Die Liebe kommt meist dann, wenn man sie gar nicht erwartet
Liebe Summaia,
mir gings in meinem Ägypten-Urlaub Ende Mai ähnlich und ich habe nun wirklich keinen Mann dort kennen lernen wollen. Zumal ich seit 10 Jahren lesbisch gelebt habe und seit 5 Jahren mit einer Frau zusammen bin. Mich hatte ich den ganzen Jahren kein Mann interessiert und schon gar keinen "Ausländer". Nicht dass ich rassistisch bin, aber intelligent und vernünftig genug zu wissen, auf was ich mich im Leben einlasse und welche Konsequenzen das womöglich hat.
Aber dann passierte Folgendes:
Also... ich wollte schon immer einmal nach Ägypten, da Bekannte von ihrem Urlaub dort schwärmten. Mit meiner Freundin bin ich dann nach Safaga, ans Rote Meer, da wir beide gern schnorcheln. Zunächst war es ein ganz normaler Urlaub, ich dachte an nichts Besonderes, schon gar nicht daran, einen Mann kennen zu lernen. Seit 10 Jahren hatte ich keinen Mann und war auch nicht (mehr) interessiert. Doch es sollte sich wohl alles ändern. Am zweiten Abend fiel mir im Restaurant ein bestimmter Kellner auf. Immer wieder mußte ich ihn anschauen. Er verhielt sich den Gästen gegenüber eher reserviert, meine Freundin sprach von arrogant, aber ich fand diese Art von Zurückhaltung gerade interessant. Da ich ein Haar-Fetischist bin, fiel mir als erstes seine schicke Frisur auf, sorgfältig nach hinten gekämmtes Haar, dann diese Uniform, mit weißem Hemd und schwarzer Hose, in der er unheimlich charmant und sexy aussah. (Meine Freundin meinte, er sieht aus als wäre er schwul) Ich beobachtete ihn, aber das schien ihn nicht zu interessieren. Meine Freundin und ich unternahmen jeden Tag etwas, aber sobald der Abend näher heran rückte, bemerkte ich eine gewisse Aufgeregtheit und Herzklopfen, schließlich geht es bald zum Abendessen ins Restaurant und ich sehe ihn wieder! :-) Bald bemerkte ich, dass tagsüber die Zeit nicht vergehen wollte und ich mich mehr und mehr auf den Abend freute. Ab und zu war er auch an der Pool-Bar, meistens gegen 15Uhr. Täglich war ich um diese Zeit natürlich dort auch anzutreffen. Sah ich ihn nicht, war meine Laune im Keller. Für meine Freundin war das anstrengend, aber ich versuchte mich zusammen zu reißen, wollte ja nicht den Urlaub verderben. Einmal alberten wir im Pool herum und ich bemerkte nicht, dass er mich die ganze Zeit beobachtete. Plötzlich schaute ich auf und sah ihm genau in die Augen, in dem Moment durchzuckte es mich wie wie ein Blitz. Abends waren wir natürlich die Ersten im Restaurant, ich wartete schon gespannt auf der Treppe, bis er endlich angelaufen kam und lächelte. Beim Essen nahm ich mir viiiiiel Zeit, es gab ja genug an Leckerem auszuprobieren und schließlich sollte man sich beim Essen Zeit lassen (war ne gute Ausrede ;-) und nebenbei hatte ich noch verträumte Augen für jemand ganz Bestimmten. Immer mal kam ein anderer Kellner (mit selben Namen) an unseren Tisch und fragte, ob wir abends mit ihm ausgehen wollten. Wir lehnten ab, ich mochte diese Art von Smalltalk nicht, die er mit nahezu jedem Gast pflegte. Nach 4 Abenden kam endlich auch ER mal an unseren Tisch, fragte uns nach Getränken. Mich interessierte seine Narbe am Arm, ich fragte ihn, was es damit auf sich hat und nutzte die Gelegenheit seinen Arm zu berühren. Einige Zeit später beobachtete er mich in den großen Glasfenstern und versuchte mir eine Blume zu geben, die er in seiner Hand unter dem Tablett versteckte. Schließlich zwinkerte er mir beim Vorbeigehen zu und ich freute mich innerlich unheimlich. Ich lächelte nur noch, er nahm allen Mut zusammen, kam an unseren Tisch, war fürchterlich nervös, schaute mich an und meinte: you have a beautiful face. - Ich: oh thanks, you too. Ein verlegenes Lächeln von ihm. Dann fragte er schüchtern, ob wir Lust haben mit ihm und seinem Cousin, der sein Arbeitskollege war, abends auszugehen. Ich zu meiner Freundin gleich: Ja, bitte komm, lass uns mit denen mal weg gehen... Sie stimmte zu und so war unser erstes Date sicher. In der Bar setzte er sich gleich neben mich und endlich hatten wir Zeit uns ein wenig zu unterhalten, zu amüsieren. Ich fragte ihn über seine Familie aus, seinen Job usw. Er fragte uns, was ihn interessierte. Es war alles so vertraut mit ihm, trotz der Tatsache, dass dieser Mann eine andere Sprache spricht, eine andere Kultur hat und vermutlich eine andere Religion. Plötzlich meinte er, ich bewirke, dass er sein Herz ein Stück weit öffnen kann. Das machte mich total verlegen, aber auch glücklich. Nach der Bar wollte meine Freundin ins Hotel, wir schlenderten zu Dritt noch durch die Straßen. Mehr und mehr fühlte ich mich zu ihm hingezogen, als wir nebeneinander liefen, es war wie Magie und ich wünschte mir nichts sehnlicher, als ihn einmal fest umarmen zu können. Er hielt an, sprach kurz mit seinem Cousin und dann gingen wir allein ein Stück. Wir schauten auf's Meer, schauten uns an und ich umarmte ihn endlich! Er streichelte mir über's Haar, drückte meinen Kopf fest an seine Brust. Beide atmeten wir auf, es war für uns eine Art Erleichterung. Zurück gingen wir dann Hand in Hand, aber ich ging nicht wirklich ich schwebte. Rückzu nahm er mich dann auf seinen Arm, sein Cousin machte ein Foto. Wir lachten, es war wie ein Zauber in der Luft. Ab diesem Zeitpunkt trafen wir uns jeden Abend, gingen kilometerweit spazieren bis in die Stadt und wieder zurück, erzählten, lachten, aßen gemeinsam und kamen uns näher. Ich hatte Musik dabei, die wir am Strand hörten, wir schauten uns den Mond an, küßten uns und träumten von einer gemeinsamen Zukunft. Er schrieb mir täglich Sms, ich solle ja unser Date abends nicht vergessen und danach schrieb er, wie schön es wieder war. Meine Freundin war eifersüchtig, sie schimpfte mit ihm auf der Straße, es kam zum Streit, der andere Passanten aufmerksam werden ließ. Schließlich durfte er für die Zeit, die ich dort war nicht arbeiten und mußte Urlaub nehmen. So hatten wir die Gelegenheit uns eher abends zu treffen, auch ein Vorteil. Ich wartete manchmal schon nachmittags am Gelände vor seiner Dienstwohnung, wo ich als Frau gar nicht hin durfte. Er warnte mich liebevoll, das könnte Ärger geben. Ich wollte halt unbedingt bei ihm sein, nur das wollte ich noch! Am Abend vor dem Abreisetag trafen wir uns wieder und kamen uns sehr nah, aber nicht endgültig, dafür mußten wir uns allerdings beide beherrschen. Aber das wollten wir auch. Vor der Abreise trafen wir uns noch einmal, fuhren in die Stadt, tranken etwas zusammen, ich gab ihm mein T-Shirt, was ich mitbrachte, er drückte es an sich und weinte. Ich versprach, dass ich sobald es geht wiederkomme. Nicht versprechen, das mußte ich schwören! Auf der Heimreise weinte ich bitterlich, er genauso, wie er mir schrieb. Es folgten nun tägliche Sms, Telefonate, bei denen wir beide weinten vor Sehnsucht, aber uns auch freuten über unser Glück. Wir chatten ab und zu, wobei das nicht so leicht ist, er hat keinen Laptop. Nach unendlich langen tränenreichen 6 Wochen buchte ich den nächsten Flug zu ihm, wenigstens für ein paar Tage zusammen sein. Er hatte für uns eine Wohnung gemietet. Es war wunderschön, ich kann es kaum beschreiben. Mitten im Schlaf wachte er auf und suchte nach meiner Hand, zog mich fest an sich und gemeinsam schliefen wir wieder ein. Obwohl ich gar nicht schlafen wollte, ihn einfach anschauen, jeden Moment bewußt erleben...
Nun sehnen wir unser nächstes Wiedersehen herbei. Mitterweile habe ich Kontakte zu Deutschen in Safaga, wir informieren uns über eine Wohnung zur Langzeitmiete. Ich bin schon wieder aufgeregt, wenn ich nur daran denke... Es ist für uns beide, wie die erste Liebe im Leben und es wird immer weiter so sein.
Sag niemals nie, hör auf Dein Herz. Breche nicht gleich den Kontakt ab, wäre doch schade. Wer weiß, welchen Sinn diese Bekanntschaft hat. Das Leben geht manchmal seltsame Wege, auch Wege, die uns auf den ersten Blick gar nicht passen. Irgendwann sagen wir vielleicht, es war das große Glück, es sollte so sein. Und wenn nicht, dann war es dennoch eine Erfahrung. Wenn Du zweifelst (was ich und er momentan auch tun und was ganz normal ist bei frisch "Verliebten"), würde ich dennoch mit ihm in Kontakt bleiben, kann ja ganz locker sein z.B. übers Internet. Was sich daraus entwickelt, wird sich zeigen... ;-)
ALLES GUTE und VIEL GLÜCK in der LIEBE!
Sandra