Hallo!
wir alle haben das erlebt: streit mit den eltern um eine liegengelassene hose, wegen dem waschbecken etc. etc....das hört sich erstmal "normal" an. das ändert aber nichts daran, dass du dich im moment schlecht fühlst. das ist rauszulesen und auch zu respektieren.
jede familie stellt ein "system" dar und es gibt immer individuelle beziehungen zwischen den einzelnen mitgliedern, hierarchien, kommunikationsmuster....du schreibst, dass es dir schlecht geht, seitdem deine schwester ausgezogen ist. es scheint also so zu sein, dass aus deiner sicht nun, da sie weg ist, etwas fehlt. durch ihren wegzug hat sich eure familie verändert, das "system" hat sich verändert. es ist eine person weniger da. du als schwester musstest dich erstmal damit abfinden und auch mit einer neuen rolle, die dir jetzt zukommt. wo war dein platz vorher? wo ist er jetzt?....
du schreibst, dass du das gefühl hast, deine eltern nicht richtig zu lieben und fühlst dich deshalb schlecht. ich glaube, dass da ganz viele ängste und schuldgefühle in dir sind, die du schon dein leben lang mit dir herumträgst. meine ideen sind: die schwester ist labil, ich bin stabil. ich muss fehler meiner schwester "ausbessern", das habe ich ja schon immer getan. schon meine geburt war ein trostpflaster für die eltern, als es meiner schwester so schlecht ging. ich muss es meinen eltern jetzt besonders recht machen, das war ja schon immer meine rolle.
mein eindruck ist, dass du deine eltern sehr liebst und dich dazu verpflichtet fühlst, eine gute tochter für sie zu sein, weil sie so viel leid erfahren mussten.
es ist sehr schade, dass du dich so schlecht fühlst. aber es ist auch kein wunder. denn bei euch herrscht, wie in vielen anderen familien übrigens auch, ein ungeschriebenes gesetz: über die krebserkrankung der schwester wird nicht gesprochen. dieses schwierige thema wird leider verdrängt und wurde gar nicht verarbeitet. das hängt euch allen wie ein dicker kloß im hals.
auf dir lastet ein unheimlicher druck. der kann nur gelindert werden, indem die dinge angesprochen und gemeinsam besprochen werden. das beste für euch wäre wahrscheinlich die familientherapie.
wenn es dir aber überhaupt nicht möglich zu sein scheint, mit deinen eltern darüber zu reden, dann würde ich dir raten, vielleicht mal alleine zu einem erstgespräch zu einem psychotherapeuten zu gehen. das kostet nichts und ist auch unverbindlich. nur die wartelisten sind halt etwas lang.
aber dann hättest du die möglichkeit, deine ängste mal zu bereden und zu schildern.
ich wünsch dir alles gute!