Menschen...
... die schon als Kind und Jugendliche nicht gelernt haben, ihre eigene Meinung für wertvoll zu halten und auch durchzusetzen, werden auch als Erwachsene meistens das tun, was die Familie will. Will sagen: Deiner Freundin ist eingetrichtert worden, dass nur das zählt und richtig ist, was die Familie will. Anwandlungen von Selbstständigkeit und eigenständigem Denken sind bei ihr schon von kleinauf unterdrückt worden. Und wenn sie dann doch etwas tut, was SIE will (was meistens von dem abweicht, was die Familie will), dann wird das permanent begleitet von schlechtem Gewissen, dem Gefühl, hin- und hergerissen zu sein, nicht entscheiden können etc. etc.
Wie soll auch ein Mensch eine Entscheidung treffen können, wenn er das nie gelernt hat? Oder wenn er gelernt hat, das eigenständige Entscheidungen schon als Kind mit Restriktionen verbunden sind? In westlichen Familien wird im Großen und Ganzen Wert darauf gelegt, dass Kinder selbstständig werden. Wenn sie ihre eigene Persönlichkeit entwickeln und Dinge tun, die den Eltern nicht passen, dann ist das nicht der Weltuntergang. Es gehört einfach zum Erwachsenwerden dazu. In anderen Kulturkreisen hingegen wird das Abnabeln der Kinder von den Eltern als Gefahr gesehen, die es mit allen Mitteln zu verhindern gilt. Insbesondere bei Mädchen und jungen Frauen. Im Grunde genommen verbleiben die Frauen auch als Erwachsene im Stadium von Kindern. Entscheidungen zu fällen flößt Angst ein. Selbstständigkeit ist böse!
Nur so kann es dann kommen, dass vermeintlich erwachsene Menschen Dinge tun, die man hier im westlichen Kulturkreis eher schwer nachvollziehen kann: Jemanden heiraten, den man weder kennt noch liebt, zum Beispiel. Die Angst, der Familie nicht gerecht zu werden, lähmt. Genauso die Angst, alleine ohne die Familie zurechtkommen zu müssen, falls man sich gegen den Willen von Mama und Papa stellt.
Letzendlich wird dann das eigene Glück für den Willen der Familie geopfert. Und es wird sich schön geredet, indem man sich immer wieder sagt, dass es schon richtig so sei, denn Mama und Papa stehen über allem, müssen immer geehrt werden und das rechtfertigt auch jedes Opfer etc. blablabla.
Deine Freundin aus dieser Tretmühle rauszuholen wird nur funktionieren, wenn sie anfängt, sich selbst und die Intentionen ihrer Eltern zu hinterfragen. Elternliebe sollte nie mit Bedingungen verknüpft sein - das ist etwas, was sie lernen muss. Sie ist ein wertvoller Mensch und hat es verdient, geliebt zu werden, auch wenn sie Dinge tut, die den Eltern nicht passen. Und sie hat ein Recht, das auch so einzufordern. Wenn ihre Eltern keinen Schritt auf sie zugehen, sollte das für sie ein Zeichen sein, das hier weniger geliebt wird, als sie gedacht hat. Sie sollte ihre Eltern mal fragen, ob es wichtiger ist, wie es ihr mit dem geht, was sie tut, oder ob es wichtiger ist, was die Nachbarn/ Verwandten/ Bekannten denken.