zowie_12530744Hallo netti,
auch mich hat dein beitrag total berührt.
ich versuche dir einfach mal aufgrund meiner lebenserfahrung ein paar tipps zu geben, vielleicht ist ja etwas brauchbares dabei.
es ist eine superkrasse lage.
aber sehen wir es mal so an (bitte jetzt nicht falsch verstehen): wenn du hier im forum einige beiträge durchliest, wirst du sehen, dass es viele menschen gibt, die ziemlich krasse dinge in ihrem leben durchgemacht haben. jeder geht natürlich damit anders um.
ich sehe das mal so: die einen geben auf, geben sich auf, fühlen sich mit dem ganzen überfordert - die anderen fangen gerade dann an zu kämpfen.
so wie alles im leben hat nämlich auch so eine schreckliche krankheit zwei seiten: die erste sind natürlich die ganzen schrecklichen auswirkungen, die zweite seite ist aber die möglichkeit, dass man innerlich daraus wachsen kann. hast du dir das schon mal überlegt? aus solchen schwierigen situationen kann man innerlich total viel kraft schöpfen.
ich finde es so schade, wenn menschen so schnell aufgeben wie dein freund das anscheinend gerade tut. ich selbst habe ziemlich krasse sachen erlebt, deshalb kann ich das vielleicht etwas beurteilen (du kannst mir gerne eine pm schicken oder noch besser deine e-mail-adresse, dann kann ich dir vielleicht direkt von meinen erfahrungen tipps geben :)).
du hat es ja selbst erfasst: er definiert sich jetzt so sehr über sein aussehen. ich würde es als torschusspanik bezeichnen. als torschusspanik vor dem ende des lebens. deshalb das ganze geflirte, das neue aussehen.
anscheinend hatte er vor der krankheit nicht so ein großes selbstvertrauen, war mit seinem körper nicht zufrieden, hat sich wahrscheinlich innerlich gewünscht, mehr anerkennung von frauen zu erhalten. nun ist er schlank und jetzt nutzt er das richtig aus.
aber ganz ehrlich: dies ist die oberfläche. wirklich innere stärke hat er nicht erreicht. sonst hätte er das nicht nötig.
wie kannst du ihm helfen: nun, steh ihm bei. hör dir seine sorgen an. ich denke, er sollte drigend in eine selbsthilfegruppe gehen. dort findet er gleichgesinnte. das würde ihm sicherlich helfen (das es auch ein leben mit ms gibt). aber du darfst ihn nicht zwingen/drängen, zu so einer gruppe zu gehen- die entscheidung muss von ihm selbst kommen.
aber ich bitte auch dich etwas: gib dich nicht auf. sei nicht mit ihm zusammen aus mitleid. es ist eine heftige krankheit. ja. aber er ist nicht der einzige mensch auf der welt, der eine heftige krankheit hat.
und ich denke, er würde es außerdem merken, wenn du mit ihm irgendwann nur noch aus mitleid zusammen bist - das würde sein selbstbewusstsein noch mehr in die knie zwingen. also, tue das nicht.
vielleicht machst du dir gedanken, ob er sich nicht dann umbringt, wenn du nicht mehr mit ihm zusammen bist. nun, bitte verstehe folgendes nicht falsch, aber letzten endes müssen wir alle unseren weg alleine gehen. ich habe liebe menschen, die mich unterstützt haben, als es mir schlecht ging, aber kämpfen musste ich alleine. so wie er stand ich auch auf der weggabelung zwischen aufgeben und weitermachen/kämpfen.
also, der tipp an dich: bitte versuche, immer noch an erster stelle dein eigenes glück zu sehen. und wenn du denkst, dass du die beziehung nicht halten kannst, dann mache bitte schluss. er wird dich vielleicht mit vorwürfen überhäufen. aber bitte mache dir die vorwürfe nicht selbst. denn du musst auch dein leben auf die reihe kriegen, oder? und du kannst immer noch für ihn da sein.
wen gibt es noch in seinem leben, der für ihn da ist?
so, nun noch etwas zu ihm: er meinte, er würde sich umbringen, bevor er im rollstuhl sitzen müsste. dieser satz hat mich echt schockiert. aber genau dies ist eben diese weggabelung: aufgeben oder kämpfen. es gibt so coole rolli-fahrer. viele menschen sind gerade durch solche krankheiten stark geworden. ich denke, es würde ihm erheblich besser gehen, wenn er der krankheit direkt ins auge blickt, sich wirklich mit ihr und den folgen auseinandersetzt, als sie zu verdrängen, denn er rennt gerade davon, aber dann wird er davon eingeholt.
wenn er sie wirklich aus seinem leben vernichten will, dann muss er sich ihr stellen.
nun, ich stand mal in meinem leben vor einer kreuzung, da bekam ich panik und dachte: ich habe so viele träume. ich schaffe das eh nicht. und dann sind wichtige jahre in meinem leben vorbei. chance verpasst. dann kann ich mich ja eh unter die erde legen.
was habe ich gemacht? überlegt, wie ich diese träume noch verwirklichen kann (im rahmen des möglichen - alles im leben hat grenzen). ich habe deshalb begonnen, mein leben voll umzukrempeln. und mir geht es dadurch blendend - und ich habe gemerkt, dass es immer weiter geht. wenn sich die eine tür schließt, öffnet sich eine andere.
weisst du, ich habe jetzt z.b. einige pläne für mein leben - ich habe keine ahnung, ob ich etwas davon umsetzen werde/kann etc. aber ich will es jedenfalls versuchen. was hat man denn zu verlieren? gar nichts. wenn man aufgibt, bevor man anfängt zu kämpfen, hat man verloren. weisst du, ich habe mir irgendwann mal folgendes gesagt: wenn ich mal sterben werde, dann will ich im kopf eines wissen - ich habe mein bestes gegeben und habe es versucht. alles andere lag nicht in meiner macht. aber das, was in meiner macht lag, will ich versucht haben. so probiere ich auch dinge, bei denen die erfolgschance sehr gering ist - was hat man zu verlieren? nichts. aber man hat 100% verloren, wenn man es noch nicht mal versucht.
und genau dies sollte er doch auch machen: wenn er leute kennenlernt, die mit der krankheit leben (gut leben), wird er sehen, dass es immer wege gibt. es muss nicht der hardcore-fall eintreffen. aber er darf sich nicht hängenlassen. das wäre so schade.
was hat er zu verlieren, wenn sich jetzt der krankheit stellt? gar nichts (denn er kann nur gewinnen).
aber was hat er zu verlieren, wenn er sich jetzt der krankheit nicht stellt? alles!!! (denn dann hat er eh schon verloren, weil er noch nicht mal anfängt zu kämpfen)
das ist der unterschied.
herzliche grüße und alles gute
notting hill