Es ist schön,
dass du schreibst, es seien nicht alle gut oder schlecht, denn Generalisierung wird uns nicht weiterbringen.
Auch hast du sicher mehr Lebenserfahrung mit der Ukraine als ich, denn du hast jahrelang dort gelebt, während ich nur einige berufliche Stippvisiten in Dnepropetrovsk und Kryvih Rhigh hinter mich gebracht habe.
Trotzdem wirst du mir vielleicht zustimmen, dass es keine gute Idee war, ein Schmierentheater mit Soldaten ohne Hoheitszeichen, dafür aber russischen Autos zu inszenieren um die unterdrückten Russen vom Joch der ukrainischen Fremdherrschaft zu befreien, was meinst du? Man hätte zum Beispiel miteinander reden können, etwa in der Art "wir haben keinen Bock mehr auf blau-gelb, wir möchten lieber austreten und weiß-blau-rot werden" und geordnete Verhandlung mit allen Beteiligten aufnehmen können. Statt dessen treten lokale Militärkommandanten oder Politiker vor die Kameras und verkünden, dass sie ab sofort auf die Befehle aus Kiew keinen Wert mehr legen und sich ein anderes Land suchen, wo sie zuhause sind. Wundert es dich dann, wenn man in Kiew leicht angepisst ist von einem solchen Verhalten?
Präsident W. W. Putin hat in seiner Rede auf die deutsche Wiedervereinigung Bezug genommen und hegt die Erwartung, die deutsche Regierung möge die Wiedervereinigung der Krim mit Russland unterstützen. Was er dabei leider völlig "vergessen" hat, ist der Umstand, dass die Wiedervereinigung von Verhandlungen begleitet und in einem Staatsvertrag, dem 2+4-Abkommen bis ins Letzte geregelt war.
Wäre ich persönlich der Präsident der Ukraine, könnte ich mir schon vorstellen, die Krim an Russland zu übergeben, aber ich würde bitteschön doch gerne wenigstens gefragt werden. Eine Frage hat es aber nie gegeben, sondern es sind Leute mit umgehängten Kalaschnikows einmarschiert, haben OSZE Beobachter verjagt und ein freundlicher Nachbar hat an der Grenze Fantastrillarden von Soldaten aufmarschieren lassen. Unbeeinflusste Beobachter nennen so etwas wohl eine Drohgebärde. Verhandlungen sind aber etwas anderes als Drohungen. Ich persönlich bin halt ein Freund von Verhandlungen, auch wenn alle Seiten dabei etwas abgeben müssen. Nenne mich meinetwegen einen hoffnungslosen Romantiker.
Freundliche Grüße,
Christoph