durchschnittlichen unter uns wenigstens die Hoffnung, mit unseren inneren Werten, also mit Charakter, Freundlichkeit und anderen geistigen Hochkarätern unsere körperlichen Makel übertünchen oder sogar überstrahlen zu können. Doch laut einer aktuellen Studie der deutschen Psychologen Tobias Greitemeyer und Felix Brodbeck scheint selbst diese Hoffnung trügerisch zu sein.
Die Wissenschaftler ließen Fotos von 60 Männern und 62 Frauen anfertigen, außerdem sollten die Testpersonen einige Fragen zu ihrer Persönlichkeit beantworten. Die Bilder wurden später fremden Menschen vorgelegt, die daraufhin verschiedene Persönlichkeitsmerkmale einschätzen sollten. Zum Schluss wurden ihre Angaben mit denen der fotografierten Männer und Frauen verglichen.
Das Ergebnis: Wer sich selbst für schön hält und auch von anderen Menschen für schön gehalten wird, verfügt über ein stabiles Selbstbewusstsein und orientiert sich in seinen Karrierevorstellungen ganz klar nach oben. Außerdem sind diese Menschen zufriedener als andere, ganz zu schweigen davon, dass sie weniger Probleme damit haben, ihre Gefühle zu zeigen.
In einer ähnlichen Studie an 140 Personen konnten die beiden Wissenschaftler dieses Ergebnis weitgehend bestätigen. Ihr Fazit: Wer schön ist, wird auch gut. Wer also mit attraktiven Körpereigenschaften gesegnet ist, entwickelt meistens auch positive Charaktereigenschaften wie Selbstbewusstsein und Offenheit.
Doch es gibt auch Gold, das bei Hässlichen und Durchschnittlichen glänzt. Denn in anderen Studien fanden sich deutliche Hinweise darauf, dass eher unattraktive Menschen spezielle Strategien entwickeln, um sich vor Benachteiligungen zu schützen. So zeigen sie häufiger eine ausgeprägte Empathie, also die Fähigkeit, sich in die Gefühls- und Gedankenwelt anderer Menschen hineinzuversetzen. Auch ihr Durchsetzungswillen ist oft ausgeprägter. Ein Phänomen, das man vor allem bei unscheinbaren Frauen findet.
Der Grund hierfür liegt nach Einschätzung von Brodbeck auf der Hand: Attraktive Frauen verlassen sich auf ihr Aussehen, weniger attraktive lernen hingegen sich durchzusetzen. Ein Mechanismus, der bereits in früher Kindheit antrainiert wird.
Tatsache ist allerdings auch, dass die Tugenden hässlicher Menschen weniger auffallen. Denn Eigenschaften wie Empathie und Durchsetzungswillen laufen subtiler, mehr im Untergrund ab, als Eigenschaften wie Offenheit und Selbstbewusstsein, sie werden daher von den Mitmenschen weniger wahrgenommen. Mit der Konsequenz, dass diese sich oft wundern, wenn es einmal ein Typ wie Danny DeVito tatsächlich ganz nach oben schafft.
JÖRG ZITTLAU