hayfa_11984668Ungekuerzter Zeitungsartikel GZ vom 27.11.07 von Prof. M. Spitzer, Uni-Klinik Ulm:
Partnerliebe funktioniert mit den Hormonen der Mutterliebe
In der Sozialpsychologie beschreibt Bindung einen Sachverhalt, der sowohl die Liebe zwischen Mann und Frau als auch die Liebe zwischen Mutter und Kind betrifft. Wer kennt nicht das Bild des Nobelpreistraegers Konrad Lorenz, dem die jungen Graugaense hinterher schwimmen. Sie hatten ihn und nicht ihre Mutter nach dem Schluepfen als erstes bewegtes Objekt gesehen und waren damit auf ihn gepraegt worden.
Aehnliche starke Bindungen gibt es bei vielen Tierarten auch von Seiten der Mutter gegenueber den Jungtieren. Die Mutter verliebt sich unsterblich in ihre Kleinen und ernaehrt, beschuetzt und verteidigt diese bis zur Selbstaufopferung.
Beim Menschen geschieht dies durch das Hormon Oxytocin. Von diesem weiss man schon laenger, dass es beim Saugen des Neugeborenen an der Brustwarze der Mutter von deren Gehirn ausgeschuettet wird und an der Gebaehrmutter fuer Blutstillung sowie an der Brust fuer mehr Milch sorgt. Zudem wurde gefunden, dass Oxytocin bei der Mutter fuer starke Gefuehle gegenueber dem Saeugling sorgt und ihm damit das Ueberleben sichert.
Das ganze hat zunaechst mit romantischer Liebe, wie man sie zwischen Mann und Frau kennt, nichts zu tun. Die Tatsache jedoch, dass Oxytocin auch beim Mann ausgeschuettet wird und dass der Reiz hierzu in koerperlichem Kontakt und nicht zuletzt in koerperlicher Liebe besteht, hat zur Vermutung gefuehrt, dass dieses Hormon auch fuer die Bindung zwischen Mann und Frau (und damit nicht nur fuer die Bindung zwischen Mutter und Kind) von Bedeutung ist.
Dies konnte mittlerweile durch eine grosse Anzahl von Studien nachgewiesen werden. Es scheint, als haette die Evolution den Mechanismus der langfristigen Bindung zwischen Mutter und Kind einfach zweckentfremdet und gerade im Hinblick auf die lange Entwicklungsperiode von Menschenkindern dafuer gesorgt, dass Kinder von beiden Eltern beschuetzt und versorgt werden.
Im Tierreich jedenfalls konnte gezeigt werden, dass langfristige Paarbindungen durch Hormone direkt verursacht werden koennen.
Waehrend das Testosteron den Sex antreibt, kommt es also durch Sexualitaet zu Bindungsprozessen, die weit ueber das Sexuelle hinausgehen und langfristige Wirkungen haben. Diese Prozesse sind biologisch der Mutterliebe gleichsam entlehnt, funktionieren beim Menschen aber nicht nur im Hinblick auf die Mutterliebe, sondern auch im Hinblick auf die Bindung zwischen den Partnern. Wer die Neurobiologie der Liebe und vor allem die unterschiedlichen Funktionen und Mechanismen von Sex, romantischer Liebe und Bindung kennt, der wird sich besser zurechtfinden: Liebe ist nicht dasselbe wie Sex, und beides ist von Paarbindungen zu unterscheiden. Wer in seiner Beziehung romantische Liebe auf Dauer beansprucht, ueberfordert sich und den Partner. Was nicht heisst, dass man gebunden nicht mehr liebte, und auch nicht, dass Romantik mit dem Partner immer wieder neu erlebt werden kann. Wer die Liebe kennt, versteht sich und den Partner besser.
HABT ihr das nicht auch schon gehabt, dass Euch die erste Liebe noch am meisten in Erinnerung ist und Euch gern daran zurückerinnert und da immer noch Gefühle sind?