Hallo liebes Forum!
Ich(m,30) habe mich extra hier angemeldet, weil ich dringend um Rat suche. Ich versuche die Situation mal etwas zu erläutern:
Ich bin mit meiner Partnerin (w, 32) seit ca. zwei Jahren zusammen und es ist das erste Mal, dass ich wirklich das Gefühl habe, die richtige gefunden zu haben. Wir können heute noch gemeinsam viel lachen wie am ersten Tag, unternehmen viel zusammen was uns beide gefällt (Theater, Lesungen, Kino) und können gleichzeitig gut miteinander tiefe Gespräche führen. (Wir sind beide kurz davor unser Uni-Abschluss zu machen, nachdem wir verspätet nochmal angefangen haben zu studieren. Ich gehe nebenbei 25-30 Stunden die Woche arbeiten).
Nur leider gibt es auch Schattenseiten. Ich selbst bin mittlerweile seit ca. 4 Jahren in Behandlung wegen Depressionen. Momentan geht es mir eigentlich recht gut, bzw. würde ich sagen, dass die Therapie mein Leben echt sehr zum positiven Beeinflusst hat. Bei meiner Partnerin ist es so, dass sie auch oft „düstere Momente“ hat. Wir versuchen schon seit über 16 Monate ihr einen Therapieplatz zu besorgen, aber es hat bisweilen nie funktioniert. Ich habe sie dazu nicht gedrängt oder so, das war alles ihre Entscheidung, weil sie meint, dass sie viele „offene Baustellen“ hätte (z.B. Beziehung zu den Eltern, Kindheit, Ex-Beziehungen etc.).
Das wird auch mitunter ein Grund sein, warum sie sich andauernd über alles Mögliche beschwert. Zeitgleich kommt es mir so vor, als versuche sie gar nicht erst irgendetwas Positives zu sehen.
Ich schreibe hier, weil momentan echt nicht mehr weiß, was ich tun kann.
Als ein Beispiel mal der gestrige Tag:
Nachdem ich Samstag bis spät nachts arbeiten musste, bin ich Sonntagsfrüh nach einer kurzen Nacht direkt zu ihr gefahren. Angekommen, fing sie sofort an zu berichten wie schlecht und kurz sie geschlafen hätte und das sie Kopfschmerzen hatte. Dann erzählte sie von einer Aufgabe für die Uni, die sie machen, aber erst in zwei Wochen abgeben muss. Von der Aufgabe hat sie mir bereits über 30 mal erzählt. Es geht dann sogar soweit, dass sie weint, weil sie es als zuviel empfindet. Dabei hat sie die Aufgabe schon längst fertig (!), nur denkt sie weiterhin daran was man noch alles ändern könnte.
Dann schwelgt sie in Erinnerung, wie schlimm ihre Nachbarn doch seien (, obwohl in dem Moment gerade Ruhe ist) und dann wie schlimm alles allgemein sei.
Meine Aufmunterungsversuche, uns dann wenigsten einen schönen Sonntag zu machen verhallen im Nichts.
Ich beginne dann das Essen zu machen und sage, sie solle sich ins Bett legen und eine Serie schauen oder so, damit es ihr besser geht. Plötzlich ist aber wieder alles vergessen und wir kochen gemeinsam und alles ist gut. Der Nachmittag verläuft super, wir haben Spaß, alles perfekt. Dann wie auf Knopfdruck springt sie auf und meint ihr sei eingefallen, was sie noch an ihrer Uni-Aufgabe ändern könnte. Also setzt sie sich wieder an ihrem PC…und verbringt die nächsten 3-4 Stunden davor. Allerdings ist sie nicht wirklich effektiv/produktiv, sondern 90% der Zeit beschwert sie sich wie schlimm und blöd diese Aufgabe sei. Ich versuche mich abzulenken, etwas zu lesen, werde aber alle 10 Minuten hinzugerufen, ich solle mal drüber schauen, nur um dann wieder zu hören wir doof alles sei.
Irgendwann bin ich selber dann auch gereizt, weil ich eine mega stressige Woche hatte und mir dachte man macht sich einen schönen Sonntag zusammen (was ich ihr auch klar kommuniziert habe). Und nun war im Grunde wieder nichts, außer dass sie sich von früh bis abends beschwert hat.
Am Ende bemerkt sie sogar meine Angespanntheit und bricht ein Streit vom Zaun. Warum ich denn so drauf wäre. Als ich meinte, dass ich selber nich weniger Stress hätte (z.B. gestern ja 8 stunden bis 23 Uhr arbeiten, kaum geschlafen, 1000 Aufgaben etc) und nun mir über Stunden nur Probleme angehört habe, wird sie natürlich wieder traurig und jammert weiter.
Das mag nun alles zusammen nicht so schlimm wirken und jeder hat ja mal einen schlechten Tag – das verstehe ich ja völlig. Und es ist ja schön, wenn man jemanden an seiner Seite hat, der einen dann aufbaut! Aber mir kommt es so vor, als gehe es ihr mittlerweile zu 0% darum Probleme zu lösen. Stunden über Stunden über Stunden haben wir schon damit verschwendet, über Sachen zu reden, die mal passiert sind, aber mittlerweile sich ins positive gedreht haben. Das Positive wird aber ausgeblendet, es wird sich nur über das negative beschwert. Gleichzeitig werden Schrecken Szenarien an die Wand geworfen, wie alles noch viel schlimmer werden wird (nicht kann).
Das vergangene wird ständig in Frage gestellt („Hätten wir mal.“, „Da hätte ich!“) und das zukünftige wird ständig als gegeben gesehen („Das wird so kommen!“, „Warte ab, das wird so passieren!“) – dabei ist es ja genau andersherum. Und in der Gegenwart wird ständig nach negativen gesucht. Seit wir zusammen sind, immerhin zwei Jahre, erlebe ich sie fast jeden Tag, wie sie sagt „ich muss x erledigen!“, „ich habe keine Zeit, ich muss noch für die Klausur in 5 Wochen lernen. Ich falle aber eh durch!“ etc. Es gab glaube ich noch keine vier Tage am Stück, an denen sie nicht den Drang hatte unbedingt etwas tun zu müssen, weil davon ALLES abhängt.
Über ihre Freunde redet sie nicht anders. Anstatt irgendwie Spaß und Ruhe zu suchen, geht es eigentlich nurnoch zu 99% darum, was ihre Freunde alles falsch machen und was sie für Fehler begangen haben, oder wasbei denen alles schief laufen wird. Ein ganz normaler ruhiger Abend geht gar nicht mehr.
Wie gesagt, bin ich selber momentan ziemlich im Stress und würde mich freuen, wenn man gemeinsam auch schöne Zeiten hat. Völlig egal, ob man in vier Wochen eine Klausur schreibt, oder ob der der Arbeitskollege gestern gemein zu einem war. Das Leben zieht so an einem vorbei und es bleiben kaum positive Erinnerungen, weil man ständig sich damit beschäftigt, was vergangen war und schlimm ablief, oder sich den Kopf darüber zerbricht, was schlimmes alles noch passieren wird…
Das frisst mittlerweile ziemlich an meiner Substanz und ich bin sogar schon ein, zweimal dazu übergegangen, dann lieber alleine zu sein, weil ich es, z.B. nach mehreren stressigen Tagen, kaum aushalte und nicht meinen einzigen „freien Tag“ innerhalb von 14 stressigen, damit zu verbringen, rund um die Uhr in Negativität zu baden…
Natürlich habe ich sie schon darauf angesprochen. Aber sie blockt dann immer ab und behauptet, dass sie doch richtig läge. Es sei doch alles schlimm...("Du musst deine Aufgabe in 4 Wochen abgegeben und bist jetzt schon fertig. Dennoch verbringst du jeden Tag Stunden damit, dich darüber zu beschweren." - "Ja, weil es ja so blöd ist!" etc.). Und natürlich versuche ich ihr dann zu erklären, dass es logischerweise schwierig ist positives zu empfinden, wenn man sich jeden Tag Stunden einredet wie furchtbar alles war, ist und sein wird....aber natürlich treffe ich auch hier auf taube Ohren.
Sie kann eigentlich eine so unfassbar lustige, empathische, kluge Person sein. Aber statdessen, kommt sie eigentlich zu nichts anderen, als darüber nachzudenken wie furchtbar alles war und werden wird.
Was kann ich tun?