Ein Jahr später
Ein Jahr ist vergangen.
Ich habe weiterhin alles mitgemacht. Die Urlaube und Treffen der beiden wurden mehr und mehr. Im November letzten Jahres hatten sie ihren Urlaub in Fernost und ich war mit Arbeit vollgepackt und fühlte mich so allein. Anrufen sollte ich ja nicht. Als er scih nicht meldete, rief ich mal an und sagte, dass es mir gar nicht gut gehe. Die Antwort: Versau mir meinen Urlaub nicht. Dann war er eine Woche zuhause, aber jeden Abend mit seinen Freunden beschäftigt. Im Dezember dann wieder Urlaub, diesmal mit seinen Freunden. Die dunkle Jahreszeit, die Einsamkeit, die Ausweglosigkeit, die Verletztheit, all dies allein in meinem Büro brachte mich in tiefe Depression: So konnte ich stundenlang dasitzen und mit leerem Blick nur schauen, ja, eigentlich gar nichts schauen. Ich bin sonst immer lustig, aber monatelang kam kein Lächeln mehr auf meine Lippen. Da waren Selbhstmordgedanken, ich kannte mich selbst nicht mehr. Also rief ich wieder an und hoffte auf Anteilnahme. Meine Worte: Ich gerate außer Kontrolle, ich habe mich nicht mehr unter Kontrolle. Aber da kam nichts von der anderen Seite.
Ich vertraute mich daraufhin ein paar Bekannten an. Die Gespräche halfen mir. Aber ich merkte auch, dass jeder eine gewisse Sensationslust und Neugier entwickelte. Trotzdem danke ich immer noch für die vielen Gespräche (es sind gemeinsame Freunde, die mir heute viel mehr Sympathie als ihm entgegenbringen). Nun ja, dann kam Weihnachten, und ich war sehr traurig. Danach fuhr er wieder ein paar Tage zu ihr, um pünktlich am 31.12. wieder zurück zu sein. Anfang Januar dann wieder 14 Tage Urlaub "allein" (stimmte nicht). Ich war wieder mit Arbeit dicht. Im Februar machten wir Urlaub. Jeden Tag Anrufe von ihr. Mein Geburtstag fiel in den Urlaub, den habe ich allein verbracht (Torte gabs vom Hotel, hat mich zu Tränen gerührt, ich habe ein Stück allein gegessen). Ja, und dann bis eigentlich vor 2 Wochen immer wieder seine "Ausflüge". Seinen Papa hatte ich zwischendurch auch noch beim Sterben begleitet. Bestattung mußte 1 Woche warten, weil er mal weg mußte. Seinen Papa habe ich sehr geliebt, ich habe auch die Bestattung arangiert. Sie mußte dann auch einen Tag später kommen, weil sie ja so trauert. Naja, im April wollte er dann ein paar Tage zuhause mit ihr verbringen. Da sollte ich dann mal weg sein. Es sei sein Haus und er möchte nicht immer ins Hotel. Ich fragte, wo denn mein zu Hause sei ( hatte mein Haus ja verkauft, weil er nicht allein leben wollte). Außerdem sollte mein Büro wieder in den Hauptsitz verlagert werden. Nun, er war dann mal wieder weg und ich zog mit dem Büro um und brachte meine Sachen in das ehemalige Büro (wunderschöne Wohnung, die ich mal selbst konzipiert hatte). So, endlich konnte ich wieder ich sein, besuchte ihn, blieb auch über Nacht bei ihm, aber ich hatte wieder eine Freiheit. Wo ich vielleicht noch zu Weihnachten eine Therapie brauchte, so baute ich mich selbst wieder auf. So trafen wir uns, aber jeder machte sein Ding. Er nach wie vor. Aber ich entwickelte wieder so ein Selbstbewußtsein, dass ich überall befreit auftrat. Mir machte es wenig aus, dass sie wohl wieder bei ihm einziehen sollte. Allerdings hörte ich von vielen seiner Freunde: Hoffentlich kommt er mal zur Besinnung. Ach eins noch: Die Dame verbreitete natürlich auch ihr Come back und sendete mir Bildchen und Mitteilungen. Nun, da sie ihm mit ihrer Art und den täglichen Anrufen und Fragen in letzter Zeit dann auch nervte, fand er das wohl auch nicht mehr so gut. Aber der gemeinsame Urlaub war ja schon gebucht (ab gestern). Ja, und vorgestern Abend hat die Dame ihm dann unter Tränen eröffnet, dass sie einen oder auch mehrere andere zur Auswahl hat, und dass sie sich schon nach einem Haus umgesehen haben. So kam mein Single gestern noch kurz zu mir und sagte, dass dieser Urlaub der letzte sei. Und ich solle den nächsten schon gebuchten auf mich und ihn umbuchen, und ich könne mich ja bei ihm einrichten und überhaupt: Du hast gewonnen. Ich war nicht überrascht, aber in Freude bin ich nicht ausgebrochen.
Eines muss ich sagen: wir mögen uns, also er mich auch, wir hatten in letzter Zeit wieder viel Spass, es harmoniert. Und ich möchte mein Zuhause nicht wieder aufgeben. Und Schadenfreude empfinde ich auch. Nicht zuletzt, weil die Dame ihn 1. richtig zur Kasse gebeten hat (was ihm aber nichts ausmacht) und zweitens muß er sich doch total verarscht vorkommen. Mir tut das auf der anderen Seite leid, ich würde ihn auch immer gern anrufen in seinem Urlaub, aber ich beherrsche mich.
Was meint Ihr.
LG