Wo fang ich an?
Viele halten mich wahrscheinlich für total bekloppt - ich mich ja so langsam selber schon.
Also von vorne: mein Kind wurde vor einem Jahr operiert. Es gab Komplikationen, er musste Anfang des Jahres noch einmal unter's Messer. In der Zwischenzeit Kontrollen alle 6 Wochen etwa. Diese Kontrollen hat ein sehr, sehr lieber Arzt gemacht. Wie lieb, das fiel mir leider zu spät auf.
Bereits während diesen Untersuchungen war er immer sehr nett zu mir, fragte wie es mir geht, erzählte auch mal was von sich ... man unterhielt sich halt, aber ich habe mir nichts dabei gedacht. Netter Smalltalk, weiter nix.
Nach der 2. OP gab es auch eine kleinere Komplikation, der Operateur und unser "Nachbehandlungs-Arzt" mussten noch einmal ran und korrigieren. Ich war natürlich im Ausnahmezustand, mein Kind, gerade mal 18 Monate alt, frisch operiert und wieder ging etwas schief ... Während der Operateur mein Kind behandelte, nahm ER mich in den Arm, küsste meine Stirn und sprach mir Mut zu. Etwas "mehr" als es in der Situatiuon nötig gewesen wäre. Genauso wie in den Untersuchungen zuvor ... er war einfach etwas zu nett für ein normales Arzt-Patienten-Verhältnis.
3 Tage später bei der Visite -eine Horde Ärzte rund um das Bett meines Kindes- ließ er bei der Begrüßung meine Hand nicht mehr los. Als der Trupp ans Nachbarbett zog, blieb er bei mir stehen, hielt meine Hand, erklärte zum 9998876565. Mal die weitere Vorgehensweise ...
Nach weiteren 3 Tagen wurden wir entlassen. Ich ging noch einmal in das Arztzimmer, bekam meine Unterlagen von seinen Helferinnen ... und ärgerte mich, dass er sich nicht persönlich von mir verabschiedete. Ich war mir sicher, ich hatte mir diesen Zauber, den ich seinen Augen gesehen hatte, nur eingebildet. Also trabte ich frustriert zum Aufzug und wollte mit meinem Kind endlich nach Hause. Ich war total perplex als er auf einmal vor mir stand, außer Atem, weil er mir nachgelaufen war.
Er streichelte meine Wange und fragte, ob wir uns wiedersehen. Wie gesagt, ich war perplex und machte wohl den entscheidenden Fehler und sagte nur "Jaja, in 2 Wochen bei der nächsten Nachuntersuchung ... und wehe, Sie sind nicht da". Er grinste, zwinkerte mir nochmal zu und war weg ...
2 Wochen später, ich war aufgeregt wie noch nie vor so einer Untersuchung, hatte ich das Gefühl ein anderer Mensch steht vor mir. Zwar küsste er mich zur Begrüssung auf die Stirn, aber dann war es, als hätte er einen Schalter umgelegt auf "Profi". Es fühlte sich wie ein Abschied an und genau das war es wohl auch, denn das war das letzte Mal, dass ich ihn gesehen habe. Er meinte noch, er würde mich nie vergessen ... und ging.
Der nächste Termin war 3 Monate später. Die ganzen 3 Monate über war ich aufgeregt wie ein kleines Kind vor Weihnachten. Das Umfeld war geklärt, ich war "bereit", sah an diesem Tag umwerfend aus, wollte endlich selbst einen Schritt auf ihn zugehen ... bisher war ich ja sehr passiv, hatte ihm nur eine Mail geschrieben, in dem ich ihm für die tolle Betreuung gedankt habe, aber ich weiß nicht mal, ob er die überhaupt erhalten hat. Reagiert hat er zumindest nicht ...
Es kam, wie es kommen musste: er war im OP und konnte die Untersuchung nicht selbst machen.
Tja, und jetzt sitze ich da, trauere der vergebenen Chance nach und vermisse ihn und diesen Zauber ... die Chance, sich überhaupt mal kennenzulernen. Ich sitze hier und grübel und grübel und kann einfach nichts tun, gar nichts. Und mein Gefühl sagt mir, er hat aufgegbeen, weil ich eben zu lange gebraucht hab um auf seine Signale zu reagieren. Wie soll er das denn auch verstehen??
Ich brauchte diese 3 Monate um mein Leben zu sortieren, meine Ehe klar zu beenden (kaputt war sie eh schon vorher), klare Verhältnisse zu schaffen ... und jetzt ist es zu spät. Alles umsonst ... und er will einfach nicht aus meinem Kopf. Wir haben noch einen Kontrolltermin in einem Jahr - eine Ewigkeit und auch keine Gewähr für ein Wiedersehen.