Vor einem knappen Jahr habe ich mich von meinem Mann getrennt, da ich mich haltlos in einen Arbeitskollegen verliebt habe. Er hat sich von seiner damaligen Freundin getrennt und wir haben uns sehr schnell entschieden, zusammen zu ziehen. Ging auch damals schon aus finanziellen Gründen nicht anders, er hatte mit seiner Freundin zusammengewohnt und ich mit meinem Mann. Für uns war klar, dass wir es wagen: Ganz oder gar nicht und dazu gehörte für uns auch, dass wir uns gemeinsam eine Wohnung suchen. Ich wusste damals schon, dass er ziemlich viel trinkt. Wieviel er wirklich trinkt, und welche Drogen er sonst noch konsumiert, davon hatte ich nicht die leiseste Ahnung. Zuerst war alles ganz toll mit uns beiden, die erste Phase der Verleibtheit, es war wie ein Rausch. Wer kennt dieses Gefühl nicht... ;-) Trotz der Trennung von meinem Mann war ich auf Wolke 7. Irgendwann hat dann der Alltag bei uns Einzug gehalten. Er hat wieder mehr getrunken (Pensum pro Abend war dann meist eine 0,3 Liter Flasche Korn und ein bis zwei Flaschen Wein). Wenn er diese Mengen getrunken hat, wird er ein völlig anderer Mensch. Am besten ist dies wohl mit "Dr.Jekyll & Mr. Hyde" zu vergleichen. Es ist, als wenn sich dann ein Schalter umlegen würde und er wird dermaßen aggressiv und beleidigend, dass ich Angst vor ihm bekomme und er mich zutiefst verletzt. Am folgenden Morgen kann er sich nicht mehr erinnern, was genau passiert ist, er weiss aber, dass er Mist gebaut hat. Er ist dann immer zerknirscht, es tut ihm leid und er gelobt Besserung. Das geht dann auch für ein paar Wochen wieder gut, dann geht das Drama von vorne los. Irgendwann, vor ein paar Monaten, hat er selbst gemerkt, dass der Alkohol ihn kaputt macht. Er war oft nicht bei der Arbeit und hat sich krankschreiben lassen, da er so einen schlimmen Kater hatte. Dass ihm dies natürlich auch Probleme in seinem Job gemacht hat, ist ja klar. Er hat dann zu anderen Drogen gegriffen: Haschisch, Speed und (ich finde es total heftig) Heroin, was er schnieft. Dazu muss ich sagen, dass er früher schon Erfahrungen mit diesen Drogen gemacht hatte und wegen seines Speed-Konsums vor ca. 10 Jahren auch schon 2 Therapien gemacht hat. Jetzt ist es halt so, dass er immer zwischen den Substanzen wechselt. Mal kauft er sich ein paar Gramm Haschisch und raucht dann 3 Tage hintereinander exzessiv. Auf Haschisch ist er ganz friedlich und ausgeglichen. Ist das Haschsich aus, geht er sich dann für den nächsten Abend 2 Flaschen Wein holen, dann kommt wieder der Aggressive raus, am nächsten Tag holt er sich dann ein Gramm Heroin, wenn er das genommen hat, macht er was er will und beachtet mich nicht wirklich. So geht das immer abwechselnd, je nachdem, was er gerade für eine Droge bekommen kann. Da dies natürlich auch noch unheimlich kostspielig ist, hat er meist am Ende des Monats kein Geld mehr und ich muss ihn mit "durchfüttern". Dies ist ihm auch immer wieder unangenehm und peinlich und er gelobt jedesmal wieder Besserung und zahlt seine Schulden (zumindest teilweise, da ich ihm dann meist einen Teil erlasse) an mich zurück. Es klingt jetzt so, als wäre ich nur unglücklich, aber das ist nicht so. Mein Freund ist auch unheimlich lieb, zärtlich, lässt mich so sein wie ich bin und liebt mich so wie ich bin und wir haben trotz allem auch viel Spaß miteinander. Tatsache ist auch, dass man tatsächlich gut mit ihm über die Probleme reden kann, wenn er nüchtern ist. Er gibt ganz offen zu, dass er ein Suchtproblem hat und sagt, dass er halt so ist und dass ich ihn so akzeptieren soll, wie er ist. Da hat er ja irgendwie auch Recht, aber das kann ich nicht, denn es zermürbt mich so sehr, dass ich langsam Angst habe depressiv zu werden.Ständig dieses Bangen und Hoffen, dass er sich nicht total bedröhnt, dass er am nächsten Tag noch arbeiten kann, etc. Ich liebe ihn, ich will ihn nicht verlieren und ich habe meinen Mann, mit dem ich 8 Jahre zusammen war, für ihn verlassen. Ich weiss, dass ich ganz alleine entscheiden muss, ob ich ihn so akzeptieren kann oder nicht und ob nun das Negative oder das Positive in dieser Partnerschaft überwiegt. Ich fühle mich im Moment nur so schrecklich allein und traurig. Meine Eltern denken, es wäre alles ganz toll mit uns beiden; sie wären mega schockiert, wenn sie wüssten, wie die Wahrheit aussieht. Meine Freundinnen wissen Bescheid und sagen, dass ich mich trennen soll. Mir scheint, als würde mich niemand verstehen und als kann ich mit niemandem wirklich darüber reden. Gibt es hier nicht jemanden, der ähnliche Erfahrungen macht oder gemacht hat und nicht weiss, was er tun soll? Ich weiss, dass viele denken müssen, dass ich selbst Schuld bin, wenn ich mir das alles gefallen lasse und dass ich mich gegen ihn entscheiden muss. Aber ich glaube ganz tief in mir an unsere Liebe und könnte es nicht ertragen, ohne ihn zu sein.
Ich danke euch für's "Zuhören".
Ganz lieben Gruß,
Tangerinedream2