Hallo zusammen!
Ich befinde mich in einer sehr schwierigen seelischen Krise in Bezug auf mich selbst und mein Verhältnis zu Männern. Ich würde gerne einfach drauflos erzählen, denn ich habe die Hoffnung, dass es mehr Mädchen in meinem Alter gibt, die ähnliche Erfahrungen gesammelt haben.
Ich bin 27 Jahre alt, eigentlich bin ich eine sehr lebensfrohe, offene und neugierige Person, ich liebe das Leben und seine Herausforderungen und würde mich als starke Frau bezeichnen. Ich weiß, dass ich die Bestätigung eines Mannes für mein Selbstwertgefühl eigentlich nicht brauche - ich finde mich attraktiv, ich bin erfolgreich und vor allem habe ich die Kraft, die Dinge auch alleine zu tun, die mir Spaß machen. Wäre da nicht dieses andauernde Männerproblem, das kein Ende findet: ja, ich lerne immer wieder Männer kennen, und ja, ich habe vor allem mit Anfang 20 ein paar sehr negative Erfahrungen gemacht, die mich damals sehr mitgenommen haben. Heute weiß ich, dass ich mich häufig an den falschen Jungs aufgehalten habe und meist ist eben das passiert, was passiert, wenn man sich als junges, naives Ding zu schnell die große Liebe erhofft. Das Spiel um Stolz und Bestätigung, Annähern und Ablehnen, habe ich nie mitgespielt - wenn mir jemand gefiel, habe ich es ernst, vielleicht zu ernst, gemeint, wenn nicht, dann eben nicht. So bin ich dann ein paar mal aufs Näschen gefallen, habe an meinen Wunden geknabbert, um irgendwann festzustellen: andere hübsche Mädchen schaffen es irgendwie, begehrt und verehrt zu werden und an mir geht da etwas vorbei. Ich habe zwar stets neugierige Blicke auf mich gezogen, aber häufig blieb es beim kurzen Smalltalk. Geschichten haben sich erst ergeben, wenn ich ordentlich die Initiative ergriffen habe - um entweder direkt als Schlampe abgestempelt zu werden oder sich nach ein paar Monaten wieder im Nichts zu verlaufen - mit einem meist kränkendem Nacheffekt, der mein Selbstbewusstsein über Jahre angegriffen hat. Ich habe mich stets gefragt: wieso interessiert sich niemand wirklich für mich? wieso kann sich niemand in mich verlieben?
Trotzdem habe ich immer weiter gemacht: Studium, Ausland, Reisen, Umzug von einer zur nächsten Stadt, neue Menschen kennengelernt. Wenn es gar nicht anders ging, bin ich alleine losgezogen, habe Menschen für einen Abend kennengelernt, immer mein Ding gemacht. Aus den Verehrern meiner Freundinnen wurden irgendwann ernste Beziehungen, gemeinsame Urlaube, eine gemeinsame Wohnung. Ich war immer noch Single - selbstständig und frei, aber sehr sehr einsam. Durch die vielen Ortswechsel habe ich es auch nie geschafft, mir einen Freundeskreis aufzubauen und so verbrachte ich auch den ein oder anderen Geburtstag alleine.
Irgendwann schien es, dass sich das erfüllte, was man mir stets prophezeit hatte: ich lernte jemanden kennen, der es ernst zu meinen schien und unbedingt eine Beziehung mit mir wollte. Ich war sehr glücklich - aber immer noch verunsichert und vorsichtig, vor allem als ich bemerkte, dass seine Exfreundin eins dieser Mädchen war, die in ihrem Leben nie alleine sein mussten: hübsch, nett, begehrt. Ich merkte, dass mein neuer Freund noch daran zu knabbern hatte, dass sie ihn verlassen hatte, ich suchte das Gespräch und ich entschloss mich schließlich, dem ganzen eine Chance zu geben. Er bemühte sich rührend um mich und zeigte mir, dass er wirklich in mich verliebt war. Ein tolles Gefühl, das ich bis dahin nie gekannt hatte. Allerdings hatte auch er mit seinen Problemen zu kämpfen: im Bett lief es nicht so richtig, er hatte große Angst, zu versagen. Ich wollte ihn nicht drängen und wartete ab. Die Situation besserte sich, löste sich aber nie ganz.
Wir waren fast zwei Jahre zusammen und die Beziehung lief nicht gut. In vielen Dingen passten wir nicht zusammen: während er noch nie aus seiner Heimatstadt weggegangen war und einen riesen Freundeskreis um sich versammelte, tat ich mich mit festen sozialen Bindungen oft schwer - die Kontakte, die ich in den vergangenen Jahren kennengelernt hatte, hatten sich irgendwann eh immer verflüchtigt und ich war das einfach nicht mehr gewohnt. Dazu kam seine starke Abhängigkeit vom Kiffen. Es häuften sich Lügen, das Vertrauen war angegriffen, wir stritten viel. Ich sackte in eine tiefe, tiefe Unsicherheit: hatte er mit seiner allseits beliebten Exfreundin auch so wenig Sex gehabt? Hat er sie auch sooft belogen? Aus der Unsicherheit entstanden heftige Streitsituationen, bei denen er sogar handgreiflich wurde. Ich wollte mich trennen, konnte aber nicht - er war immer noch auch gut zu mir, gab mir Halt, ich war trotz all dieser Probleme in der Zeit regelrecht aufgeblüht, da ich mich nicht mehr so einsam fühlte. Ich wusste, dass das nicht ausreicht für eine Beziehung. Und dann passierte es: ich betrug ihn mit einem anderen, der mir das Gefühl vermittelte, begehrt zu werden, bereute meine Untreue sehr, beichtete sie und holte mir gleich eine deftige Retour-Kutsche ein. Miese Sache, so weit so gut, ich wollte die Beziehung beenden und mich wieder Dingen widmen, die mir gut tun. Die Stärke dazu hatte ich. Bis ich erfuhr, dass er mich bereits zu Beginn unserer Beziehung betrogen hatte - deswegen unser ständiges Sex-Problem. Seine Begründung: er hatte am Anfang die Trennung von seiner Exfreundin nicht überwunden und brauchte mehr Bestätigung, als ich ihm geben konnte. Bestätigung bei einer anderen.
Und nun sitze ich da und fühle mich gedemütigt, erniedrigt, geohrfeigt. Ein dumpfes Gefühl in der Magengegend macht sich täglich breit, so doll, dass ich mich regelmäßig übergeben muss. Die alte Wunde klafft: Wieso kann ich keinem Mann reichen? Wieso werde ich nur anfänglich oberflächlich wahrgenommen - und das meist positiv - und dann verlieren sie das Interesse an mir? Was ist es, das ich ihm, offensichtlich sexuell, nicht geben konnte, während er mir erzählte, er sei lediglich unsicher und ich geduldig wartete? Immer noch finde ich viele Männer, die daran interessiert sind, sich mit mir zu treffen. Es bleibt stets bei belanglosem Kaffee-Trinken und Smalltalk - ich schaffe es nicht, diese Mauer zu überwinden, Flirten geht gar nicht mehr, ich denke mir: es ist wie früher, nach zwei Monaten ziehen sie eh weiter, weil "man" für mich keine Gefühle entwickeln kann, weil ich nur zweite Wahl bin, weil ich nicht eines dieser Mädchen bin, die begehrt werden. Es ist das gleiche Gefühl, das sich schon vor Jahren in mir einstellte: ich bin ein neutrales Objekt, nicht Frau nicht Mann, unbedeutend, äußerlich vllt hübsch, beim näheren Hinsehen durchsichtig. Ich bin einsam. Das Liebesleben zieht völlig an mir vorüber. Und so ist es nun auch: Männer-Kontakte verflüchtigen sich, andere Frauen sind interessanter, meistens werde ich schneller zur Kumpel-Freundin, als ich es überhaupt bemerken kann.
Ich suche wieder einmal nach professioneller Hilfe, aber ich habe das Gefühl, so richtig würde es mir nur helfen, wenn ich wüsste, dass es anderen Mädchen genauso geht. Ich habe ein Problem mit meiner Weiblichkeit - meine Selbstständigkeit und das jahrelange Alleinsein, das Abgelehnt- und Betrogenwerden haben verursacht, dass ich mich in meiner Rolle als Frau überhaupt nicht mehr zurecht finden kann. Ich kann mich nichtmal mehr schön finden. Ich sehe andere Mädchen, die hübsch sind und denke mir: ihr habt das Recht, ein Mädchen zu sein, ein lachendes, fröhliches Mädchen, das begehrt wird, das gefällt. Ich schaffe alles alleine, ich bin stark, aber ich fühle mich, als ob das Schicksal mich für irgendetwas äußerst unfair bestraft.
Trotz langem Text - ich freu mich über Kommentare und Meinungen!