Hallo goFemler,
ich brauche euren Rat, weil ich zur Zeit keine Lebenslust spüre und nicht weiß, was ich dagegen tun kann.
Ich war bzw. bin ein sehr offener und fröhlicher Mensch. Ich war immer eine Macherin: unkompliziert und nach vorn.
Als ich sieben Jahre alt war sind meine Eltern und ich aus Polen nach Deutschland gesiedelt. Ich habe unter Deutschen schnell Freunde und Anschluss gefunden und mich hier sehr gut eingelebt. In der Schule war ich zwar nicht die Beste, aber oberes Mittelfeld. Wenn es darum ging etwas zu organisieren, war ich immer Ansprechpartner. In der Freizeit habe ich Leistungssport betrieben und mich sogar bis zum Europameister getanzt. Und meinen Eltern war ich doch immer auch eine unkomplizierte Tochter...
Als ich ungefähr zehn war, fing meine Mutter zu trinken an. Sie selbst kommt aus einer Alkoholikerfamilie, hat es also nie anders gelernt. Ich glaube sie hat angefangen sich hier nutzlos zu fühlen und griff zur Flasche.
Mein Vater war damit überfordert. Er hat nie etwas unternommen, um ihr daraus zu helfen. Er hat nur gemeckert und sie schlecht gemacht. Um meinem Vater zu helfen und anders als meine Mutter "gut" zu sein, habe ich natürlich alles gemacht, um ihn glücklich zu machen. Und so wie er, habe ich immer geschwiegen - "oh oh, was könnten die Nachbarn denken" - erst vor drei Jahren habe ich mich meiner besten Freundin anvertraut und vor einem Jahr meinem Freund.
Das schlimme waren die Streitereien. Auch heute noch kriegen meine Eltern es nicht hin vernünftig zu diskutieren. Immer müssen sie in Ton und Wortwahl total daneben greifen. Und wenn nicht gestritten wird, dann wird gejammert, gemeckert und über den jeweils anderen hergezogen. Ich weiß nicht, ob ich all das wissen sollte :TRISTE:
Als ich jünger war konnte ich mich der Meinung meines Vaters nicht wirklich entziehen. Das Verhältnis zwischen mir und meinem Vater war immer inniger als das zu meiner Mutter. Es kippte als ich vor sechs Jahren auszog und "flügge wurde". Ich erkannte, dass mein Vater mich streng kontrollierte. Er gab vor, was richtig und was falsch war und vor allem, was ich denken sollte. Und seitdem ich nicht mehr nach seinem Denkmuster handle, bin ich nun auch nicht mehr "seine" - das hat er früher IMMER betont - Tochter, sondern "wie deine Mutter".
Nun, ich habe versucht alles hinter mir zu lassen - gedanklich, ich stehe noch immer in sehr engem Kontakt zu meinen Eltern - weil ich feststellen musste, dass meine Eltern keine Hilfe wollen. Weder meine Mutter noch mein Vater können es über die Lippen bringen, dass meine Mutter - und das ist eigentlich offensichtlich - eine Alkoholikerin ist. Es klingt vielleicht blöd, aber ich habe mich damit abgefunden, weil ich nicht weiß, wie ich sonst noch zu ihnen vordringen kann und endlich mein Leben ordnen möchte.
Jetzt bin ich Mitte/Ende zwanzig, wohne seit drei Jahren mit meinem total lieben Freund zusammen - wir verstehen uns sehr gut :AMOUR: - sind gerade auf der Ziellinie des Studiums, haben ein Kleinunternehmen mit aufgebaut, finanzieren uns komplett selbst, Jobs sind uns sicher, trainieren erfolreich für den Marathon... - alles könnte so toll und perfekt sein und doch geht es mir NICHT gut!!!
Meine Eltern nörgeln ständig an mir rum. Alles passt ihnen nicht. Ich würde ja nichts hinkriegen, meine wilde Ehe sei beschämend und außerdem sei ich ja total egoistisch, weil ich ja nur JEDEN Freitag Abend und Sonntag Mittag zu Besuch kommen würde anstatt meine Eltern das ganze Wochenende zu bespaßen. Wenn ich aber da bin, dann gibt es mal wieder Streit :shock:
Was soll ich tun???
Ich habe immer versucht meinen Eltern und ihren Ansprüchen gerecht zu werden und sie nicht zu enttäuschen, aber momentan drängen sie sich in MEIN Leben und lassen mich nicht in Ruhe. Ich habe mich nie beklagt, habe ihnen nie einen Vorwurf gemacht, dass sie nur sich gesehen haben. Ich möchte einfach nur in Frieden mein Leben führen und zwar GANZ ANDERS als sie es mir vorlebten. Doch momentan fühle ich mich schwach. Ich bin immer müde und lustlos. Ich erledige alles - aber nur weil es sein muss, nicht weil ich die innere Lust dazu verspüre. Und gerne verschiebe ich Dinge auch.
Und ich habe Angst - Zukunftsangst. Angst, dass ich es nicht packe und so werde wie die beiden - nur meckern und nix tun! Und diese Angst blockiert mich irgendwie zusätzlich...
Und ich bin wütend. Wütend, weil ich sie gern anschreien würde, was zur Hölle sie sich eigentlich einbilden wer sie sind, dass sie seit Jahren keine Rücksicht nehmen, aber einen Eiertanz von mir erwarten, wenn es um ihre Belange geht. Aber ich kann es ihnen einfach nicht sagen es geht nicht...
Hat jemand Rat? Bin total verzweifel...
Was kann ich tun?
Wie erlange ich meine Lebenslust wieder?
Danke fürs "Zuhören" - ganz lieben Gruß!