Hallo liebes Forum,
ich bin ratlos. Zu mir:
Ich bin männlich, 30 Jahre alt und in Sachen Beziehung nicht unerfahren. Nach einer beinahe 10 Jahre anhaltenden, toxischen Beziehung mit einer Frau welche an einer Cluster B Persönlichkeitsstörung leidet muss ich mir eingestehen, dass ich dies noch nicht ganz verarbeitet habe und eine Therapie in Erwägung ziehe. Auch meine Kindheit ist wohl ein Grund dafür, weshalb es mir mit Beziehungen nicht sehr leicht fällt. Ich bin als Sohn einer Mutter welche selbst noch ein Kind war auf die Welt gekommen und habe meinen Vater nie kennen gelernt. Aufgezogen wurde ich eher vernachlässigt von Verwandten in einem viel zu kleinen Haushalt, in dem es des Öfteren nicht allzu harmonisch abgelaufen ist. Ich hatte mit meinem weiblichen Vormund und meiner eigentlichen Mutter quasi zwei Mütter, welche sich sozusagen um mich und "mein Bestes" gestritten haben. Folglich konnte ich zu keiner der beiden Frauen eine tatsächliche, mütterliche Bindung aufbauen. Wann ich meine Mutter oder Großmutter das letzte Mal umarmt habe? Ich weiß es nicht.
Heute bin ich ein sensibler, viel zu nachdenlicher und zugegeben verletzlicher Mann. Ich würde mich selbst als nicht gerade unattraktiv und alles andere als strotzdumm bezeichnen, aber ich muss zugeben dass ich meine Schwierigkeiten mit Selbstliebe und dem Selbstwert im Allgemeinen habe. Freunde habe ich um ehrlich zu sein nicht mehr viele, aber letzten Endes bin ich doch ein sozialer Mensch und fühle mich nicht selten einsam.
Meine aktuelle Beziehung? Wie soll ich sagen ... Es ist eine Frau zum anhimmeln. Wir kennen einander ziemlich genau ein halbes Jahr und sind auch beinahe so lange ein Paar, und es ist eine der klügsten und attraktivsten Frauen die ich je kennenlernen durfte. Ein regelrechter Sonnenschein, wahrhaftig eine Frau mit unzähligen Verehrern und einfach eine Frau, nach der sich die Köpfe drehen. Immerzu der Mittelpunkt im Raum ...
Aber ich erkenne zunehmend, wie sie sich von mir distanziert. Wir sprechen unsagbar offen miteinander, haben uns eingestanden dass sich die Dinge verändert haben und haben uns in einem offenen Gespräch mit Tränen und händchen haltend zu dieser Beziehung bekannt.
Dennoch hat sie mich in einem vorangehenden Gespräch wissen lassen, dass sie ein zeitweises "Kribbeln" für andere Männer nicht abstreiten kann. Dass das ihr Wesen sei und sie schlichtweg nichts dagegen tun kann. Jedoch möchte sie kämpfen und an meiner Seite sein, was mich aufgrund dieser Mehrdeutigkeit schlichtweg verwirrt. Eine offene Beziehung war Thema, jedoch ist dies weder von ihr noch von mir wirklich gewünscht. Sie hat mich wissen lassen, dass sie das trotz allem nicht möchte. Und ich noch weniger ...
Nun ja, ich möchte an dieser Stelle nichts vorenthalten, wenn schon jemand so weit gelesen hat. Manchmal habe ich aufgrund ihrer und auch meiner Verhaltensweisen große Bedenken. Die Art und Weise wie wir uns anfänglich regelrecht in die Arme gefallen sind, wie wir uns gegenseitig auf ein Podest gestellt haben und nichts als das Sie und Ich gezählt hat... Es war himmlisch, wie aus dem Bilderbuch und in Retrospektive beinahe zu schön um Wahr zu sein. Eltern und Freunde kennen lernen, gemeinsamer Urlaub, immerzu Zeit miteinander verbringen ... Alles so brachial schnell, alles auf Einmal. Buchstäblich von 0 auf 100, einfach sowas von unerwartet.
Und wie sehr sie mich abgewertet und ignoriert hat, nachdem wir uns das erste Mal sozusagen im Stillen gestritten haben. Ein falsches Wort von mir, eine ihr negativ auffallende Kritik, und ich war abgemeldet ... Dass es so war habe ich erst im Nachhinein durch ein offenes Gespräch erfahren.
Konkret ging es um ihre kürzlich begonnene Ausbildung, und wie sehr es mich belastet dass sie immer weniger Zeit hat und mir nur sehr kurzatmig antwortet bzw. wir uns von "fast täglich" auf "1-2 Mal die Woche sehen" abgestuft haben ... Ich kann gar nicht in Worte fassen wie sehr ich sie vermisse, wie sehr ich quasi süchtig nach dieser Frau bin. Und weiß gleichzeitig, dass ich mein Glück nicht von einer anderen Person abhängig machen kann und darf. Letztlich hat sie diese Kritik gekränkt, aber sie weiß wie wichtig mir ihr Fortschritt ist und wie sehr es mich freut, dass sie mit diesem Elan an diese Ausbildung herangeht.
Ich weiß, dass eine derartig neue Situation einfach immens kraftraubend ist und sie diese Zeit einfach für sich braucht, aber wenn sie mir ins Gesicht sagt dass sie sich gerne mit Freunden und Freundinnen betrinken möchte, ohne Angst zu haben mir im Zuge dessen das Herz zu brechen, jagt es mir einfach Angst ein.
Wie sehr kann sie mich lieben, wenn diese Trinkereien mit Leuten die sie kaum kennt plötzlich wichtiger sind als ich? Wenn sie mich wissentlich einem derartigen Wechselbad aussetzt und kein großes Interesse zeigt, etwas daran zu ändern? Trotz der Tatsache, dass sie dies sagt ...
Wenn sie mich manchmal stundenlang ignoriert, und mich nicht großartig wissen lässt was sie macht? Und sie mich sogar wissen lässt, dass dieses "Graben" bzw. meine Neugierde sie bloß von mir distanziert? Ist es zu viel verlangt, wenn ich mich manchmal erkundige was meine Freundin vor hat bzw. tut?
Dieses idealisieren und das anschließende abwerten... Das erinnert mich einfach so sehr an meine damalige Beziehung. Besagte Frau hat mit Borderline zu kämpfen und ist nun in Therapie. Über ihr pathologisches Lügen, das hinters Licht führen und das Fremdgehen möchte ich nun lieber nicht schreiben - aber ich hoffe es ist verständlich, dass ich in gewisser Hinscht gebrandmarkt bin. Auch sie hat mich immens idealisiert und mich regelrecht in Liebe gebadet, bis ich plötzlich nicht mehr nach ihrer Pfeife getanzt habe und sie einen Anderen bzw. andere gefunden hat, die ihre Bedürfnisse abgedeckt haben ...
Ob ich meine damaligen Erfahrungen auf meine Freundin projiziere? Ja, das kann sein - und ich habe große Angst davor. Ich denke einerseits, dass ich die Frau für's Leben an meiner Seite habe. Andererseits fürchte ich, diese doch deutlich jüngere Frau (Anfang 20) zu erdrücken und in Ihrer Entwicklung einzuschränken.
Letztlich habe ich Angst, dass ich meiner Freundin nicht vertraue. Ich weiß, dass sie viele neue männliche Kollegen hat und täglich mit diesen schreibt. Grundsätzlich habe ich kein Problem damit, aber ich fühle mich so als würde sie sehr verschlossen diesbezüglich sein und sich angegriffen fühlen, sobald ich nur eine einzige Frage diesbezüglich stelle oder gar das Thema anspreche. Sie wirft mir mangelndes Vertrauen vor was ich gewissermaßen verstehe, aber andererseits ... Muss das denn sein? Ich denke nicht mal daran, mich auf diese Art mit anderen Frauen auszutauschen. Dieses Bedürfnis ist mir schlichtweg fremd.
Bin ich zu eifersüchtig? Habe ich tatsächlich so große Schwierigkeiten mit dem Vertrauen oder sollte ich auf mein Bauchgefühl hören und mir ernsthaft darüber Gedanken machen, ob mich denn mein Beziehungsmuster schlichtweg "solchen Menschen" gegenüber empfänglich macht?
Entschuldigt diesen langatmigen Post, aber ich bin am verzweifeln und weiß einfach nicht weiter. Ich bin für jeden Rat unsagbar dankbar und hoffe, dass vielleicht jemand Erfahrungen mit mir austauschen kann/möchte.
Meine Frage: macht mich die Beziehung unglücklich oder bin ich unglücklich, weil meine Vergangenheit mein Leben diktiert? Mache ich diese wunderbare Beziehung kaputt oder waren die letzten 6 Monate bloß ein illusionäres Strohfeuer?
Vielen Dank an all diejenigen die so weit gelesen haben!
Ratsuchender