Ich muss es mir einfach mal von der Seele schreiben.
Ich bin seit über 3 Jahren mit jemandem zusammen, der Marihuanasüchtig ist. Er ist 23, ich 20, seit 2 Jahren wohnen wir zusammen. Er kriegt sein Leben ganz gut auf die Reihe, geht jeden Tag arbeiten. Er hätte mehr erreichen können.
Es stört mich seit jeher. Lange habe ich das ganze Ausmaß nicht mitbekommen und glaubte auch nicht so recht, dass die Droge tatsächlich SO süchtig macht.
Nun, auch ich hatte einige Probleme. Nach einem sehr guten Abi bekam ich meinen Wunschstudienplatz, wir bezogen eine gemeinsame Wohnung in Berlin.
Ich fing aber schon bald an, mein Studium zu vernachlässigen. Es schlich sich immer mehr ein. Berlin bietet so viele Möglichkeiten, etwas zu erleben, ich genoss das Studentenleben, ging viel weg und das Studium litt. Nun habe ich einige Probleme dadurch, aber bin dabei, es zu ändern. Es ist nun etwas spät und dadurch schwierig, aber die Weichen sind gestellt und ich bin entschlossen, wieder auf den richtigen Weg zu kommen.
Wir haben uns immer mehr gestritten, selbst aus häuslichen Angelegenheiten wurden große Streits. Er muss jeden Tag früh aufstehen, also verstehe ich, dass es ihn belastet, dass er auch zuhause Stress hat. Er ist leider aber auch ein sehr rechthaberischer Mensch, der Kritik an sich nicht gelten lässt. So hatte ich kaum eine Chance.
Ich habe Fehler gemacht, ich sehe das ein. Aber auch, wenn es tatsächlich mal an ihm war, etwas einzusehen, passierte dies nie. Mein ehemals starkes Selbstbewusstsein litt extrem. Ich sah mich immer mehr als Menschen, der nichts wert ist, habe meine Meinung aufgegeben, ihm recht gegeben, mich entschuldigt, selbst wenn er Fehler machte oder mich aufs derbste beleidigte. Ich habe sogar extreme Redeangst bekommen, womit ich vorher NIE ein Problem hatte, was noch schlechter fürs Studium war. Es wurde sogar eine mittlere Depression festgestellt.
Ich habe nun viel an mir gearbeitet. Er wollte, dass ich mehr im Haushalt mache. Ich machte es. Er wollte, dass ich weniger weg gehe. Ich machte es. Es waren ja auch Dinge, die mir selber nützten. Doch er änderte nichts - machte weniger im Hauhalt als vorher etc. Er wollte, dass ich nicht wegen Kleinigkeiten Sreit anfange - ich lernte, auch mal den Mund zu halten, wenn es gar nicht so schlimm war.
Er war trotz allem nicht zufrieden und setzte mir ein Ultimatum. Wenn diesen Monat noch irgendwas passiert, was ihn stört, will er eine eigene Wohnung.
Ich klammerte mich verzweifelt an den Wunsch, das zu verhindern. Habe alles, was ich schon geändert habe, noch verstärkt, dachte jeden Tag darüber nach, wie ich ihm eine Freude machen kann, habe ihn immer überrascht, meinen Mund immer gehalten so gut es ging - kurzum: alles für ihn getan.
Im Gegenzug bekam ich immer weniger Liebe. Keine Zärtlichkeiten mehr, obwohl er immer ein Mensch war, der das brauchte. Er sagte, dass er kaum noch Gefühle hat, aber mich immer noch liebt. Er machte mich immer mehr nieder, führte mir vor Augen, wie sehr ich mein Studium vernachlässige und wie toll er im Gegenzug alles macht. Er brachte mir keine Wertschätzung mehr entgegen. Er war nur noch genervt, sobald ihm etwas nicht passte, hieß es "Denk dran, dass ich mir eine eigene Wohnung suchen will, wenns nicht klappt". Ich stand nur noch unter Druck, etwas falsch zu machen. Versuche, mit ihm ruhig zu reden, dass ich diesen Zustand nicht aushalte und er doch ein wenig auf mich zukommen könne, scheiterten. Er war gereizt, aggressiv, sagte ich sei ihm im Moment egal und er höre mir gar nicht mehr zu, wenn ich was anspreche, was mich stört, weil es für ihn immer das Gleiche ist. Er wolle jetzt erstmal nur an sich denken.
Heute hielt ich es nicht mehr aus. Ich sagte, dass ich nun seit WOCHEN alles für ihn tue, alles ändere, was ihn stört und unter enormen Druck stehe, der mich kaum noch an etwas anderes denken lässt. Ich sagte, dass es auch Dinge gibt, die mich an ihm stören und ob er auch mal einen kleinen Schritt auf mich zukommen könne und was ändern würde, weil ich ja schon alles tue und es nicht funktioniert, wenn nur ich für alles verantwortlich bin und ich alles ändern muss, ihn aber im Gegenzug so nehmen soll, wie er ist.
Ich sagte, dass es schön wäre, wenn er etwas lockerer mit mir würde und zum Beispiel mal weniger kifft (kifft seit 9 Jahren, schon immer fast jeden Tag, jetzt seit Februar JEDEN Tag). Er sagte, im Moment nicht, ich müsste ihm länger beweisen, dass ich mich ändere, sonst hätte ich es mir nicht verdient. Er hätte auch so viel Stress mit mir, dass er darauf wegen mir nicht verzichten kann.
Ich fragte, wie lange ich warten müsste. Er sagte 1 JAHR!
Da bäumte sich das letzte Fitzelchen meines schon längst verloren geglaubten Selbstbewusstseins auf. Ich sagte, was ich wirklich denke: "Das ist Blödsinn. Du kiffst nicht wegen mir, sondern weil du süchtig bist. Du bist ein Junkie. Der Stress mit mir ist nur ein vorgeschobener Grund, mit dem du es vor dir selber rechtfertigst, um nicht einsehen zu müssen, dass du ein Problem hast. Auch in unseren guten Zeiten hast du jeden Tag gekifft!" Ich sagte, dass ich so lange nicht die Kraft habe, diesen Zustand durchzuhalten. Dass ich nicht alles hinnehmen kann, mich aber ändern muss und trotzdem ständig die Drohung mit der eigenen Wohnung zu hören, obwohl ich mit aller Kraft zeige, wie schön es sein kann für ihn. Ich sagte ihm, er solle mir entweder mit dem Zeitraum (also weniger als 1 Jahr) entgegen kommen, oder morgen endlich die Wohnung kündigen, wenn er es doch so sehr wolle, weil ich diesen Zustand einfach nicht mehr aushalte.
Er kündigt morgen.
Ich weiß nicht, woher diese Kraft auf einmal kam. Ich habe in der Beziehung alle Achtung vor mir und meine ganze Stärke verloren. Selbst jetzt möchte ich am liebsten zu ihm rennen und es zurücknehmen, mich weiter aufopfern.
Aber irgendwas in mir hat sich nochmal erhoben und rebelliert. Ich wusste einfach, dass ich das ein Jahr lang so nicht aushalte. Ich bin schon kaputt genug. Ich habe mich schon so sehr aufgegeben. Ich kann das nicht mehr. Ich möchte versuche, wieder ich sein zu können.
Ich bin so abhängig von ihm, obwohl es immer mein Albtraum war, von einem Mann abhängig zu sein. Deshalb habe ich all das mit mir machen lassen.
Ich möchte wieder stark sein und mich selbst lieben.
Auf mich kommt eine schwere Zeit zu. Ich stecke finanziell nicht in der besten Lage, weiß nicht wo ich nun wohnen soll und habe das starke Gefühl, ohne ihn abzustürzen.
Ich möchte zu ihm gehen, ihn um Verzeihung bitten und weiter bei ihm bleiben, aber es wäre ein Fehler. Es ist so schwer!
Ein bisschen fühle ich mich befreit von dem Druck, ihm gefallen zu müssen. Aber was vor mir liegt, kommt mir vor, wie ein riesiger Berg, den ich nicht erklimmen kann.
Ich hoffe, meine Geschichte ist ist nicht zu wirr. Ich hätte noch viel mehr schreiben können, aber es ist schon so lang.
Ich brauche ein paar liebe Worte! Ich habe Angst, doch wieder schwach zu werden.