hallo,
ich bin neu hier und wende mich einfach mal an die allgemeinheit, da ich im moment buchstäblich den wald vor lauter bäumen nicht mehr sehe.
ich habe meinen partner - er kommt aus einem anderen eu-land - vor drei jahren kennengelernt. die gemeinsamen ziele waren schnell gefunden: in seinem heimatland leben (da sich liebe und dessen sprache ich beherrsche), jobs für uns beide, familie. er begann damals mit 29 erstmals eine ausbildung. ich habe mich natürlich gefragt, warum er das so spät erst angeht (war lange arbeitslos), aber dachte eben, dass mancher halt etwas zeit braucht um rauszufinden, wohin die reise geht.
wir kehrten dann doch noch einmal nach deutschland zurück, da ich hier eine befristetet tätigkeit bekam und er es auch gut fand, die sprache zu lernen. es war aber klar, dass wir in seinem land leben möchten. weil es dort nicht so einfach ist jobs zu finden, habe ich mir eine selbständige tätigkeit als redakteurin und übersetzerin aufgebaut, um ortsunabhängig leben zu können, studienschulden abbezahlt etc. ich habe wirklich gekämpft wie ein tiger, um aus denkbar schlechten ausgangsbedingungen (er arbeitslos, ich nach'm studium, medienbranche, nur praktika, zwei länder etc.) erstmal die rahmenbedingungen zu schaffen, auf denen diese beziehung eine zukunft haben kann.
anfang des jahres wurde mir dann bewusst, wie allein ich mit diesem kampf bin. mein partner konnte sich plötzlich für nichts entscheiden, schob alles auf später, wann immer was konkret werden sollte - wann ziehen wir denn nun um? wollen wir dieses jahr ein kind und später umziehen oder umgekehrt? - wurde ich vertröstet. ein gespräch über "zukunft" war gar nicht mehr möglich. er wollte ursprünglich ein praktikum in seinem heimatland machen und sich nach einer wohnung umschauen, beides wurde dann auf unbestimmte zeit von ihm verschoben.
aus diesen und anderen zeichen konnte ich irgendwann schließen, dass mein partner depressiv ist. ich bin mit einem depressiven vater aufgewachsen und weiß daher, wie sich das äußert: die antriebslosigkeit, die unmotivation und unlust auf alles, gedrückte stimmung, appetit- und schlaflosigkeit. mein partner fühlte sich auch selbst unwohl mit seiner beschlussangst und fing eine psychotherapie an, die ihn allerdings noch mehr runtergezogen hat, wie das bei analysen gerne mal der fall ist. seit monaten hängt er nun wirklich in einem tiefen loch.
inzwischen gibt es irgendwie kaum noch eine grundlage für ein gemeinsames leben. neuen wohnort und kind macht er von einem potentiellen job abhängig, nach dem er aber aufgrund seiner depression gar nicht sucht. auf die frage, was er denn will, ob er überhaupt noch das will, worüber wir gesprochen haben oder etwas anderes, kann er nicht antworten, weder ja noch nein zu irgendwas sagen. ich weiß, dass ich ihn mit meinem bedürfnis nach antworten immoment überfordere, aber manchmal bin ich auch nur ein mensch.
ich weiß, dass das alles mit der krankheit zu tun hat, und es wäre sicher nicht fair, jemanden in dieser situation zu verlassen. aber inzwischen fühlt sich mein leben an wie auf dauer-standby. ich warte auf seine entscheidungen, von denen er sagt, er könne "nicht nein sagen, aber eben auch nicht ja". dazu sei noch gesagt, dass ich meine selbständigkeit unerfüllend finde und sie nur mache, weil ich damit in sein land ziehen und/oder eben auch ein kleines kind besser betreuen kann. wenn nun nichts davon wahr wird - und so fühlt es sich gerade an - dann würde ich entweder in teilzeit nebenher ein aufbaustudium machen oder mich wieder bewerben. das alles schiebe ich also auch auf, und es fühlt sich an, als würde mein leben damit immer mehr auch seiner depression untergeordnet.
ich muss damit rechnen, dass er auch nie "ja" zum kind sagen kann. ich werde bald 30 und möchte eine familie. würde er klar "nein" sagen, so könnte ich mir überlegen, ob ich mir die partnerschaft trotzdem vorstellen kann und auf eine familie verzichte - oder versuche, einen partner zu finden, mit dem ich das verwirklichen kann. so aber "kann er nicht ja sagen, aber das heißt ja auch nicht nein." das höre ich mir seit zweieinhalb jahren an und habe angst, dass es genauso auch noch jahre weitergehen wird - bis es zu spät für mich ist. ich kann mir gut vorstellen, dass er wirklich "nein" meint und es nur aus angst, dass ich mich dann trenne - was passieren kann, aber nicht muss - nicht sagt.
ich merke, wie all das auch meine gefühle für ihn auffrisst, und seit wochen denke ich nun erstmals tatsächlich über trennung nach. ich habe deshalb ein schlechtes gewissen, aber versteht ihr, wie ich das mit dem stand-by-leben meine? ich möchte mich einfach beruflich, menschlich, persönlich weiterentwickeln, aber die depression meines partners lässt keine form der weiterentwicklung zu, weder für ihn noch für uns. wenn ich etwas verändern möchte, muss ich es allein tun.
ich habe ihm jetzt eine paartherapie angeboten, die ich als last ressort sehe, um vielleicht wieder eine gemeinsame grundlage zu finden. ich würde einfach nur gerne hören, ob jemand das kennt, ob jemand schonmal über trennung von einem depressiven partner nachgedacht hat (egal, wie gemein das jetzt klingt), oder sich sogar getrennt hat. ich bin sehr traurig, weil ich dachte, mit ihm will ich alt werden - aber so wie jetzt kann und will ich nicht leben.
kennt jemand so eine situation? würde mich so gern mit jemand austauschen...