"Nach meene Beene is janz Balin varrickt..." (Claire Waldoff)
Also mir reichts :MAL: !
Ich lebe nun schon 33 Lenze und habe in dieser langen Zeit viel erfahren, darunter sicherlich einiges, was mir einen vertieften Einblick in unsere brüchige und heuchlerische Gesellschaft und ihre Mechanismen der Leugnung und Fassadenschieberei vermittelt hat. Keinesfalls bin ich als oberflächlich oder unreflektiert zu bezeichnen, und das Verhältnis des Weibchens zum Männchen und umgekehrt glaubte ich auch durchschaut zu haben, aber dennoch erlebe ich seit einem Jahr in Berlin Szenen, die fern von allem sind.
Ich geb euch mal ein Beispiel.
Ich werd hier permanent angemacht :MAL: .
Beruflich treff ich viele Leute, bin oft auf Veranstaltungen, Tagungen, Empfängen. Nette Sache eigentlich. Man kennt jedoch normalerweise den schmalen Grat zwischen "inhaltetransportierendem Gespräch" und "dämlicher Anmache".
Hier nicht.
Gestern: smarter Werbetyp, den ich interviewt habe, fragt zum Abschluss ganz ungeniert, ob er mal bei mir zuhause vorbeikommen könnte :shock: :shock:
Danach: Treffen in einer Lobby, mein Gesprächspartner vom TV offeriert mir Wasser :shock: und kostenlose Erdnüsse :shock: und lässt nach einem m.E. professionellen Gedankenaustausch meinerseits die Bemerkung fallen, dass er sich seit dem letzten Meeting an meine Beine erinnert :shock: :shock: Ich füge hinzu, der lüsterne alte Sack ist Mitte 60 :FOU:
Wow da fehlen mir die Worte :???:
Noch besser: Gespräch mit Unternehmer. Unmittelbar vor dem Treffpunkt verabschiedet er sich von Frau und Kleinkind, Frau ab mit Kinderwagen, er schielt auf meine Beine und eröffnet das Gespräch mit der Frage, ob ich eigentlich noch Kinder will (mit ihm wohl) - Ehefrau mit Junior war noch kaum um die Ecke gelangt :shock:
Oder: ich muss Taxi fahren, Taxifahrer natürlich aus Kreuzberg, hört türkische Folkloremusik und baggert unablässig, ob ich mit ihm einen Tee trinken gehe in die Kebapbude seines Bruders. Er hätte auch ne Wohnung. Ich: "nein danke, ich bin nicht obdachlos" :shock:
Das ginge ja noch unter "Berlin-blog", aber es gibt weniger Klischeeehaftes: ein Mitarbeiter einer Presseagentur beisst zum Abschied nach einem sachlichen Gespräch mit eindeutigem Grinsen leicht in meinen Handschuh :shock: :shock: hab ihm die Hand natürlich entzogen ähm
Anmachen allüberall. Ich stelle klar, das ist alles ausschliesslich beruflich oder mit beruflichen Situationen verbunden, ich verkehre niemals in Bars oder dergleichen (Sonnenblume ist ausgesprochen brav)
Ist das das dröge Berlin?
Sündenpfuhl der Grosstadt?
Oder trag ich ein Schild auf der Stirn "abhakbare erotische Wunschliste" ohne Werbungskosten? Falls ja, meine Güte, woher, warum und wie geht das schnell wieder weg?!
Da mich hier niemand kennt, zum Vorurteilsabbau: ich bin im Berufsleben immer strikt sachlich auftretend, "business is business", angemessen elegant aber dezent gekleidet, sende definitiv keine Signale aus, die "mann" missverstehen könnte (gestern hatte ich sogar eine ungewollte Miss Moneypenny Frisur, da mein Haarfön defekt ist - very unsexy eigentlich).
Zudem bin ich ja auch nicht mehr die Allerjüngste und ich muss sagen, bis auf eine allerdings schwerwiegende Sache im Studienleben habe ich früher als junges Ding nie solche massiven deplazierten Anmachen erlebt. Warum eigentlich jetzt? Warum überhaupt?
Ich fasse mein phänomenologisches Erstaunen ob dieser Barbarisierung der Balz mal im Affektausdruck zusammen: HÄ?? HÄ??
Spinnen die Männer hier?
Oder mach ich was falsch?
(Nen Freund hab ich allerdings nicht.
Diese lüsternen Säcke will ja keiner.
Und der, den ich ich will jedoch will mich nicht.... :FOU: )