Ein ziemlich heikles Thema ...
aber ich möchte Dir mal ganz offen etwas dazu schreiben.
Meine kids sind 16 und 18 und leben bei ihrer Mutter. Ich seh sie aber regelmäßig und hab auch über ihre Mutter, zu der ich ein sehr freundschaftliches Verhältnis pflege, ein ziemlich genaues Bild, was die beiden Kadetten im Moment so treiben.
Ich habe ihre Mutter immer als jemanden erlebt, der sie vor allem "Bösen" behüten möchte. Sie erträgt es auch nicht, wenn ihre Kinder leiden, also ist ihre oberste Maxime, dass es ihnen gut gehen soll und dementsprechend handelt sie.
Ich hingegen hab immer gespürt, dass ich dafür verantwortlich bin, dass die beiden, wenn sie denn mal auf eigenen Füßen stehen, lebenstüchtig sind und das heißt dann auch, dass sie gewappnet sind gegen die Dinge, die einem halt so widerfahren können und da kann ich es ihnen nicht ersparen, dass sie eine Reihe von Erfahrungen machen, die weh tun.
Von daher kommt mir Dein Beitrag ziemlich bekannt vor.
Überleg mal, was in dem Jungen passiert, wenn er Deine Reaktion sieht.
Ihm ist ein "Missgeschick" widerfahren und seine Mutter bricht in Tränen aus.
Er fühlt sich also dafür verantwortlich, dass es seiner Mutter schlecht geht.
Beim nächsten Mal wird er sich deshalb zum einen überlegen, ob er Dir noch mal derartiges berichtet, weil Du scheinbar nur sehr schlecht damit umgehen kannst und zum anderen wird er es sich überlegen, weil er in diesem Moment ja nicht gerade Trost erfährt, sondern eher noch das Gefühl hat, Dich trösten zu müssen.
Vielleicht hat er es deshalb 3 Tage mit sich herumgetragen, weil er eben wusste oder ahnte, dass DU damit nicht umgehen kannst. Kinder fühlen sich ganz schnell für ihre Eltern verantwortlich.
Womit kannst Du ihm also helfen, wenn Dir wirklich was an ihm liegt, wovon ich natürlich ausgehe?
Versuch doch einfach, Dich und Deine Gefühle ein wenig zurückzunehmen und ihn in den Mittelpunkt zu stellen. Auch wenn er jetzt rein rechnerisch erwachsen ist, so ist er aber immer noch derjenige, der heranwächst und Du bist diejenige, die ihm dabei helfen könnte. Überleg doch einfach mal, was IHM in dieser Situation helfen könnte.
Ich hab mir aus meiner Jugend etwas gemerkt, was ganz gut funktioniert hat: ich bin mit jedem Mist zu meiner Mutter gelaufen und hab mich später gefragt, was sie gemacht hat, dass ich immer zu ihr ging. Es war eigentlich ganz einfach: sie hat sich mir nie aufgedrängt, sondern zugehört und manchmal ein paar Dinge erzählt, wie man Situationen auch sehen könnte. Ich fühlte mich zum einen verstanden und zum anderen nicht gegängelt oder bevormundet. Und deshalb ging ich immer wieder zu ihr. Und das versuche ich jetzt auch bei meinen kids so zu handhaben und halte mir dabei immer vor Augen, dass sie es sind, die das Gefühl brauchen, verstanden zu werden und dass sie es sind, die ihren Weg im Leben noch suchen.
Kleines Beispiel dazu: mein Sohn spielt recht erfolgreich Fußball, hat sich jetzt aber in kürzester Zeit zweimal die Bänder gerissen. Ich habs beide Verletzungen hautnah miterlebt und wenn ich besonders an das zweite Mal denke, bekomme ich eine Gänsehaut und mir wird ganz übel. Ich ertrage das ganz schlecht, wenn den beiden etwas passiert. Ich hab früher auch gespielt, kann mich also gut da hinein versetzen und so etwas zu sehen, ist für mich schlimmer, als es selbst zu erleiden. Mir war da wirklich lieber, es wäre mir passiert und er wäre heil geblieben.
Manchmal denke ich, ob ich ihm raten sollte, aufzuhören, werde das aber nie tun, weil es hierbei um MEINE Ängste geht. Er muss für sich entscheiden, ob und wie er damit umgehen kann und dabei darf es KEINE Rolle spielen, ob ich Angst um ihn habe oder nicht! Und deshalb werde ich einen Teufel tun, ihm von meiner Angst zu erzählen, denn dann wüsste ich hinterher nicht, ob er mir zuliebe aufgehört hat oder weil er selbst es wollte. Dass ich Angst hatte, werde ich ihm irgendwann später mal erzählen, vielleicht, wenn er selbst Kinder hat.
Bei Kindern setzt ganz schnell dieser Reflex ein, der da sagt 'Ich tue etwas und meine Eltern leiden darunter, also lass ich das lieber'.
Sei mir nicht böse, aber ich denke, dass Eltern, die ihre Kinder nicht los lassen können, ihnen mehr schaden als nutzen - und zwar m.E. aus sehr eigennützigen Motiven.
LG
Larsen