logan_12920314Hallo Liliane,
da du eigene Ängste auf deinen jetzigen Partner projezierst, ist es ganz egal, was und wie er es macht - er wird dir die Ängste nicht nehmen können, denn deine Ängste haben was mit dir und nicht mit seinem Verhalten tun. Es ist auch nicht sein Job, deine Vergangenheit aufzuarbeiten. Begleiten kann er dich auf diesem Weg, das schon, aber die "Arbeit" musst du machen, nicht er.
Ferner vermute ich, dass zwischen der Affäre und deiner neuen Beziehung zuwenig Zeit verstrichen ist, um das Ganze richtig zu verarbeiten.
Zum Verarbeiten gehört auch, dass man in die Eigenverantwortung geht und hinschaut, wo die eigenen Anteile liegen, die zu so einer Erfahrung führen konnten. Das Gute daran ist nämlich, dass man dabei die Abhängigkeit von äußeren Umständen loslassen kann und entdeckt, dass man SELBST viele Dinge ausgeblendet und verdrängt hat, nicht sehen oder wahrhaben wollte.
Du schreibst über aktuellen Ängste, dein Freund könnte "Mal eben in der Mittagspause irgendwo hinfahren und ne andere nageln, oder mal eben nach Feierabend" - du wirst nicht umhin kommen, dabei den eigenen Schmerz zu erkennen:
DU warst mal die Frau, die sich so hat benutzen lassen.
Diese Erkenntnis tut zwar weh, aber sie ist aushaltbar.
Da du diesen Schmerz heilen möchtest, kommst du nicht umhin, dich der Wahrheit zu stellen. Und den damit verbundenen eigenen Anteilen.
Wenn du dich also in Fremdgeh-Fantasien von deinem Freund begibst, ist es in meinen Augen nichts Anderes, als ein Ablenkmanöver von der Wahrheit:
Die Flucht vor dem eigenen Schmerz.
Dieser Schmerz aber ist wichtig. Wenn du dich auf ihn einlässt, kann er dir nämlich helfen, genauer hinzusehen, weshalb es soweit kommen konnte. Ich denke nämlich, dass da zwei weitere Themen hineinspielen: dein geringer Selbstwert, der zuließ, eine solche Verbindung zu leben und damit einhergehend auch dein fehlendes Selbstvertrauen, der für mich auch die Länge der Geschichte erklärt. So gab es ja genügend Vorboten in der letzten Geschichte, die du aber ausgeblendet hast, weil du scheinbar noch wenig Vertrauen in dich und deine Gefühle hast.
Und hier kommt auch eine wichtige Lernaufgabe für dich: wenn du deinen eigenen Gefühlen vertrauen lernst, auf sie achtest, genau hinschaust UND dann entsprechend darauf reagierst, dann musst du andere Menschen weder kontrollieren noch dich in Fremdgeh-Fantasien flüchten. Beides sind zwanghafte Handlungen, die du mit deinem Verhalten nährst. Damit heilst du nichts. Aber natürlich sind Zwänge auch eine Methode, mit Schmerzen und Ängsten umzugehen. Schlussendlich bleibt es deine Entscheidung, wie du mit Problemen umgehen und leben möchtest.
"Jetzt kann ich nicht mehr vertrauen" schreibst du im Titel deines Threads. Ich sehe es eher so, dass grad jetzt die Zeit des Vertrauens (in dich) beginnen könnte, wenn du dich auf diesen wichtigen Prozess einlassen kannst. Das heißt übrigens nicht, dass dir nie wieder Schmerz im Leben wiederfahren wird, aber mit einem gesunden Selbstvertrauen weißt du, dass du damit umgehen wirst können und daran auch wachsen kannst. Wie auch mit dieser Affären-Geschichte.
Ich nenne das Wachstumsschmerzen.
Und die kennen wir wohl Alle, liebe Liliane...
Alles Gute Dir
JT