Ich entschuldige mich im Voraus für den langen Text, es ist bereits die absolute Kurzfassung.
Ich kenne meine Ex-Freundin nun seit elf Jahren. Sie war eine Zufallsbekanntschaft aus dem Internet (kein Datingkram) und ich habe mich sofort in sie verliebt. Sie sich nicht in mich. Wir telefonierten viel, ich war immer für sie da. Unsere Treffen waren aufgrund meiner vorhandenen und ihrer nichtvorhandenen Gefühle immer etwas verkrampft. Irgendwas war da, aber es passierte nichts, also nichts körperliches. Jahre später zeigte sie mir einen Aktenordner, in dem alle Emails von mir ausgedruckt abgeheftet waren. Also irgendwas war da. Das ging solange sie einen Freund hatte, trotz Kontaktabbrüchen ihrerseits zwischendurch. Als sie sich nach relativ kurzer Zeit wieder trennte, rief sie mich wieder an und sagte, sie bräuchte meine Hilfe, es ginge ihr schlecht etc. Ich half ihr bei der Trennung, bat ihr einen gemeinsamen Urlaub an und da passierte es. Nach fünf Jahren Freundschaft hatte ich sie endlich erobert - oder sie mich. Wir waren beide wie im 70. Himmel. Nach dem Urlaub entschloss ich mich, in ihre Stadt zu ziehen um dort ein Studium zu beginnen.
Der Anfang war wunderschön, es begannen aber schnell Streiterein wegen Nichts. Sie fing früh an Dinge an mir zu bemängeln, mein Äußeres, meine Art. Ich sei schon toll, aber man könne mich eben verbessern. Sie war damals 30, ich 25. Die Streitanlässe waren schon sehr unverhältnismäßig zur Reaktion. Es gab teils Beschimpfungen, Autoaggression, auch Schläge gegen mich, parasuizidale Handlungen und Weg- und Hinterherlaufen. Die schöne Zeit überwog damals aber noch. Nach einem Jahr zog ich in die Wohnung neben ihrer, wir wohnten also fortan Tür an Tür.
Ein Dauerstreitthema war meine Haushaltsführung. Sie ist sehr pedantisch, bei mir kann sich auch schon mal das Geschirr in der Spüle stapeln. Ich sollte mich ihrem Standard immer angleichen, habe es oft versucht, aber nie geschafft. In ihrer Wohnung verhielt ich mich einwandfrei und partnerschaftlich, weswegen ich ihr auch dauernd versuchte zu erklären, dass eine gemeinsame Wohnung kein Problem wäre. Sie sah das anders. Bis zu letzt hatte ich die Vermutung, sie gab nur vor, mit mir zusammenziehen zu wollen und fand in jedem meiner Fehler einen Beweis dafür, dass es nicht ginge.
In den ersten zwei Jahren der Beziehung war sie sehr depressiv, einfach dankbar für meine Anwesenheit und Liebe. Ich tat ihr gut und sie strahlte an meiner Seite. Ich fand das toll. Für eine Therapie, von deren Wichtigkeit ich sie nach den parasuizidalen Handlungen überzeugen wollte, war sie noch nicht soweit. Ich bekam zunehmend Probleme in der Beziehung, die Streits und die Kritik an mir häuften sich. Außerdem hatte ich Probleme mit mir selbst, mein Studium lief nicht, die Stadt gefiel mir nicht. Ich wurde innerlich aggressiver, richtete das aber nicht gegen sie. Vieles sah ich damals nicht mehr so positiv.
Bis ins dritte Jahr wuchs ihre Liebe. Dann wollte sie sich das erste Mal trennen. Dies ging dann noch drei Jahre so weiter. Die Beziehung verkam zu einer on/off-Beziehung mit totaler Nähe und absoluter Distanz. Immer war sie es, die die Kontrolle behielt, wann und wie es weiterging. Stets wurden mir neue Auflagen gemacht, ich musste ihr immer versprechen, was sie wollte, sonst könne sie das nicht mit uns. Ich hatte mich längst wieder gewandelt, war offen für sie und wollte alles auf die Reihe kriegen.
Im letzten Jahr hatte ich die Gelegenheit, mit relativ hohem Zeitaufwand ziemlich viel Geld im Internet zu verdienen. Darunter litt die Beziehung. Sie wollte ständig mehr gemeinsame Zeit, die ich nicht hatte, immer dann, wenn ich sie nicht hatte. Meine komplette sonstige Freizeit gehörte ihr und der Zustand würde auch nicht ewig anhalten. Zwischenzeitlich hatte ich nach einem Streit eine Therapie begonnen. Ich hatte auf mein Recht bestanden, auch mal ein zweites Bier trinken zu dürfen, ohne sie vorher zu fragen und nachdem sie sich deswegen von mir abgewendet hatte und als Alkoholiker beschimpft hat, dies auch etwas lauter vorgetragen. Daraufhin Rauswurf, Kontaktabbruch, bis ich mich entschuldigte und den Fehler bei mir suchte - und das, bis ich ihn wirklich fand. So ging es immer.
In der Therapie kam raus, dass ich keine psychische Störung habe, sie aber vermutlich schon. Wir machten daraufhin noch eine Paartherapie, die sie abbrach, weil niemand sie verstehe. Ich nicht, der Therapeut nicht. Die Auslöser für Streits wurden immer winziger, ihre Äußerungen vernichtender. Ein falsches Wort von mir, selbst wenn es richtig war, und sie konnte ausrasten. Ich habe sie immer in einem Zustand zwischen angespannt, anhänglich, traurig und resignativ wahrgenommen. Dagegen tun konnte ich nichts. Ich versuchte sie zu beruhigen, ohne Erfolg. Sie hasste alles was ich tat, wenn es nicht ihr oder der Beziehung unmittelbar zu Gute kam. Die Arbeit war ein rotes Tuch. Ich durfte auch nicht auf mein Handy schauen in ihrer Gegenwart, ohne als handysüchtig bezeichnet zu werden, selbst wenn sie ihres öfters benutze. Gleichzeitig wurde ich immer kleiner geredet, was sie eigentlich die ganze Beziehungszeit über tat. Um mich zu verbessern, wie sie sagte, nicht um mich fertig zu machen. Glauben konnte ich das irgendwann kaum noch. Sie hatte dabei auch relativ krasse Methoden drauf. Z.B. sagte sie, meine Eltern würden mich sicher so selten besuchen, weil ihnen meine Wohnung zu dreckig sei. Auf Nachfrage erklärten diese später, dass sie meine Wohnung immer in Ordnung fanden.
Beim klitzekleinsten Fehler wurde mir Verantwortungslosigkeit unterstellt, dabei war ich elf Jahre Tag und Nacht für sie da. Wegen einer Schlafstörung brauchte sie mich eine Zeit lang nachts sehr häufig. Ich habe mich in jeder Lebenslage um sie gekümmert. Sie wünschte sich immer, dass ich sie ins Bett bringe. Wenn ich es nicht tat, spürte ich ihre Enttäuschung, die sich zur Verachtung steigern konnte.
Fairness und Gleichberechtigung gab es zu selten. War sie z.B. krank, erwartete sie, dass ich komplett für sie da bin, mit voller Nähe, bis ich selbst krank würde. Umgekehrt hätte sie mir vielleicht mal einen Tee gemacht, mich sonst aber komplett gemieden. Aus Angst vor Ansteckung. Das wurde mir irgendwann zu bunt.
In einer Situation verteidigte ich mal wieder gegen den Vorwurf der Verantwortungslosigkeit. Meine Eltern hatten eine Absprache getroffen, die man, ihrer Meinung nach, meiner Mutter nicht zumuten könne. Ich müsse mich da einmischen. Ich tat es nicht, mit dem Hinweis, dass meine Eltern erwachsene Menschen seien und sie das bitte verstehen solle. Das sei typisch für mich, total verantwortungslos usw. Irgendwann brüllte ich in den Telefonhörer, sie solle es endlich lassen. Sie legte auf und schrieb dann nur, man könne die Beziehung ja ohnehin beenden, wenn ich nur rumbrülle und so respektlos sei. Die Beziehung wurde permanent infrage gestellt.
In ihren Augen war die Beziehung schlecht und ich war es auch. Und selbst wenn mal alles toll war, es würde wieder anders werden. Das sagte sie so oft, bis ich reagierte und es anders wurde. Nach der gescheiterten Paartherapie begann sie ihre eigene Psychotherapie (angeblich, um von mir loszukommen), bekam auch schnell die Diagnose Bindungsstörung und zeitweise wurde es besser, um dann wieder zu kippen.
Die vielen ons und offs zerrten an uns beiden. Bei mir war es so, dass ich, weil von mir nie direkt ein Bruch ausging, eine Woche auf sie wütend sein konnte und gut zurecht kam. Danach vermisste ich sie wahnsinnig und die Hölle brach los. Ich verstand die Welt nicht mehr, bat sie immer unter Tränen, dass wir weiter kämpfen, nahm die Verantwortung für vorangegangene Konflikte immer auf mich. Sie wertete das später als kurzfristige, nicht ernstzunehmende Einsicht, weil mir die Felle davon schwammen. Wir konnten beide nicht ohneeinander und auch nicht lange mit unserer Beziehung.
Ihre Sätze waren immer die gleichen: Wir haben keine Gemeinsamkeiten, Ich habe keine Kraft mehr, Mir ist das zu viel Stress, Es wird sich nichts ändern, Du musst Dich ändern. Ab und zu noch ein Ich würde mich gerne von Dir trennen, aber schaffe es nicht oder Ich würde so gern glücklich sein, am liebsten mit Dir, weil ich Dich liebe. Ich solle sie endlich wieder glücklich machen. Sie stellte bei jeder Aktion meine Liebe infrage. Alles sei mir wichtiger als sie, was überhaupt nicht stimmte, im Gegenteil, nichts war auch nur im Ansatz wichtiger. Aber das spürte sie wohl nicht und redete ständig dagegen. Im Kurzurlaub, den ganzen Tag zusammen, kommentierte sie ein zweiminütiges Schweigen meinerseits im Cafe mit Siehst Du, Du willst doch gar nicht mit mir reden anstatt ein Gespräch anzufangen. So machte sie es immer. Und wenn ich dann ihre Hand nahm und sagte, dass ich gerne mit ihr rede, glaubte sie es nicht, denn dann hätte ich nicht zwei Minuten geschwiegen. Egal was ich tat, ich kam dagegen nicht an.
Ich wollte das nicht so nah an mich herankommen lassen. Ich war schon durch aufgrund der Trennungszustände und Streits, wollte keine Fehler mehr machen und dass es funktioniert. Sie hatte mal resigniert und war traurig, mal war alles wie immer, dann wieder Hoffnung, dann wieder Resignation. Und irgendwie immer häufiger diese giftige Kommunikation und die Provokationen. Gleichzeitig dieser extreme Drang nach Liebe, meiner Liebe, die da war, aber bei ihr nicht ankam.
Ihr Bild von mir war total negativ und ich kam nicht dagegen an. Ich säße nur zuhause am PC und wolle nicht raus, sie aber raus in die Welt. Daraufhin lud ich sie direkt spontan nach New York ein, am besten sofort, aber sie wollte nicht, sie müsse dann führen, ich wäre ja total verloren in New York. Diese Einschätzung konnte ich gar nicht teilen, es war wieder kleinmachen. Ich wollte um jeden Preis Silvester mit ihr verbringen, sie nur eine Viertelstunde sehen, aber dies war ihr zu früh nach einem Streit. Zuvor waren wir aber ein paar Stunden zusammen, verstanden uns und haben wie Teenager rumgeknutscht. Danach auch. Silvester war aber mein Wunsch und meine Wünsche zählten irgendwie nicht. Kurze Zeit später war sie es wieder, die sich ungeliebt fühlte. Ich musste sowas immer verstehen und schlucken.
In den letzten Monaten vor der Trennung kam ich kaum noch an sie heran und die Intensität der Streits, die sie in meinen Augen initiierte und teils inszenierte, ging nur noch an die Substanz. Dann wollte sie wieder die totale Nähe. In vielen Situationen, in denen sie bereits die Kommunikation zu Beginn scheitern ließ, blieb ich noch ruhig, nahm viele ihrer Anfeindungen, ihrer Missinterpretationen meiner Aussagen und ihrer Abwertungen hin. Die Lage eskalierte Mitte Mai diesen Jahres. Ich solle endlich meinen Haushaltstandard ihrem anpassen. Das versuche ich ja schließlich schon seit vier Jahren. Sie bräuchte endlich Veränderung. Außerdem sei es ihr zu wenig Liebe, zu wenig Aufmerksamkeit und zu wenig gemeinsame Zeit. Ich arbeitete wirklich viel, versicherte ihr aber immer, dass das Geld für eine gemeinsame Zukunft gedacht sei. Sie hatte Träume und Wünsche. Mal wollte sie ein Kind, mal nicht. Eigentlich wollte sie ja die Welt sehen. Und ich als Langzeitstudent hatte ihr nicht wirklich viel zu bieten.
An einem Tag war sie mit meiner Haushaltsführung einigermaßen zufrieden, gab noch ein paar Tipps und lobte mich sogar. Zwei Tage später war aber nicht alles perfekt und sie rastete aus. Ich sagte ihr, sie hätte langsam verkackt, ich putze meine Wohnung für sie und wenn ihr alles nicht recht ist, ist es immer noch meine Wohnung, in der sie sich sowieso nicht länger als zehn Minuten pro Tag aufhält, weil sie sich ohnehin nicht wohlfühlt. Daraufhin schlug sie auf mich ein. Sie ist zwar klein und zierlich, aber es war nicht das erste Mal und es verletzte mich psychisch immer aufs Neue. Wenn sie solche Ausraster hatte, wurde ich ebenfalls unfair, sagte z.B. wenn sie so weiter mache, ließe ich sie einweisen, was sie immer mit einem Bitte, bitte, tu es kommentierte. Nach ihren Schlägen wollte ich sie rauswerfen. Körperlich könnte ich es aber nicht tun. Darüber machte sie sich lustig. Ich solle sie doch richtig rauswerfen, zurückschlagen etc. Sie würde nicht gehen. Sie ging dann aber doch, ich holte kurz Luft. Sturmklingeln. Ich öffnete die Tür, in der Hoffnung, sie habe sich abgeregt. Ich sei so dumm, dass ich ihr immer wieder die Türe aufmachen würde, sagte sie, um mich mit voller Kraft weiter zu schlagen. Dann wieder Funkstille. Drei Wochen einen blauen Fleck. Solche Ausraster konnten sich gut mal eine Viertelstunde ziehen, manchmal auch länger, mit vielen Tränen auf beiden Seiten.
Ich zweifelte immer mehr, ob sie das nicht alles mit Absicht tat. Sie sabotierte doch ganz offensichtlich. Ich wies sie immer wieder darauf hin. Wenn sie wirklich wolle, dass es klappt, müsse sie sich doch anders verhalten. Das gab sie einfach zurück.
Kurz vor der Trennung gab es eine letzte Annäherung. Es war der letzte Tag, an dem ich im Netz Geld verdienen könnte. Ich sagte ihr, dass ich ab Morgen wieder voll für sie da wäre. Es reichte nicht, sie war total verzweifelt. Sie wollte jetzt sofort mit mir raus, um mir Klamotten zu kaufen. Sie würde mich auch dafür bezahlen. Das musste sie natürlich nicht. Schon im Auto bemängelte sie, dass ich nur noch Scheißmusik höre und ihre Lieder nicht fühlen könnte. Wir hatten mal einen sehr ähnlichen Musikgeschmack. Im Laden wollte sie mich dazu zwingen, zwei Teile anzuprobieren, die mir gar nicht zusagten. Und ich fand auch nichts anderes, dass mir zusagte. Einkaufen war gelaufen. Sie war verzweifelt. Zuhause heulten wir beide. Ich wollte den Tag retten, wir gingen was Essen. Eigentlich ein schöner Abend. Danach schlief ich bei ihr, es herrschte Harmonie, wir hatten Pläne für den nächsten Tag.
Am Morgen des nächsten Tages war sie wieder verzweifelt. Sie habe ihre Freundinnen (fast allesamt knapp halb so alt wie sei) belogen, weil die nicht wissen dürfen, dass sie was mit mir mache. Sie hielten sie für bekloppt, dass sie noch mit mir zusammen sei. Nun gut, ich musste schlucken, trotzdem verbrachten wir den Tag zusammen und es war fast wie früher. Wir waren uns da auch beide einig. Sie war richtig euphorisch und voller Liebe. Sie sagte sogar, dass sie mich liebe, was sie sonst sehr selten tut. Auf ihre Bitte versprach ich ihr, immer mit ihr über unsere Probleme zu reden. Die Nacht verbrachte ich wieder bei ihr.
Am darauffolgenden Tag musste sie wieder arbeiten, ich putze dafür meine Wohnung weiter. Sollte ja schließlich gut bleiben. Wir verbrachten einen schönen Abend zusammen, sie sagte, es sei okay, wenn ich bei mir schlafe. Ich lehnte ab, ich sei müde und wolle bei ihr schlafen.
Am letzten Tag dann wich die Harmonie wieder der Alltäglichkeit. Als sie schlafen ging, sagte ich ihr, ich würde dann später bei mir schlafen. Kurze, wortlose Zeit später fuhr sie mich dann einfach an. Du änderst Dich eh nicht. Du wirst Dich nie ändern. Du hast Dich vier Jahre nicht geändert, warum solltest Du es jetzt tun? Dann passierte etwas, das sie hasste. Ich machte zu. Ich konnte nicht mehr. Ich verstand nicht, was das sollte, wie so ein produktives Gespräch entstehen soll. Es war wieder so ein Kommunikationskiller zu Beginn. Ich sagte ihr, dass ich so nicht reden wolle, aber sie bohrte weiter. Was soll sich jetzt ändern? Es ging immer weiter, bis ich wieder lauter wurde. Ich mache das alles für sie, könnte ihr aber auch sagen, sie solle die Fresse halten. Kein netter Ton meinerseits, irgendwo blinde Verteidigung. Also ändere sich ja nichts, ich halte mich nicht an Absprachen (über alles Reden, Haushalt). Ich blieb sauer, sie drückte mir meine Decke in die Hand und warf mich raus.
Am nächsten Morgen trennte sie sich via Whatsapp von mir. Ein paar knappe Zeilen, es ändere sich nichts, ich halte mich nicht an Absprachen, wenn ich einsam wäre, solle ich mich ablenken und ihr nichts versprechen etc. Ich hatte es nicht realisiert. Es gab schließlich zig Trennungen seit Jahren und immer, wenn ich lauter wurde, folgte sofort eine Trennungsandrohung oder Kontaktabbruch. Meistens, eigentlich immer, wollte ich dabei nur in irgendeiner Form auf mein Recht bestehen, z.B. in einer destruktiven Gesprächssituation nicht darauf einzugehen. Ich schrieb dann etwas schärfer zurück, dass es keine Absprachen gebe, die besagen, man kann mich ohne Anlass einfach angreifen und so weiter. Sie ging auf meine Fragen nicht mehr ein. Ich würde mich nie an Absprachen halten, nur leere Versprechen machen und so weiter. Ihr sei das zu wenig Empathie und Wertschätzung. Mir auch. Ich sei so dumm und blind und wir hätten ja so glücklich sein können. Ich sei zu ambivalent und verstehe sie einfach nicht. Sie klingte nicht mehr an meiner Tür, wie sie es sonst tat. Irgendwann, nach einer Woche, schrieb sie auch nicht mehr zurück. Da wurde ich wirklich sauer. Ich beglückwünschte sie zu ihren Veränderungen, von mir hatte sie stets welche erwartet, aber ihr Beziehungsverhalten verbessere sich irgendwie gar nicht. Nachdem wieder keine Antwort kam, würdigte ich die tolle Kommunikation. Als sie das Wochenende über wegblieb, schrieb ich, es sei immer wieder schön, den Sommer mit ihr zu verbringen und dass sie recht hätte, es sei wirklich zu wenig gemeinsame Zeit und zu wenig Liebe. In der darauffolgenden Woche war sie wieder zuhause. Ich klingelte und sie schrieb nur, ich solle sie in Ruhe lassen. Ob sie mir das erklären könne. Keine Antwort, nur nochmal: Lass mich bitte in Ruhe. Ich schrieb einen bösen Satz. Die Tage darauf wurde mir seitens meines anderen Jobs gekündigt.
Ich schrieb ihr drei bis vier Briefe, tausend Seiten, mit allen Gefühlen, von Enttäuschungen bis Entschuldigungen. Sie solle bitte einfach nur mit mir reden, weil mich ihre Ignoranz sehr verletzt und ich völlig am Boden bin und sonst gehen müsse. Unter Tränen jeden Tag ein neuer Brief, keine Reaktion. Nach drei Tagen gab ich es auf. Sie kam nicht. Sie würde nicht mehr kommen. Ich traf sie zufällig im Treppenhaus, weil sie mit ihrer 20-jährigen Freundin in die Disco fuhr, nachdem ich ihr mitgeteilt habe, dass ich jeden Tag innerlich sterbe, wenn sie nicht endlich mit mir redet. Keine Reaktion.
Ich rief sie noch zweimal an, sprach ihr auf die Mailbox, dass es mir leid täte, sie bitte mit mir sprechen solle. Keine Reaktion. Als sie dann an einem Arbeitstag um 7 Uhr morgens nach Hause kam, was in Beziehungszeiten niemals vorgekommen wäre, fing ich sie ab.
Ich solle es endlich sein lassen, sie habe sich getrennt, es gäbe nichts zu reden, nicht mal in vier Jahren, sie liebe mich nicht mehr, da ich ihre Liebe getötet habe und ich solle aufhören, sie zu stalken, weil sie sich in ihrer eigenen Wohnung nicht mehr wohl fühlt. Ich fragte sie, ob ich ausziehen solle, es sei ihr scheißegal, was ich täte. Dann würde ich ausziehen. Solle ich machen. Tür zu. So eiskalt hatte ich sie noch nie erlebt. Ich brach völlig zusammen.
Natürlich habe ich an diesem Tag gekündigt, da ich mir den Stalkerschuh nun wirklich nicht anziehen will. Seitdem auch keine Kontaktaufnahme mehr. Ich war noch zweimal in der Wohnung, sie verbringt Tage und Nächte meistens woanders. In drei Wochen ziehe ich endgültig aus und verlasse ihre (unsere) Stadt wieder.
Ich kann nicht verstehen, wie sie mich nach elf Jahren und sechs Jahren Beziehung so aus ihrem Leben schmeißen kann. Ich weiß auch nicht, ob ich mich nach diesem Abschlussgespräch im Türrahmen je wieder melden sollte. Sie wird es sicher nicht tun.
Sie ist meine große Liebe, ich wollte nie eine andere und will es auch nicht. Ich komme auch alleine klar, denke nur ständig an sie. Aber das Alleinsein ist das Problem nicht. Sie hat mich mit verschiedenen Mechanismen zwar stark von sich abhängig und mich fertig gemacht, umgekehrt empfindet sie das aber wahrscheinlich genauso. Sie ist meiner Meinung nach nicht in der Lage, dauerhaft eine Partnerschaft auf Augenhöhe einzugehen, hat sich aber besonders in den letzten zwei Jahren auch sehr egoistisch entwickelt. Anfänglich hielt ich es für eine Art weibliche Mid-Life-Crisis. Sie wollte so viel tun, machte aber nichts, außer dass sie damit begann, in die Disco zu gehen. Ich fand das in ihrem Alter etwas bedenklich. Überhaupt schien sie etwas zu verpassen und orientierte sich mehr und mehr an ihren sehr jungen Arbeitskolleginnen. Ihre ständigen Abwertungen und Prophezeiungen konnte ich nicht mehr ertragen, ohne sie will ich aber auch nicht. Sie ist nun 35 und vor einem halben Jahr haben wir nochmal kurz von Familiengründung geträumt.
Ich will sie nach so langer Zeit und soviel Kampf einfach nicht komplett verlieren. Irgendwo waren wir beide (fast) immer füreinander da und wollten immer ein sauberes Ende, wenn es denn sein müsste. Aber dieses ist sehr dreckig.
Sie hat mich überall geblockt, ich würde sie heute einfach nur gerne fragen, wie es ihr geht. Ich liebe sie immer noch über alles, sie hat mich offenbar einfach komplett gestrichen, ohne dass es ihr am Ende schwer fiel.
Hat sie mich einfach nur ausgetauscht und den richtigen Zeitpunkt abgewartet, um mir die Schuld zu geben oder habe ich mich einfach komplett scheiße verhalten? Habe ich ihre Geduld überstrapaziert oder ist sie mir auf der Nase rumgetanzt? Ich finde keine befriedigende Antwort. Kann man bzw. frau ihr Verhalten verstehen?