jitka_12940696Hallo Zoeyk,
du beschreibst dich als Menschen, der in Liebe und Sicherheit aufgewachsen ist. Diese Liebe möchtest du weitergeben. Es gibt Kinder, die diese Liebe problemlos annehmen können. So wie deine Nichte. Du schreibst, sie wäre voller Liebe. Diese Liebe ist für dich also sichtbar und spürbar.
Und dennoch ist auch der Sohn deines Freundes voller Liebe. Nur weil er deine Liebe nicht annehmen kann oder will und sich deinem Urteil nach keine Liebe in seinem Verhalten spiegelt, heißt das nicht, dass er keine Liebe in sich trägt und nicht liebesfähig ist. Ich denke eher, dass er aufgrund seiner Biografie in innere Nöte geraten ist, die ihm die Verbindung zu dieser Liebe erschwert.
Du schreibst, dass du sowas nicht kennst, weil du in einer liebevollen Familie aufgewachsen bist. Seine Geschichte ist aber anders, du bist anders als er und er ist anders als du. Das gilt es anzuerkennen. Auf beiden Seiten.
Als du vom 1.5jährigen Wildfang zu Beginn deines Threads berichtet hast, dachte ich gleich an meinen eigenen Sohn. Und ich bin mir sicher, dass sich da noch viele Parallelen finden ließen, würde man danach suchen. Wobei: ich bin mir sicher, dass die von dir beschriebenen Themen auch in normalen Familien vorkommen. Grad in diesem Alter. Aber zurück zu meinem Sohn. Wenn mein Sohn so wild war, hatte es immer einen Grund. Oft war dieses Wildsein bei ihm ein Anzeichen, dass er überfordert und überreizt war. Wenn man bedenkt, dass Kinder in diesem zarten Alter zwischen Mama und Papa pendeln müssen, dann ist das ein großer Kraftakt für so ein Kleinkind. Mein Sohn war 20 Monate alt, als er die ersten Wochenenden ohne mich bei seinem Vater verbrachte. Auch im 2-Wochenend-Rhythmus. Das war für alle Beteiligten sehr, sehr schwer auszuhalten. Mit der Zeit hat sich das dann zwar eingependelt, aber diese inneren Stresszustände hinterlassen Spuren im Körper und im Verhalten eines Kindes. Und wenn das Trennungskind dann auch noch ein Einzelkind ist und der Papa dann auch noch eine neue Freundin hat, dann ist es für mich verständlich, dass er an den Wochenenden so bedürftig und fordernd aufgetreten ist. Schwierig damit umzugehen, ich weiß. Und es spricht auch für dich, dass du trotzdem noch da geblieben bist. Nicht gleich gehst, wenn es schwierig ist. Ich nehme an, weil dein Freund auch ein Mensch voller Liebe ist... ? ;-)
Du hast in deinem Thread etwas geschrieben, das mich aber aufhorchen ließ. Du empfindest es so, als ob er eine andere Sprache sprechen würde. Ich glaube, damit liegst du richtig. Was auch immer du die vergangenen Jahre gemacht hast, es hat euch einander nicht wirklich näher gebracht und die Situation zermürbt dich wohl mehr als den Jungen. Wenn du bei deinem Freund bleiben möchtest, wirst du etwas an deinem Verhalten ändern müssen, damit du mit dieser Situation klar kommst. zB lernen, dich besser abzugrenzen und bei dir zu bleiben. Ich bin mir sicher, dass ihr jetzt, da dein Freund in Therapie geht, auch neue Ansätze finden könnt, Stressfaktoren an Wochenenden zu reduzieren. Ich glaube nämlich wirklich daran, dass die Veränderungen, die man sich im Außen wünscht, erst innen drinnen stattfinden müssen.
Vielleicht hilft es auch, anstatt immer nur zu reden, zu versuchen, zu streiten, einfach mal Waffenstillstand zu machen und zur Ruhe zu kommen. Den Jungs die kommenden Wochenenden mal eine Auszeit geben und dich dabei selbst auch mal wieder an 1. Stelle zu setzen, bis du wieder zu Kräften kommst. Vielleicht hilft dir diese Distanz, zu erkennen, was du für dich selbst brauchst, um hier weiterzugehen bzw. herauszufinden, ob du das überhaupt noch willst und kannst. Aber vergiss bitte nie, dass wir alle auf unsere eigene Art und Weise lieben (lernen können).
Alles Gute und viel Kraft euch Allen !
JT