Hallo,
ich brauche dringend Denkanstöße, die mir helfen, mein Chaos etwas zu ordnen.
Erst einmal zu mir. Ich bin eine Frau von 43 Jahren und seit 23 Jahren in einer Beziehung mit meinem Mann, davon 16 Jahre verheiratet. Wir haben 4 Kinder im Alter von 15, 12, 8 und 4 Jahren.
Unsere Ehe war sehr turbulent, es gab viele Verletzungen auf beiden Seiten. Es war oft ein Machtkampf aber dennoch haben wir an unserer Ehe festgehalten. Wir können schwer mit- aber auch nicht ohne einander. Mein Mann ist beruflich oft unterwegs, teilweise auch mal wochenweise nicht Zuhause. Ich arbeite nicht, weil es mit den Kindern schwer zu vereinbaren ist.
Unsere Streitpunkte waren eigentlich immer dieselben: Ich wollte mehr Unterstützung mit den Kindern, mal etwas Zeit für mich alleine. Mein Mann wollte mehr Nähe von mir. Wir hatten wenig Sex, da ich wenig Lust darauf hatte. Es war mehr eine Pflichtübung für mich. Ich habe das immer auf meine Arbeit und meinen Stress bezogen und gedacht, ich wäre eben keine so sexueller Mensch.
Auch mein Mann hatte sich im Laufe der Zeit damit arrangiert. Klar war er manchmal unzufrieden, aber er hat es so hingenommen. Er liebt mich und kann sich ein Leben ohne mich nicht vorstellen.
Im November letzten Jahres habe ich mich dann plötzlich in eine andere Frau verliebt. Sie ist/war Therapeutin der Kinder. Sie ist lesbisch und war bis dahin mit einer Frau verheiratet. Sie hatte sich schon länger in mich verliebt, es aber nicht geäußert, dass sie sich sicher war, dass ich hetero bin. Bis zu dem Tag, als ich mich Hals über Kopf in sie verliebt. Wir haben uns gegenseitig unsere Gefühle offenbart. Bei allem, was danach passierte, hat sie mich nie gedrängt sondern m ich das Tempo bestimmen lassen. Es war ja eine völlig neue Erfahrung für mich und ich war so neugierig. Ich konnte das erste Mal in meinem Leben wirkliche Nähe zulassen. Auch körperlich. Der Sex mit ihr ist so anders als mit einem Mann. Ich habe wirkliche Leidenschaft verspürt.
Etwa 3 Wochen nach unserem Liebesgeständnis kam mein Mann dahinter. Ich hatte mich sehr von ihm distanziert und er sprach mich direkt darauf an. Wir haben danach viele gute Gespräche geführt. Auch darüber, ob diese lesbische Seite in mir schon immer latent vorhanden war. Er sagte, er hätte das schonlänger bei mir vermutet. Wie er darauf kommt, kann er selber nicht erklären. Ich jedenfalls hatte nie Gedanken oder Gefühle für eine Frau. Auch jetzt kann ich mir nicht vorstellen, mich in eine andere Frau zu verlieben. Ich muss dazu sagen, dass sich mein Vater als ich 13 Jahre alt war, von meiner Mutter getrennt hat, weil er schwul leben wollte und seitdem einen Partner hat. Damals war ich mit der Situation total überfordert, weil auch keiner meiner Eltern mir je alles wirklich erklärt hat. Offenheit wäre da sicher hilfreich gewesen. Ich kann mich allerdings noch gut daran erinnert, dass ich als Teenager Angst hatte, dass Homosexualität vererbbar ist. Vielleicht habe ich auch diesem Grund nie mal in mich reingehorcht.
Mein Mann und ich haben uns seit November erstmal getrennt. Allerdings wohnen wir noch zusammen im gemeinsamen Haus, da sich erst im Juli eine eigene Wohnung für ihn ergibt. Das klappt eigentlich ganz gut. Er ist beruflich ja auch weiterhin viel unterwegs und eigentlich hat sich am Zusammenleben nicht viel geändert. Ich bin aus dem gemeinsamen Schlafzimmer in das Zimmer meines jüngsten Sohnes gezogen. Sonst ist alles wie immer. Naja, mal abgesehen von vielen Gesprächen.
Abend, wenn mein Mann da ist, bringe ich die Kinder ins Bett und fahre zu meiner Freundin und komme zum Wecken der Kinder wieder nach Hause. Meine beiden älteren Kinder wissen von meiner Beziehung zu ihr. Und laut Ihrer Aussage haben sie auch keine Probleme damit. Aber sie weichen Gesprächen auch etwas aus, ich will sie aber auch nicht drängen. Ich wollte nur offen sein, weil ich aus meiner Kindheit heraus weiß, dass Verschweigen nicht gut ist.
Mein Mann hat versucht, sich anders zu orientieren und sich in diversen Singelforen angemeldet, um neue Kontakte zu knüpfen. Er hat sich dann auch mal mit einer Frau getroffen. Das hat leider bei mir dazu geführt, dass ich extrem eifersüchtig reagiert habe. Damit hatte ich selbst nicht gerechnet. Ich weiß auch nicht, ob es wirklich Eifersucht ist, oder vielmehr das Gefühl, dass ich ihn zwar nicht haben will, ihn aber auch keine andere haben soll. Seitdem bin ich völlig zerrissen und weiß nicht, wie es weiter gehen soll. Wenn ich doch solche Gefühle noch habe, ist da doch vielleicht auch noch mehr? Es ist auf jeden Fall so, dass je weiter er sich von mir entfernt, ich seine Nähe suche, ist er wieder ganz bei mir, ist mir das schon wieder zuviel und ich stoße ihn weg. Ich habe ihm gegenüber natürlich immer noch ein starkes Gefühl der Zugehörigkeit und inneren Verbundenheit. Aber ob das wirklich Liebe ist, weiß ich nicht. Oder ist es die Art von Liebe, die sich aus einer so langen Partnerschaft entwickelt und hat nicht mit dem Verliebheitsgefühl zu tun?
Ich weiß, es ist viel, was ich geschrieben habe und es gibt auch noch viel mehr ,was ich dazu schreiben kann. Aber wer es bis hier hin geschafft hat und mir einen Denksanstoß geben kann, ist herzlich dazu eingeladen. Vielleicht gibt es jemand in einer ähnliche Situation? Allerdings bitte ich davon abzusehen, mich hier zu verurteilen. Ich brauche wirklich ernst gemeinte Ratschläge oder Fragen, die meine Gedanken etwas sortieren können.