Hallo Ihr Lieben,
ich bin bisher nur stille Mitleserin. Aber die Ereignisse der letzten Monate bringen mich dazu, mich Personen mitzuteilen, die privat einfach nichts mehr mit mir zu tun haben, um mal komplett unabhängige Meinungen zu hören.
Ich bin mittlerweile 30+, habe zwei wunderbare (und auch anstrengende) Kinder im Kindergarten- und Grundschulalter und bin seit einigen Jahren verheiratet. Beruflich bin ich relativ erfolgreich, verdiene trotz Teilzeit gutes Geld und fühle mich da mit ein paar Ausnahmen auch ganz wohl. Mein Mann sagt mir eigentlich immer dass er mich liebt und ich glaube es ihm auch voll und ganz. Und dennoch habe ich das Gefühl dass ich in diesem Leben, das ich gerade führe nicht angekommen bin.
Die letzten Monate habe ich irgendwie wie in Trance verbracht. Angefangen hat es, als sich im September nach längerem mein Ex-Freund wieder bei mir gemeldet hat. Wir haben uns vor vielen, vielen Jahren im Guten getrennt, aus eher "vernünftigen" Gründen. Ein klärendes Gespräch gab es nie, dennoch haben wir immer mal wieder Kontakt gehabt. Er hatte mir zur Hochzeit und zu meinen Kindern gratuliert, hat immer mal wieder gefragt wie es geht usw. Immer recht oberflächlich. Ganz aus meinem Leben verschwunden ist er gedanklich nie, aber ich habe gelernt damit zu leben. Im September dann hat er sich wieder gemeldet. Der Kontakt war relativ intensiv. Wir haben relativ oft geschrieben und haben uns bei einander "ausgekotzt". Das Vertrauen von früher war noch immer da, aber eher auf freunschaftlicher Basis. Dennoch wurde das Verhältnis zu meinem Mann anders.
Mein Mann ist das was man wohl einen "Eigenbrötler" nennt. Er nörgelt relativ oft, lässt sich wenig auf andere Menschen ein. Hat zu wenigen Menschen Vertrauen und klammert sich sehr an mich wenn wir zusammen unterwegs sind. Ich bin da eher das genaue Gegenteil. Ich habe gerne Kontakt zu anderen Menschen, unterhalte mich viel und lache viel und gerne. Ich habe einen großen Freundes- und Bekanntenkreis und so ziemlich keiner kann verstehen wie wir zusammen passen, da er sich auch niemandem mitteilt und wenn möglich immer mich reden lässt. Genau so verhält es sich mit Entscheidungen. Er tut sich schwer mit Entscheidungen und überlässt sie gerne mir. Und da fängt das nächste Problem an. Ich muss für so ziemlich alles in unserem Familienleben die Entscheidung treffen. Kleinigkeiten, wie sie in einem normalen Familienleben üblich sind, sind auch kein Problem. Ich muss aber alles entscheiden. Beispiel: Auto kaputt. Meine Befürchtung war, dass das Auto nicht mehr zu retten ist. Mein Mann hat mir die Entscheidung überlassen. "Wenn die Werkstatt sagt, dass es nicht mehr tut, kaufst du eben ein Neues!" Warum ich alleine? Es geht hier nicht um 100€ sondern um wesentlich mehr! Genau so wurde unsere Wohnung zu klein. Die Verantwortung ob wir uns eine neue Wohnung finanziell leisten können liegt komplett bei mir. Wenn ich falsch rechne, trage ich die Verantwortung dafür wenn wir keine Rechnungen zahlen können. Ich muss immer gucken, wie ich unvorhersehbare Kosten decken kann. Und das sind nur die groben Details. Diese und viele weitere Kleinigkeiten haben mich wohl unterbewusst recht unzufrieden gemacht. Ich habe mich schon länger nicht mehr wohl gefühlt, aber ab dem Moment im September habe ich besonders empfindlich reagiert.
Es waren einzelne Nebensätze von Freunden auf meinen Mann bezogen, die mich immer mehr ins Grübeln gebracht haben. Viele Dinge die mein Mann gemacht oder eben auch nicht gemacht hat die mich innerlich rasend gemacht haben. Und dann hatte ich ein langes Gespräch mit meiner Schwiegermutter.... Ich habe eine tolle Schwiegermutter. Wir verstehen uns sehr gut und sie nimmt ihre Kinder nicht immer grundsätzlich in Schutz wie es in vielen anderen Familien gehandhabt wird. Bei einem langen Gespräch bei einem Tee erzählte sie mir von ihrer Ehe mit dem Vater meines Mannes. Sie haben sich bereits getrennt als die Kinder noch klein waren. Mein Mann erinnere sie in vielen Dingen an seinen Vater, und das nicht nur in positiven Hinsichten. Sie sagte mir, dass sie bereits seit längerem sieht dass es mir nicht gut geht. Sie sieht, dass ich mich mich um meine Familie kümmere, um meine Eltern und Geschwister, die auch nur Probleme haben und eben auch um sie, die sich trotz drei Kindern hauptsächlich auf die Schwiegertochter verlassen kann. Sie sieht dass es mir zu viel wird und meine Unzufriedenheit dadruch größer wird. Ich solle bitte mit meinem Mann reden und ihm sagen wie es mir geht, da die Männer in dieser Familie wohl sehr blind auf diesem Auge seien. Das Gespräch beendete Sie mit dem Satz: "Du bist über deinen Mann hinaus gewachsen!" Ich habe mir das Gespräch zwar sehr zu Herzen genommen, aber für mich behalten.
Wahrscheinlich habe ich mich dennoch anders verhalten. Irgendwann hat mein Mann gefragt ob ich ihn noch liebe. Diese Frage war so unerwartet, dass ich ihm nicht antworten konnte. Die nächsten Tage habe ich mich komplett zurück gezogen und bin ihm komplett aus dem Weg gegangen bis ich ihm irgendwann sagte, dass ich es nicht weiß. Daraufhin war funkstille. Er ist ins Gästezimmer gezogen und hat kaum mit mir geredet. Irgenwann ist er gekommen und gefragt ob ich mit dem Blödsinn endlich aufhören könne, was mich aber so wütend gemacht hat. Denn er hat es nur als "Psychospielchen" empfunden um ihm irgendwas zu beweisen. Das hat mich so sehr verletzt, dass die nächsten Tage kaum mit ihm geredet habe. Wenn die Kinder anwesend waren, haben wir beide versucht alles irgendwie zu überspielen, was hoffentlich aush geklappt hat.
Nach einigen Tagen hatten wir ein relativ klärendes Gespräch. Ich habe ihm so ehrlich wie noch nie gesagt dass ich nicht alleine die komplette Verantwortung für ihn, unsere Kinder und mich tragen kann. Ich gehe komplett unter weil ich nur noch funktioniere und kein Ventil habe. Beruflich bin ich ziemlich aufgestiegen, bilde mich fort, kümmere mich um alles und jeden, sogar die handwerklichen Dinge und Autoreparaturen bleiben an mir hängen. Genau so wie der Haushalt, die Kinder, seine und meine Eltern. Im Grunde komplett alles... Er meinte nur, ich sollte meine Freundschaften etwas reduzieren, da ich mich ja nicht auch noch da einbringen kann, wenn ich mal die Kinder meiner Freundinnen mitnehme usw. Für mich ist das unter anderem aber ein Geben und Nehmen. Da ich hier zugezogen bin (für ihn) und wir hier nur seine Mutter in Notfällen als Anlaufstelle haben, bin ich auf Freunde angewiesen, die mir immer mal wieder mit Kindern und oder Besorgungen unter die Arme greifen. Genau so handhabe ich es auch, da ich weiß, dass sie auch mich mal "retten" wenn Not am Mann ist. Nennen wir es mal "Mütternetzwerk"... Da er aber nicht in dieser Zwickmühle steckt weil ich ja immer alles kläre, kann er das auch nicht nachvollziehen.
Seit diesem Gespräch versuchen wir uns beide enorm zusammen zu reißen. Mal klappt es besser, mal klappt es schlechter. Manchmal wache ich Nachts auf und höre wie er mit mir redet. Er sagt mir Nachts, wenn er denkt dass ich schlafe, wie sehr er mich liebt und wie sehr es ihn verletzt dass ich wohl nicht so fühle. Mir das direkt ins Gesicht sagen kann er aber nicht... Er hat wirklich viele gute Seiten an sich in die ich mich damals auch verliebt habe. Ich wusste immer, dass jemand da ist der mich immer in den Arm nimmt. Aber ich sehne mich nach weniger Verantwortung. Ich bin nur noch müde und stehe neben mir. Ich habe das Gefühl, dass alles was wir uns aufgebaut haben eine pure Lüge ist - mehr Schein als Sein.
Und NEIN - Mein Ex-Freund hat mit meiner Gefühlslage meinem Mann gegenüber nichts zu tun. Ich mag ihn zwar sehr, aber mehr ist da von meiner Seite nicht, obwohl ich wahrscheinlich duch ihn weiß, dass eine Beziehung auch anders (wenn auch nicht besser) funktionieren kann.
Ich weiß ehrlich gesagt selbst nicht warum ich das Bedürfnis hatte ganz fremden Menschen einen so langen Text zu schreiben. Aber es tut mal gut sich alles von der Seele zu schreiben, da trotz Aussprache noch lange nicht alles gut ist und ich nicht weiß ob es nochmal eine intakte Beziehung sein wird.
Vielen Dank für´s lesen!
Viele Grüße